Premiere für "Droge Faust"Theater über Drogen in Dresden: Junge Leute entdecken Goethes Stoff
Mephisto als Dealer und Faust auf dem Drogentrip – in Dresden holen 13 junge Leute Goethes Klassiker in ihre Gegenwart. In dem Jugendtheaterprojekt der Bürger:Bühne wird "Faust" zum Stoff für ein Stück über Rausch und Realität, Sucht und Therapie. Interviews mit Experten und Erfahrungsberichte flossen ein. "Droge Faust" feiert am Freitag in Dresden Premiere. Wir waren vorab auf einer Probe.
- In Dresden feiert am Freitagabend das Stück "Droge Faust" auf der Bürger:Bühne des Staatsschauspiels Premiere.
- Goethes Klassiker nahmen sich 13 Jugendliche vor, um damit über Drogentrips, Rausch und Abhängigkeit zu sprechen.
- Auch Experten- und Erfahrungsberichte aus selbst geführten Interviews flossen in das facettenreiche Jugendtheater-Projekt ein.
Euphorie, Ekstase, Trance – wo anders als in einem Club greifen diese rauschhaften Zustände ineinander, oftmals in Verbindung mit bewusstseinserweiternden oder -verändernden Substanzen.
"Droge Faust" als Jugendtheaterprojekt der Bürger:Bühne
Insofern war der Ort für eine Inszenierung, in der es um Drogen gehen sollte, schnell gefunden. Und so tanzen 13 Jugendliche auch zu Beginn und immer wieder während der Stücks wie berauscht auf der Bühne herum. Sie alle sind Faust – meist als Chor. Tatsächlich stand zuerst das Thema Drogen im Raum, als es darum ging, ein neues Jugendtheaterstück mit der Bürger:Bühne zu inszenieren.
"Dann haben wir überlegt: 'Wenn wir das jetzt mit einem Klassiker kombinieren, was fällt uns da ein?' Dann sind wir auf den 'Faust' gekommen", erzählt Regisseurin Hanna Müller und nennt zahlreiche Beispiele aus dem Goethe-Text, der die Idee gar nicht so abwegig erscheinen lässt.
Mephisto als Dealer, Faust auf dem Trip
Da sei der Mephisto, eine verführerische Figur, die man sich auch als Dealer vorstellen könne. Da gebe es alle möglichen Trünke, die Faust zu sich nehme: "Das fängt ja schon damit an, dass er zu Beginn des Stücks diese Phiole findet in seiner Schreibkammer."
Den Klassiker kannten alle 13 Jugendlichen. Silas Blattau hat "der Tragödie erster Teil" aber zur Sicherheit vor Probenbeginn noch einmal gelesen und meint, in der zehnten Klasse habe der Text ihn etwas überfordert: "Jetzt im Zuge der Inszenierung habe ich mich reindenken können." Etwa in den Mephisto, der sich offenbart, als Geist, der stets verneint.
Experten-Interviews und Erfahrungsberichte fließen ein
In den Text für das Jugendprojekt haben es letztlich ein paar wenige, aber dafür markante Szenen geschafft. Die zweite, und genauso, wenn nicht sogar wichtigere Ebene basiert auf Interviews, die von den Darstellerinnen und Darstellern geführt wurden: beispielsweise mit Suchtberatern, Dealern, Clubbesitzern und Rettungssanitätern. Beides, Interviewpassagen und Goethe-Text, hat die Dramaturgin Janette Mickan eng miteinander verwoben. Darunter sind auch Aussagen zur aktuellen Cannabis-Politik, die durchaus in Frage gestellt wird.
Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wurde für "Droge Faust" interviewt, Darstellerin Fiona Klinner wiederum hat mit einem Ex-Drogenabhängigen gesprochen: "Ich fand spannend zu erfahren, wie die Person selber merkte, dass etwas falsch läuft und Therapie-Versuche gestartet hat. Die klappten aber erst, als sie sich wirklich selber dazu entschieden hat."
Bedrückende Gretchen-Szene
Auch von Fausts "Drogenkarriere" wird erzählt, vom ersten Trip zusammen mit Mephisto, dem feuchtfröhlichen Ritt auf dem Fass in Auerbachs Keller über das exzessive Sich-Verlieren in der Walpurgisnacht bis hin zum bösen Erwachen, als Faust Margarete, die ihr Kind getötet hat, im Kerker wiedertrifft. Im Stück erzählt eine Darstellerin die Gretchen-Passage als Partyszene, in der sie mit "Liquid Ecstasy" gefügig gemacht und vergewaltigt wurde – bedrückend. In einer anderen Szene begleitet das Publikum eine Notärztin, als sie jemandem, der eine Überdosis genommen hat, zu Hilfen kommen will – vergeblich.
Publikum soll sich selbst Meinung bilden
Dennoch werden in "Droge Faust" Drogen nicht grundsätzlich verteufelt. Fiona Klinner verweist auf die Interviews und die Erfahrungsberichte, die eingeflossen sind ins Stück: "Dann kann sich das Publikum selber eine Meinung bilden."
Pillen, Pulver, Alkohol – alle möglichen Substanzen werden thematisiert, und alle bergen ihr eigenes Versprechen wie auch Gefahren. Was jedoch völlig unbedenklich ist und man unbedingt zur Hand nehmen sollte, ist auf alle Fälle Goethes "Faust".
Quelle: MDR KULTUR (Grit Krause), redaktionelle Bearbeitung: ks
Weitere Informationen
"Droge Faust"
Jugendtheaterprojekt von Janette Mickan
Staatsschauspiel Dresden
Kleines Haus
Glacisstraße 28
01099 Dresden
Premiere:
06.09.2024, 19:30 Uhr
Weitere Termine:
13.09.2024
20.09.2024
22.09.2024
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 06. September 2024 | 12:40 Uhr