Oberlandesgericht Dresden Prozess um Linksextremismus: Wer sind die Mitangeklagten von Lina E.?

27. Oktober 2022, 17:00 Uhr

Lina E. und drei Mitangeklagte sollen in der Vergangenheit mehrere Angehörige der rechten Szene in Sachsen und Thüringen zusammengeschlagen haben. Seit mehr als einem Jahr stehen sie vor Gericht. Nun wurde im Prozess mehr über die Mitangeklagten bekannt.

Im Verfahren gegen Lina E. und drei weitere mutmaßliche Linksextremisten haben zwei der Angeklagten am Donnerstag Erklärungen durch ihre Verteidiger verlesen lassen. Sie äußerten sich darin zu ihren Werdegängen und persönlichen Verhältnissen. Nachfragen des Gerichts ließen die beiden Männer nicht zu. Allerdings erklärten sie über ihre Anwälte, dass offene Fragen im weiteren Verlauf des Verfahrens gegebenenfalls schriftlich beantwortet werden. Zu den ihnen vorgeworfenen Taten schweigen sie weiterhin.

Lennart studiert Mathematik an der Uni Leipzig

Bei den zwei Mitangeklagten handelt es sich um den 28 Jahre alten Lennart A. und um Jannis R., 37 Jahre alt. Lennart A. wurde 1994 in Braunschweig geboren. Er wuchs bei seinen Eltern in geordneten Verhältnissen auf. Nach dem Abitur 2014 jobbte er zunächst in seiner Heimatstadt bei VW in in der Produktion, ehe er danach einen einjährigen Work&Travel-Aufenthalt in Australien und Neuseeland absolvierte. 2015 begann er ein Physik-Studium an der Universität Leipzig und wechselte 2017 in den Fachbereich Mathematik. Aufgrund des aktuellen Verfahrens hat er bisher mehrere Seminare und Prüfungen verpasst, weswegen sich der anvisierte Abschluss in Regelstudienzeit voraussichtlich "um zwei Semester verzögert", wie Rechtsanwalt Daniel Werner angab.

Nach seinem Abschluss hofft der Angeklagte laut Angaben seines Anwalts auf eine Anstellung als Informatiker. Auch seine Anstellung als Werkstudent musste er demnach aufgrund des zeitintensiven Gerichtsverfahrens aufgeben. Darum lebe er derzeit von Ersparnissen und unterstützt von seinen Eltern. Diese verfolgen das Verfahren auch regelmäßig im Gerichtssaal.

Jannis will Erzieher werden

Jannis R. wurde den Angaben zufolge 1985 in Freiberg geboren und wuchs in Leipzig auf. Nach dem Abitur 2003 absolvierte er demnach den Zivildienst in einem Leipziger Krankenhaus. Danach fing er an zu studieren - unter anderem Physik an der TU Dresden und zuletzt Kommunikationswissenschaften an der Universität Leipzig. Die Studiengänge beendete er nicht. Nach dem Abbruch seines letzten Studiums jobbte er als Teilzeitkraft in einem Leipziger Kinder- und Jugendfreizeitzentrum, was bei ihm den Wunsch einer Arbeit im sozialen Bereich wachsen ließ. Infolgedessen ließ er sich bei einem freien Träger zum Sozialassistenten ausbilden.

Die anschließende Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher konnte er laut Verteidugung letztlich nicht beenden. Als Grund gab sein Verteidiger an, dass er währenddessen für den Besitz einer geringen Menge von 0,8 Gramm Marihuana zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Dies sei ein Ausschlusskriterium für die Arbeit als Erzieher gewesen. Danach arbeitete er im Veranstaltungsbereich und seit 2019 bei einem Pflegedienst. Seinem Arbeitgeber seien die Vorwürfe bekannt, erklärte sein Rechtsanwalt Christian Mucha. "Aber er steht weiter zu mir", verlass der Rechtsanwalt R.s Worte. Nach Beendigung des Verfahrens hofft R. seine Ausbildung zum Erzieher zu beenden zu können.

Angeklagte sollen Rechte zusammengeschlagen haben

In dem Prozess am Oberlandesgericht Dresden stehen die aus Kassel stammende Studentin Lina E. (27) sowie drei Männer aus Leipzig und Berlin vor Gericht. Ihnen wirft die Bundesanwaltschaft vor, zwischen 2018 und 2020 Angehörige der rechten Szene in Leipzig, Wurzen und Eisenach zusammengeschlagen zu haben. Zudem sind sie wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt, als deren Kopf Lina E. gesehen wird. Die Verteidigung hält diesen Vorwurf für konstruiert und spricht von einem "politisierten Verfahren". Alle vier schweigen bisher zu den Anschuldigungen.

Prozess seit September 2021

Der Prozess läuft seit vergangenem September. Bisher wurde an 73 Tagen verhandelt. Am 72. Verhandlungstag hatte sich die Hauptangeklagte Lina E. erstmals selbst vor Gericht geäußert. Sie berichtete über ihre persönlichen Verhältnisse und ihren bisherigen Lebensweg und nahm auch Stellung zum Personenbericht der Polizei. Darin seien unter anderem ihre politischen Hausarbeiten und ihre Bachelorarbeit hervorgehoben, die das Landeskriminalamt (LKA) offenbar als Beleg für eine weitergehende politische Betätigung und möglicherweise auch ein politisches Motiv für die angeklagten Taten sieht.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 21. Oktober 2022 | 15:30 Uhr

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