Sanierung Wasserschloss Oberau sagt dem Holzwurm den Kampf an
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19. September 2024, 14:30 Uhr
Zwischen Weinböhla und Meißen liegen die beschaulichen Örtchen Niederau und Oberau. Zufällig wird man sich hier eher nicht hin verirren, dabei hat die Gegend doch ein schönes Aushängeschild: das Wasserschloss Oberau. Seit mehreren Jahren engagiert sich ein Förderverein für die Rettung des historischen Denkmals. Ein neu gedecktes Dach hat das Schloss bereits. Jetzt soll es den winzigen, unerwünschten Bewohnern an den Kragen gehen.
Wer schon einmal alte Möbel auf einem Flohmarkt gekauft oder aus einer alten Bauernscheune gerettet hat, wird sicherlich schon mit ihnen Bekanntschaft gemacht haben: Holzwürmer. Und wenn erstmal der Wurm drin ist, ist er nicht mehr so leicht rauszukriegen. Doch dieses Schicksal ereilt nicht nur Möbel, sondern auch Gebäude. So auch das Wasserschloss in Oberau.
Katja Lamnek und Hartmut Vetter vom ortsansässigen Förderverein berichten, dass der starke Holzwurmbefall vor zwei Jahren festgestellt wurde. In dem Jahr sei das Dach neu gedeckt worden. Als Gutachter in diesem Zuge das Holz im Schloss inspizierten, sei der Befall entdeckt worden. Der Wurm stecke in jeglichen Hölzern im Schloss, besonders den Bodenbelägen und Holzdecken.
Gleich mehrere Herausforderungen
Den Förderverein und seine Mitglieder stellte das vor mehrere Herausforderungen. Eine davon betrifft eigentlich immer das fehlende Geld. An entsprechende Fördermittel heranzukommen sei schwer, erzählt Katja Lamnek. Es gäbe viele Auflagen und das Ausfüllen entsprechender Anträge sei zeitintensiv. Im Zuge des Holzgutachtens sei ihnen gesagt worden, dass es mit einem Holzwurmbefall künftig keine Fördermittel mehr gebe. Der Wurm musste also weg, koste es was es wolle.
Doch die Holzwürmer sind nicht die einzigen Bewohner, die es sich in den vergangen Jahren im Schloss gemütlich gemacht haben. Mittlerweile leben auch eine Vielzahl von Fledermäusen, die unter Artenschutz stehen, im Schloss und ringsherum. Für die Bekämpfung der Würmer eher hinderlich, da hierfür meist Chemikalien eingesetzt werden, die anderen Tieren schaden.
Für Katja Lamnek und Hartmut Vetter begann nach eigenen Angaben eine stressige Zeit, geprägt von Absprachen zwischen Naturschutzbehörde, Artenschutzfachmann und verschiedenen Firmen, die sich auf Schädlingsbekämpfung spezialisiert haben.
Das war eine harte Nuss, ein anstrengender Prozess. Ein Jahr lang hat es gedauert.
Begasung durch Fachfirma
Bei der Bekämpfung von Holzwürmern kommen verschiedene Verfahren in Frage, unter anderem die chemische Behandlung, Mikrowellenbehandlung und Heißluftbehandlung. Viele dieser Möglichkeiten sind laut Fachmann Marco Müller am Wasserschloss jedoch aufgrund unterschiedlicher Gründe nicht einsetzbar. Am Ende sei nur die Begasung der Würmer geblieben. Das bedeute jedoch, dass die Fledermäuse temporär umziehen müssen. Vergrämung wird das in Fachkreisen genannt. Für die Flughunde sind dafür in der näheren Umgebung Rückzugsorte für die Zeit der Begasung geschaffen und durch den Förderverein gezahlt worden.
Müller erzählt, dass seine Firma das Projekt am Wasserschloss deshalb schon seit eineinhalb Jahren begleitet. Denn zwischen einigen Arbeitsschritten müssten immer wieder Ruhezeiten für die Fledermäuse eingehalten werden. So musste nach dem Gerüststellen eine Woche Pause gemacht werden. Danach seien jegliche Fenster mit Folie verklebt worden, sodass das Gas nicht entweichen kann. In dieser Woche wurden Gas- und Messtechnik aufgestellt, um dann mit der eigentlichen Begasung am Donnerstag zu beginnen.
Das Gas wird über Schlauchleitungen an verschiedenen Punkten in das Schloss eingeleitet und unsere Messgeräte zeigen uns an, an welcher Stelle welche Gaskonzentration vorherrscht.
