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3.000 Menschen sind zum CSD in Pirna erschienen. Zuvor hatte es breite Solidaritätsaufrufe aus ganz Deutschland gegeben. Bildrechte: picture alliance/dpa/Matthias Rietschel

Christopher Street Day3.000 Menschen verwandeln Pirna in bunte Party

13. Juli 2024, 20:35 Uhr

Gegen braunes Image: Tausende Menschen haben nach Veranstalter-Angaben Pirna in eine bunte Party verwandelt. Unterstützt wurde die queere Community durch ein breites Bündnis aus Prominenten und Queer-Aktivisten und -Aktivistinnen. Am Samstagabend rockt DSDS-Star Prince Damien über die Bühne.

Ein Demozug in allen Regenbogenfarben zieht durch Pirna. Junge Menschen sind bunt geschminkt, tragen Schirme oder schwenken Fahnen in den Farben der queeren Community. Sie wollen Flagge zeigen und Farbe bekennen, wie etwa Kai Castelo und Christian Zachmann aus Dresden. "Es ist unheimlich wichtig Präsenz zu zeigen, um auch den anderen zu zeigen, die sich noch nicht öffnen können: Wir sind da", sagt Kai.

Christian bezeichnet sich selbst als begeisterten CSD-Gänger, sei aber noch nie in Pirna gewesen, erzählt er. Warum dann heute? "Aktuell ist es umso wichtiger, auch in kleineren Städten Flagge zu zeigen. Wir wollen den Leuten Mut machen, auf die Straße zu gehen", sagt der 25-Jährige. Gerade mit Blick auf die hohen Wahlergebnisse der AfD müsse sich die queere Community gegenseitig unterstützen.

Till Niegisch, Christian Zachmann - beide bei den Grünen aktiv - Kai Castelo und Tino Krüger (v.l.n.r) sind aus Dresden nach Pirna gekommen, um für die Rechte der queeren Community einzustehen. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Bundesweite Solidaritätsaufrufe mit Pirna

Die Stadt Pirna war im Februar deutschlandweit in die Schlagzeilen geraten, weil hier mit Tim Lochner im Februar erstmals ein AfD-naher die Wahl zum Oberbürgermeister gewählt wurde. Er kritisierte die evangelische Kirchgemeinde der Stadt, weil diese eine Regenbogenfahne an er Stadtkirche hisste, und zog Vergleiche mit der NS-Zeit. Danach kam es bundesweit zu Solidaritätsaufrufen mit Pirna unter anderem durch Komikerin Carolin Kebekus und Schauspieler Hape Kerkeling.

Die evangelische Kirchgemeinde hat auch zum CSD wieder die Regenbogenfahne gehisst. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Kölner Dragqueen fährt mit Community nach Sachsen

Zur Solidarität mit Pirna rief auch die Kölner Dragqueen Meryl Deep auf. Gemeinsam mit vielen Kölnerinnen und Kölnern sind sie am Samstagmorgen mit Bussen aufgebrochen. Warum die siebenstündige Fahrt hierher? "Noch sind wir viele, noch sind wir stark in der Demokratie. Aber es gibt einen starken Wind dagegen und in Pirna ist er besonders stark", sagt Deep.

Die Kölner Dragqueen Meryl Deep ist mit vielen Kölnerinnen und Kölnern nach Pirna gefahren, um hier für demokratische Grundrechte aller Menschen Flagge zu zeigen. Bildrechte: MDR/Adam Beyer

Noch sind wir viele, noch sind wir stark in der Demokratie. Aber es gibt einen starken Wind dagegen und in Pirna ist er besonders stark.

Meryl Deep | Dragqueen

Mit Blick auf das queerfeindliche Verhalten Tim Lochners sei ihr klar gewesen, dass die Stadt mehr Aufmerksamkeit braucht. "Pirna braucht mehr Demokratie und Vielfalt, damit queere Menschen sich hier sicher und wohl fühlen", erklärt Deep. Für ihr Engagement hat CSD-Organisator Christian Hesse der Dragqueen den kurzerhand ins Leben gerufenen Pirnaer Diversity-Sonderpreis übergeben.

