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Wandern & PicknickWie gut kann man in der Stadt kostenlos Obst sammeln?

08. August 2022, 18:00 Uhr

In vielen Städten wimmelt es am Straßenrand von Grünflächen und Sträuchern, an denen verschiedene Obstsorten wachsen. Wie genießbar sind die Früchte? Und kann man sich damit komplett kostenlos und legal ein Picknick zusammenstellen? Ein Spaziergang durch Dresden liefert durchwachsene Antworten.

Städte sind Betonwüsten, ein vermeintlicher Sieg des Menschen gegen die Natur. Öffentliche Naturräume sind trotzdem sehr wichtig für das eigene Wohlbefinden. Bäume und andere Pflanzen spenden Schatten, schaffen Ruheorte und können ebenso Essenslieferanten sein.

Im Sommer und Herbst reifen an vielen Straßenecken Früchte heran, die scheinbar nur auf willige Sammler warten. Aber wie ergiebig ist die natürliche Obsttheke und reicht es für ein komplettes Picknick?

Wir sind mehrere Stunden durch Dresden gelaufen, haben uns von Experten beraten lassen und zeigen einige der besten Spots.

Apps erleichtern Obstsuche

Um im Straßendickicht durchzusehen, empfiehlt sich die App "Mundraub", die für Android- und iPhone-Systeme verfügbar ist. User können hier eigenständig Standorte von Obstbäumen, Sträucher und dergleichen eintragen. Entgegen des Namens muss man aber nicht über Zäune klettern und sich an fremden Gärten vergehen.

Die App ist explizit auf Plätze und Parks in öffentlicher oder gemeinnütziger Hand ausgerichtet. Trotzdem sollte man die Augen offenhalten und im Zweifel das Obst besser in Ruhe lassen, bevor privates oder gepachtete Land betreten wird.

Zudem können auch Handy-Apps zur Erkennung von Pflanzen wie "Plant Net" und "Flora Incognita" sinnvoll sein oder aber ein entsprechendes Naturkundebuch. Wer sich nicht sicher ist, welche Frucht da vor einem baumelt, kann so schnell nachschauen. Besonders für Flora-Unerfahrene ein oft nötiger Sicherheitscheck vor dem Verzehr. Beispielsweise sind viele Samen ungenießbar, Eibensamen sogar giftig. Das Fruchtfleisch ist wiederum unbedenklich.

Zunächst große Ernüchterung

Die erste Station führt uns an den Bonhoefferplatz im Dresdner Stadtteil Löbtau. Laut App sollen hier viele Kornelkirschen zu finden sein. Doch dort angekommen, erwartet uns allerdings ein trauriger Anblick.

Bei vielen Großsträuchern ist die Sommerfarbe braun angesagt, rote Früchte suchen wir vergebens, obwohl die Kornelkirsche eigentlich jetzt beginnen sollte zu reifen. Die Trockenheit und die Hitze der letzten Woche dürften die Gründe für die magere Ausbeute sein, denken wir uns und ziehen weiter.

Aber auch im wenige Gehminuten entfernten Pulvermühlenpark lässt das Schlaraffenland noch auf sich warten. Ein Aprikosenbaum, der sich hier befinden soll, ist nicht auffindbar. Einige Einträge der Mundraub-App sind fünf Jahre alt oder älter. Die Chancen, dass die Witterungsbedingungen oder menschliches Eingreifen das Obstangebot mittlerweile beeinflusst haben, sind dementsprechend recht hoch.

Dafür werden wir an einigen Sträuchern am Wegesrand fündig. Die ersten Brombeeren und Hagebutten wandern in unseren Korb. An einer Stelle entdecken wir einen dicht umwucherten Trampelpfad, der viel Essbares verspricht. Hier konnten die Gewächse relativ unbehelligt in die Höhe schnellen, wodurch ihre Früchte ohne Leiter für uns unerreichbar sind. Wir lassen den Pulvermühlenpark hinter uns.

In Plauen sammelt es sich deutlich besser

Wer im Vorfeld die Mundraub-Karte analysiert, wird feststellen, dass in Dresden besonders der Stadtteil Plauen anscheinend ein einziges Gewächshaus ist. Und tatsächlich ist das beliebte Studierendenviertel reicher an kostenlosem Obst.

Wir machen uns von der Kreuzung Nöthnitzer Straße, Münchner Straße auf in Richtung Südpark. Schon auf dem Weg ist die Straße von Brombeersträuchern umgeben, was wir dankend annehmen.

An einer Straßenseite erstreckt sich eine Streuobstwiese. Im Gegensatz zur auf Effizienz getrimmten Landwirtschaft stehen auf Streuobstwiesen verschiedene Obstsorten in größeren Abständen zueinander, ein paar recht sauerschmeckende Äpfel gehen in unseren Besitz über. Viele der Bäume sind aber ebenfalls vom Klimawandel gezeichnet - viel ist auch hier nicht zu holen.

Die letzte Adresse auf unserer Tour ist der Südpark, obwohl der Name eigentlich ein bisschen irreführend ist. Der Landschaftspark befindet sich nämlich noch im Bau, die ersten Arbeiten daran begannen 2019. Trotzdem eignet sich der Südpark schon für entspannte Spaziergänge und Picknick-Ausflüge.

