Proteste anlässlich des 200. Spaziergangs von Pegida
Schon mehrfach sind AfD und Pegida in Dresden gemeinsam aufgetreten. Bildrechte: xcitePRESS

Ukraine-Jahrestag AfD und Pegida demonstrieren Hand in Hand in Dresden

25. Februar 2023, 12:59 Uhr

Zum Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine fanden in Sachsen zahlreiche Demonstrationen statt. Besonders im Fokus stand dabei am Freitagnachmittag die Landeshauptstadt Dresden. Dort wurde mit mehreren Solidaritätskundgebungen an das Leid der Ukrainer erinnert. Gleichzeitig hatte die AfD gemeinsam mit Pegida zum Protest aufgerufen. Was steckt dahinter?

Pegida kämpft gegen die Bedeutungslosigkeit. Zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 brachte die Protestbewegung wöchentlich tausende Demonstranten auf die Straßen Dresdens. Zuletzt im Oktober waren es in der Landeshauptstadt noch einige hundert. Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann beklagt auf seiner Facebook-Seite eine "unschöne Entwicklung" in Bezug auf die Teilnehmerzahlen.

Extremismusforscher: "Es geht um Aufmerksamkeit"

Mit der Kundgebung am symbolträchtigen Jahrestag der russischen Invasion gehe es Pegida einzig um Aufmerksamkeit, schätzte der Leipziger Rechtsextremismus-Forscher Johannes Kieß ein. "Weil klar ist, dass Leute widersprechen, es klar ist, dass Leute sich darüber aufregen werden und damit noch mehr Aufmerksamkeit generiert werden kann." Nach der Corona-Pandemie versuche Pegida unter dem Deckmantel der Friedensrhetorik wieder mehr Zulauf zu bekommen, so Kieß.

Im Zusammenschluss mit Teilen der ostdeutschen AfD und dem österreichischen FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache hatte das rechte Bündnis für den späten Freitagnachmittag auf dem Theaterplatz zum sogenannten ersten großen Dresdner Friedensspaziergang aufgerufen. Weitere sollen folgen.

Als Redner angekündigt waren von AfD-Seite die Landesvorsitzenden aus Sachsen und Thüringen sowie der Fraktionschef aus Brandenburg. Schon im März 2018 hatte Sachsens AfD-Chef Jörg Urban seine Partei und Pegida als dieselbe Bewegung bezeichnet. Die Veranstalter wollten nach eigenen Angaben zum Frieden und für Diplomatie aufrufen. Insbesondere Vertreter der ostdeutschen AfD und Pegida sprechen im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine immer wieder von einem Stellvertreterkrieg. Gemeint ist damit, dass der Westen durch die Unterstützung der Ukraine seine Interessen verfolgt, ohne an dem Konflikt direkt beteiligt zu sein.

Johannes Kieß vom Else-Frenkel-Brunswik-Institut der Universität Leipzig sieht darin eine Täter-Opfer-Umkehr, die die Propaganda des Kremls bedient. Indem die Bundesregierung oder die Administration von US-Präsident Biden als Kriegstreiber dargestellt werden, solle vom eigentlichen Aggressor Russland abgelenkt und bereits in Teilen der Bevölkerung vorhandene antiwestliche Ressentiments verstärkt werden.

Bündnis klaut Motto von Friedensbewegung

Das Motto von AfD und Pegida lautete "Frieden schaffen ohne Waffen". Einst skandierte das die Friedensbewegung der 1980er-Jahre in Ost und West. Laut Slawistik-Professor Holger Kuße von der TU Dresden blendet diese Forderung aus, dass es Putin nicht um russische Sicherheitsinteressen gehe, sondern um eine Vernichtung der selbstständigen ukrainischen Kultur. Das zeige sich zum Beispiel in der gezielten Zerstörung ukrainischer Kulturschätze wie etwa des Museums des ukrainischen Philosophen Hryhorij Skoworoda nahe Charkiw.

Der Dresdner Wissenschaftler beschäftigt sich mit den Reden und Schriften Putins seit dessen erster Präsidentschaft. Schon damals im programmatischen Artikel "Russland an der Jahrtausendwende" habe Putin ein Faschismus-ähnliches Russland skizziert. In seinem jüngeren Essay "Zur historischen Einheit von Russen und Ukrainern" verneine Putin das Existenzrecht der Ukraine als eigenständige Nation.

Mehrere hundert Menschen waren am Freitag dem Aufruf der AfD gefolgt und versammelten sich auf dem Theaterplatz. Die zentrale Forderung lautete, die Waffenlieferungen zu stoppen. Der Bundesregierung wurde Kriegstreiberei vorgeworfen. Gegen die Veranstaltung gab es lautstarken Gegenprotest. Auf dem Neumarkt versammelten sich Schätzungen zufolge rund 1.500 Menschen. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko bedankte sich per Video für die Unterstützung seines Landes.

MDR (kbe)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 24. Februar 2023 | 19:00 Uhr

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