Müller erzählt, dass es bis zu vier Tagen dauern kann, bis das Innere des Schlosses komplett begast ist. Dann sollten auch jegliche Holzwürmer verendet sein. Um auf Nummer sicher zu gehen, dass das der Fall ist, werden sogenannte Prüfbalken angebracht. Sie enthalten laut Müller Holzwürmer, bei denen nach Abschluss der Begasung überprüft werden kann, ob die Gaskonzentration wirklich hoch genug war, dass die Würmer verendet sind. Erst wenn die Würmer im Prüfbalken tot sind, wird bescheinigt, sodass die Begasung erfolgreich war. Nach der Begasung wird drei Tage gelüftet, damit das Schloss wieder begehbar ist.
Das Denkmal sucht sich seine Retter
Katja Lamnek und Hartmut Vetter erzählen, dass sie bereits seit mehreren Jahren für den Erhalt des Wasserschlosses brennen. Alles habe mit einer Gemeinderatssitzung angefangen. Dort soll der mittlerweile verstorbene Bürgermeister Steffen Sang Mitstreiterinnen und Mitstreiter für den Erhalt des Wasserschlosses gesucht haben. Für ihn sei es sein Lieblingsschloss aus Kindheitstagen gewesen, weshalb er es unbedingt habe erhalten wollen. Er wollte einen Verein zu gründen, welcher sich ehrenamtlich um den Erhalt des Schlosses kümmert.
Lamnek und Vetter hing das Schloss genauso sehr am Herzen wie Steffen Sang. Sie erzählen, dass sie aus der Region stammen und den Verfall des Schlosses über die Jahre hinweg hautnah miterlebt hätten. Außerdem wüssten sie um die Bedeutung des Schlosses für die Menschen hier. Deshalb fassten sie den Entschluss, das Schloss durch ihre Arbeit auch für nachfolgende Generationen zu erhalten. Dafür opferen sie gerne einen Teil ihrer Freizeit, so erzählen sie.
Da müssen wir Verrückte gewesen sein, die für diese Aufgabe ihre Freizeit opfern. Und das Ergebnis sieht man ja jetzt. Ein Denkmal sucht sich auch seine Retter. Und ja, wir sind die Retter.
Gruppe an Liebhabern wächst
Mittlerweile umfasst der Verein nach eigenen Angaben über 60 Mitglieder, sieben davon bilden den Vorstand. Außerdem gibt es laut Lamnek noch die sogenannte "Rentnerbrigade". Eine Gruppe älterer Leute, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, kleinere Reparaturen am Schloss direkt selbst vorzunehmen, statt eine Firma damit zu beauftragen.
Auch wenn die Sanierung des Schlosses laut Lamnek und Vetter noch lange nicht abgeschlossen ist, so planen sie trotzdem Teile des Schlosses vorab nutzbar zu machen. Zum Beispiel soll der fast fertig sanierte Bürgersaal künftig für Benefizveranstaltungen genutzt werden.
Wie lange es insgesamt noch dauert, bis das Schloss komplett fertig saniert ist, kann laut Katja Lamnek und Hartmut Vetter schwer abgeschätzt werden. Das sei eine Generationenaufgabe.
Zur Geschichte des Schlosses
• 1276: Erste Erwähnung als wehrhafter Turm samt Wassergraben
• 1286: Umbau des Turms mit zusätzlichen Wohnräumen und Treppenaufgang
• 1550-1594: Erweiterung des Wohnturms um einen länglichen Neubau und Ausstattung des Schlosses mit bemalten Holzdecken
• 1865: Schloss wird gotisch überformt. Erhält neue Sandsteinbalustrate und kegelförmigen Aufsatz. Hölzerne Decken werden verdeckt.
• 1950: Acht Wohnungen werden eingerichtet. Diskussion um Abriss des Schlosses.
• 1999: "Arbeitskreis Denkmalpflege e.V." übernimmt Schloss. Bauen zusammen mit „Netzwerk Offene Häuser“ Gebäude in Jugendherberge für 45 Gäste um
• 2001-2002: Schlossdach wird teilsaniert
• 2004: Teichmauern werden saniert. Schimmelpilz im Schlossinneren wird entfernt. Gotische Überformung wird entfernt. Sanierung schreitet jedoch langsam voran. Schloss kaum wetterfest
• 2009: Gemeinde Niederau löst Vertrag mit "Arbeitskreis Denkmalpflege e.V." auf. Hauptgrund waren schleppende Sanierungsarbeiten.
• Aktuell: Zwei Vereine engagieren sich für Erhaltung, Gestaltung und Nutzung des Schlosses. "Obere Aue e.V." und "Förderverein Wasserschloss Oberau e.V.".
Förderverein Wasserschloss Oberau e.V.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 11. September 2024 | 19:00 Uhr