Unser Obstkorb wird um Kirschpflaumen sowie Mirabellen erweitert. Neben Bäumen und Sträuchern findet man auch auf dem Boden immer mal wieder reife Früchte. Nach rund viereinhalb Stunden machen wir uns hungrig auf dem Heimweg. Für ein ganzes Picknick hat es zwar nicht gereicht, aber wir sind glücklich über die Zeit in der Natur.

Auf was Obstsammler achten müssen

Nach dem Ausflug haben wir noch ein paar Fragen. Wo hätten wir noch hingehen können? Wir treffen Gebhard Gülzow, Naturschützer und Vorstandsmitglied im Verein Naturbewahrung Dresden e.V. Der Verein besitzt über 110 Hektar Fläche in der Landeshauptstadt, darunter auch eine Streuobstwiese ganz in der Nähe des Aussichtsturms Hoher Stein.

Gülzow war schon zu DDR-Zeiten Naturschützer. Es braucht nicht viele Fragen, damit er über sein Lieblingsthema ausführlich zu sprechen beginnt. Es geht um frisch geschlüpfte Eidechsen, warum die Umweltpolitik Deutschlands und der EU kleinere Landwirte benachteiligt und natürlich auch um die Streuobstwiese, durch die er führt.

"Die Wiesen sind ein ganz wichtiger Faktor im Ökosystem", sagt er. Gülzow erzählt weiter, dass hier jede Schicht der Wiese von Tier und Pflanze genutzt wird. Das empfindliche Gleichgewicht könne aber leicht von unachtsamen Menschen gestört werden, sagt Gülzow und zeigt auf einen Baum mit abgeknicktem Ast.

"Manchmal sehen die Kirschbäume hinterher so aus, als ob sie bestraft worden sind, dafür dass sie Kirschen getragen haben." Weil manche Stadtbewohner Äste abbrechen, um an die begehrten Früchte heranzukommen, werden Kirschbäume auf der Wiese nicht mehr angepflanzt.

Laut Gülzow können sich Spaziergänger aber sehr gerne an den Apfel-, Birnen- oder Pflaumenbäumen bedienen. Wenn man keine anhängervolle Ladung mitnimmt, sei das völlig in Ordnung. Er schätzt, dass am Wochenende zur Hauptzeit pro Stunde etwa 200 Besucher und Besucherinnen kommen.

"Streuobstwiesen sind jetzt nicht der blanke Naturschutz, weil sie vom Menschen gesteuert sind und Naturschutz wird eigentlich besser, wenn die Natur sich selbst überlassen wird", meint Gülzow. "Das ist in Deutschland in dicht besiedelten Gegenden aber ganz schlecht möglich und wir als Verein versuchen, das Optimum rauszuholen."

Fazit

Das Experiment "Kann man sich komplett kostenlos ein Picknick zusammenstellen?" ist zwar gescheitert, aber wir waren auf jeden Fall nicht zum letzten Mal in Dresden unterwegs. Wer sich vorher einen Plan macht, gezielt Parks und Streuobstwiesen ansteuert, hat trotzdem Erfolgserlebnisse.

Gerade im Spätsommer und Herbst werden auch erst viele Obstsorten reif. Wem normale Spaziergänge zu öde sind, kann sich definitiv eine Obsttour raussuchen. Wir schauten uns die Umgebung viel bewusster an, gingen auch mal ein bisschen abseits des Weges und entdeckten schöne Ecken, die wir vorher gar nicht kannten.

Behutsamkeit ist aber hier das Stichwort. Wir Menschen räumen der Natur in Städten nur sehr wenig Platz ein. Das wenige, was die Bäume und Sträucher zur Verfügung haben, sollte wir deswegen schützen und pflegen.

Adresse und Anreise

  • Bonhoeffer Platz an der Reisewitzer Straße
  • Pulvermühlenpark, erreichbar über die Oederanter Straße oder Fabrikstraße
  • Südpark, erreichbar über Haltestelle Cämmerwaldstraße
  • Streuobstwiese am Hohen Stein, erreichbar über Haltestelle Saarstraße
  • Alle Stationen sind in Dresden zu Fuß, via Auto, Fahrrad oder den öffentlichen Nahverkehr erreichbar.

Geeignet für

  • alle Altersgruppen

Barrierefreiheit

  • Die Parks und Waldwege sind nicht barrierefrei.

Verpflegung

  • Obst wie Äpfel, Pflaumen oder Brombeeren lassen sich auf einer Tour durch Dresden finden
  • Für ein ganzes Picknick reicht das natürliche Angebot aber kaum
  • Man sollte selbst noch etwas zu essen und zu trinken mitnehmen

Daran sollte man denken

  • Hose und Schuhe tragen, die dreckig werden können
  • Obstkorb und Einweggläser
  • Kleine Leiter für hochwachsende Sträucher und Bäume
  • Waldbrandstufe beachten und sich vorher informieren!
  • Schere oder Messer
  • Im Vorfeld eine Route heraussuchen mit vielen potenziellen Obstplätzen.
  • Keine Eigentumsrechte verletzen, Schilder beachten!

Wenn man schon mal da ist

  • In der Nähe der Streuobstwiese am Hohen Stein befindet sich ein Aussichtsturm, der einem den Plauenschen Grund überblicken lässt.

Bloß nicht

  • Bäume abknicken, um an die Früchte heranzukommen
  • Hundekot auf den Streuobstwiesen liegen lassen. Das Gras wird als Futter für Wiederkäuer genutzt. Mit Kot verunreinigtes Gras ist für die Nutztiere giftig.

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Quelle: MDR