Interview Biologin im Botanischen Garten: "Artenschutz ist ein ganz wichtiges Thema"

25. Juli 2022, 18:00 Uhr

Im Großen Garten von Dresden direkt neben der Gläsernen Manufaktur wachsen und gedeihen die seltsamsten Pflanzen. Hier befindet sich auf einer Fläche von 3,25 Hektar der Botanische Garten der Technischen Universität. Welche Bedeutung das Pflanzenbiotop hat, das erklärt die wissenschaftliche Leiterin Barbara Ditsch im Interview mit MDR SACHSEN.

Frau Ditsch, welche Bedeutung hat der Botanische Garten der TU Dresden?

Der Botanische Garten beherbergt eine ganz große Pflanzenvielfalt. Wir haben ungefähr 10.000 Arten aus fünf Kontinenten. Darunter sind viele Pflanzen, die es in der Natur nur noch sehr selten gibt. Manche davon sind in der Natur auch schon ausgestorben.

Wachsen hier ausschließlich Exoten?

Nein. Wir kümmern uns im Rahmen unserer Möglichkeiten auch um heimische Arten und darum, dass seltene Arten geschützt werden. Also Artenschutz ist ein ganz wichtiges Thema im Garten. Ansonsten stehen natürlich als zentrale wissenschaftliche Einrichtung der Universität Forschung und Lehre an erster Stelle.

Wie arbeitet ihr Team?

Die Gärtner sind ganz bestimmten Bereichen zugeordnet, wo sie dann über viele Jahre und oft Jahrzehnte immer wieder dieselben Pflanzen pflegen. Damit können sie im Lauf der Zeit Erfahrungen sammeln. Gerade mit heiklen Arten macht man oft die eine oder andere Bauchlandung, bevor man dann wirklich weiß, wie es geht. Und deswegen haben die Gärtner hier alle ihren festen Bereich und festen Pflanzenbestand, weil man auf die Art und Weise im Laufe eines Gärtnerlebens doch viel dazulernen kann. Die Leitungsebene sind zwei Gärtnermeister, eine technische Leitung, ich als wissenschaftliche Leiterin und Christoph Neinhuis als Professor für Botanik hat die Gartendirektion.

Hier wird nicht nur gegärtnert, sondern auch gebaut …

Im Moment ist ein Gewächshaus für Zwiebelpflanzen im Bau. Der Plan sieht vor, dass es bis Dezember fertig wird.

Das heißt aber nicht, dass das Gewächshaus für Speisezwiebeln gedacht ist?

Nein, das sind tropische Wildarten. Was man zum Beispiel kennt, sind diese Amaryllis-Zwiebeln. Das ist botanisch gar nicht Amaryllis, sondern das Hippeastrum und kommt aus Südamerika. Aber das wäre so eine dekorative Zwiebel, die eben wirklich nur unter Zimmerkulturbedingungen wachsen und blühen kann. Davon haben wir eine ganz große Sammlung -  nicht Amaryllis, aber solche ähnlichen Zwiebelpflanzen und für die wird das neue Gewächshaus entstehen.

Wo sind die Pflanzen jetzt untergebracht?

In einem Gewächshaus, wo wir gar nicht so genau hingucken dürfen, weil das wirklich sehr baufällig ist.

Es gibt noch etwas anderes, das gerade entsteht?

Die Planung ist, dass mit dem Wintersemester 2023 hier an der TU Dresden, die Lehrerausbildung für Biologielehrer wieder aufgenommen werden soll. Wir sind im Moment dabei, einen Schulgarten zu planen, den wir dann im kommenden Winter anlegen wollen. Damit hat er dann noch eine Vegetationsperiode Zeit zum Wachsen, bevor die ersten Studierenden kommen und damit dann etwas anfangen können.

Wie wird der Garten genutzt?

Das ist im Prinzip ein Garten, der zum einen den Studierenden das Fachwissen vermitteln soll, das man braucht, um einen Schulgarten in einer Schule später auch qualifiziert betreuen zu können. Und es ist auf der anderen Seite eine Spielwiese, wo die Studierenden dann mit ihren Klassen lehrplangerechten Unterricht machen können. Das heißt, die Pflanzenauswahl, die wir da hineinpacken, ist schon sehr stark ausgesucht nach den Erfordernissen, die der sächsische Lehrplan vorgibt.

Sie haben nicht nur viele Pflanzen, sondern auch Tiere?

Die Tierwelt ist reichhaltig. Überall, wo Sie viele Pflanzenarten auf engem Raum finden, finden Sie natürlich auch ganz viel heimische Fauna. Es gibt unter den Insekten ganz besondere Nahrungsspezialisten, die zum Beispiel Pollen nur auf ganz bestimmten Blüten sammeln. Da ist zum Beispiel die Zaunrüben-Sandbiene so eine Art, die wirklich nur da vorkommt, wo man Zaunrüben findet. Und wenn die hier im Garten wachsen, und das tun sie, dann finden Sie eben auch die passende Biene dazu.

Streifen auch größere Tiere durch den Garten?

Ja, Eichhörnchen gibt es auf jeden Fall. Es gibt den Fuchs, es gibt Hasen - zum Leidwesen der Gärtner - und viele verschiedene Vögel. Wenn man in den Garten kommt, lohnt sich es immer Zeit mitzubringen, sich auf eine Bank zu setzen, zu beobachten: Was sehe ich? Was höre ich? Also Naturerlebnis pur geht hier auf jeden Fall sehr gut.

MDR (ma)

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