Einziges DeutschlandkonzertSo war das einmalige Kraftwerk-Konzert vor der Dresdner Semperoper
Am Samstag verwandelte sich die Semperoper zu einer einmaligen Konzert-Kulisse. Mit den vier Musikern von Kraftwerk standen lebende Legenden auf der Bühne. Die Elektro-Band aus Düsseldorf spielte ein exklusives Konzert, das schnell ausverkauft war und von der sich langsam ankündigenden Flut verschont wurde. MDR KULTUR-Musikredakteur Andreas Zagelow war dabei.
- Die Band Kraftwerk zählt zur Avantgarde der elektronischen Musik.
- Das Elektro-Quartett tritt häufig vor außergewöhnlichen Kulissen auf – so wie am 14. September vor der Semperoper.
- Musikalisch war das Konzert eine Art "Best-Of-Show", die aber durch ihre Inszenierung überzeugte.
Da standen vier ältere Männer in leuchtenden Anzügen auf einer Bühne hinter ihren Keyboards. Klingt wenig spektakulär? Und doch war es absolut spannend. Zum einen, weil es nicht irgendwelche Männer waren, sondern eben Kraftwerk. Jene deutsche Musikgruppe also, die in den 70ern und 80ern definiert hat, dass und wie die Worte "elektronisch" und "Musik" zusammengehören.
Die Väter der elektronischen Musik
Heute, wo musikalisch alles schon ausprobiert wurde, kann man sich das kaum noch vorstellen. Aber die Musik, die vor gut 50 Jahren aus Düsseldorf kam, war komplett neu und anders. Der Sound der deutschen Elektro-Avantgardisten trug sie damals bis weit nach Amerika, wo sie viele Musiker und Musikerinnen beeinflussten. Scheinbar simple und doch auf den Punkt gebrachte, aussagekräftige Texte machen die Band aus. Und Kraftwerk hinterließ musikalische Spuren mit Beats, die ebenso einfach wie vertrackt aus dem Lautsprecher kamen und die Basis für bisher ungehörte Synthesizer- und Sequenzer-Töne lieferten.
Mensch-Maschine auf der Bühne
Nicht zuletzt experimentierte Kraftwerk schon früh mit der eigenen Bühnenpräsenz: Die vier technikaffinen Musiker beschlossen, sich von beweglichen Figuren robotergleich auf der Bühne vertreten zu lassen und wollten sich so wohl auch ein bisschen überflüssig machen – ein Plan, der offenkundig nicht so ganz aufging, wie das Konzert in Dresden nun bewies.
Musikalische Avantgarde vor historischer Kulisse
Und zum zweiten ist da natürlich dieser ganz besondere Ort: die Semperoper in Dresden. Schon seit einiger Zeit suchen sich Kraftwerk für ihre Konzerte nur noch ganz spezielle Orte aus. In einfachen Konzerthallen, wie noch 2015 im Leipziger Haus Auensee, treten sie nicht mehr auf. Da muss es schon das Museum Of Modern Art in New York, die Nationalgalerie in Berlin oder zuletzt das Schloss Schönbrunn in Wien sein. Die Semperoper hat am Samstag ganz hervorragend in diese Linie gepasst.
Kraftwerk standen bei diesem Freilichtkonzert auf einer Bühne in zehn Metern Höhe – etwas höher als die zweite Etage der Oper. Darunter war eine verhältnismäßig kleine Leinwand, auf der Animationen und Filme abgespielt wurden. All das verband sich zu einer ziemlich beeindruckenden Show. Denn es war nicht nur diese kleine Leinwand, sondern die komplette Front der Semperoper, die in verschiedene Farben getaucht wurde.
"Tour de France" auf der Fassade der Semperoper
Über die Fassade der Semperoper fuhren die ikonischen Fortbewegungsmittel aus dem Kraftwerk-Universum. Etwa der alte VW-Käfer aus dem "Autobahn"-Video oder der "Trans-Europa-Express" und natürlich die Radfahrer der "Tour De France" – das Album, mit dem die vier Düsseldorfer ihre Begeisterung für den Radsport zum Ausdruck brachten. Oder eben die Musikvideos zu "Das Model" und "Die Roboter". Das in einer Größe zu sehen, bei der die vier Musiker fast schon in der Kulisse verschwanden, und dazu die immer noch frisch und gar nicht retro klingend Songs auf dem Theaterplatz zu hören, war schlicht beeindruckend.
Solide "Best-Of-Show"
Das Publikum war dementsprechend begeistert. Auch wenn die Kraftwerk-Auftritte inzwischen solide "Best-Of-Shows" sind, bei denen eigentlich das meiste bekannt ist. Ralph Hütter, der letzte Originalkraftwerker, und seine Kollegen modernisieren zwar immer wieder vorsichtig, musikalisch und textlich. Aber sowohl die Songs als auch die Animationen und Videos kennt man aus den Konzerten der letzten Jahre. Ab und zu hört man Hütter die bruchstückhaften Texte singen, mit dem Publikum wird aber nicht kommuniziert.
Es ging also musikalisch durch alles, was zwischen "Autobahn" und dem letzten Album "Tour De France" erschienen ist. Kraftwerk-Hits wie "Das Model" und "Man Machine" sind genauso dabei wie instrumentale Stücke der Alben, die das Best-Of-Programm immer auch ein wenig unterbrechen. Aber am Ende eben: bekannte Songs, bekannte Visuals.
Und so ist absolut verständlich, dass diese Konzerte heute eben auch vom jeweiligen Ort leben, an dem man sie besucht. Und Kraftwerk vor der Dresdner Semperoper – das war auf jeden Fall eine Sache, die man nur einmal im Leben sieht. Und auch deswegen so beeindruckend.
Redaktionelle Bearbeitung: tis, lm
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 13. September 2024 | 07:30 Uhr