Tina, Enrico, Jule und Fabi (v.l.n.r.) aus Heidenau und Dresden ist es wichtig, für Vielfalt in Pirna auf die Straße zu gehen. "Auch in anderen kleinen Städten müsste Flagge gezeigt werden", sagt Fabi. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Stimmung in Stadt bleibt gespalten

Von Veranstalter Christian Hesse fällt mit Blick auf die Hunderten CSD-Besucher auf dem Pirnaer Marktplatz die Last der letzten Wochen ab, erzählt er. Mit dem CSD solle entschieden für die demokratischen Grundwerte eingetreten werden. Denn die Lage in der Stadt bleibe gespalten in Unterstützer und jene, die die queere Community herb beleidigen und nicht in Pirna haben wöllten. "Das ist aber das, was uns in der ganzen Arbeit bestärkt", betont Hesse.

In Pirna unterstützen viele Menschen die queere Community. Doch die Stadt bleibt gespalten in Unterstützer und Gegner queerer Menschen. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Selbst als Jugendlicher beleidigt

Beleidigungen wegen seiner Queerness hat auch Sven Krönert als Jugendlicher erfahren. "Ich hatte selbst Angst, in die Schule zu gehen, weil man anders war. Da möchte ich nicht wieder zurück", sagt der Radebeuler. Er sei angespuckt und als "schwule Sau" beleidigt worden.

Sven Krönert (links) alias Schwester Alma sammelt mit "Gardist Bastilienchen" für queere Projekte Spenden. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Der gebürtige Sachse sei vor einigen Jahren aus Berlin zurück in seine Heimat gezogen, auch um sich für queere Menschen im ländlichen Raum einzusetzen. "Gerade für Heranwachsende ist es wichtig zu zeigen 'Wir sind nicht allein'". Er fügt hinzu: "Wir hatten gehofft, dass die Zeiten, in denen wir Angst haben müssen, vorbei sind." Doch von bestimmten Parteien würden bewusst Ängste geschürt. Da müsse man dagegen halten.

Matthias Haschke sowie Benny Krause und Jessica Wallner (v.l.n.r.) - beide bei den Linken - kommen aus verschiedenen Ecken in Sachsen. Gemeinsam stehen sie in Pirna für Freiheit aller Menschen ein. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Transfrau wirbt für bunt statt einfarbig

Solidarität mit Pirna zeigen! Das hat sich auch die Journalistin und ehemalige ARD-Korrespondentin Georgine Kellermann gesagt. Sie berichtete als Auslandskorrespondentin aus Washington und Paris. "Pirna setzt ein Zeichen gegen die Entscheidung, dass die Regenbogenflagge vor dem Rathaus nicht gehisst werden darf", sagt die Transfrau. Diese Flagge sei ein ganz wichtiges Zeichen, dass eine Gesellschaft divers ist und, dass sie alle mitnimmt. "Es ist schöner eine bunte, als eine einfarbige Gesellschaft zu haben", betonte Kellermann.

Die Journalistin Georgine Kellermann ist eine der bekanntesten Transfrauen Deutschlands. In Pirna ist sie für eine bunte Gesellschaft eingetreten. Bildrechte: MDR/Adam Beyer

Es ist schöner eine bunte, als eine einfarbige Gesellschaft zu haben.

Georgine Kellermann | Journalistin

3.000 Menschen besuchen CSD

Bevor die große Party am Abend mit dem aus "Deutschland sucht den Superstar" bekannten Sänger und "Dschungelkönig" Prince Damien startet, zeigt sich Pirnas CSD-Organisator Christian Hesse zufrieden. 3.000 Menschen seien erschienen - vergleichbar wie in den vergangenen Jahren. Für dieses Jahr hatte man wegen der vielen Solidaritätsaufrufe mit bis zu 20.000 Teilnehmenden gerechnet. Enttäuscht das? "Ein schöneres Zeichen als einen vollgefüllten Marktplatz können wir nicht als Dankeschön bekommen. Ich bin sehr sehr zufrieden."

Ines Markert (links) und Karin Schilka wollen zeigen, dass die Queerfeindlichkeit auch in Pirna keinen Platz hat. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

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MDR (phb/abe)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 13. Juli 2024 | 19:00 Uhr