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Weihnachten fern der Heimat"So still hier": Wie Fachkräfte von den Philippinen Weihnachten erleben

25. Dezember 2022, 09:00 Uhr

Viel Deko und Beleuchtung, viel (zu viel) Essen im Familienkreis, wichteln und Geschenke: All das gehört bei ihnen zu Hause zu Weihnachten dazu, erzählen vier Pflegefachkräfte aus Südostasien. Und doch ist manches zu Weihnachten komplett anders als in Sachsen. Das liegt nicht nur am Wetter.

  • Statt Trubel wie auf den Philippinen ist hierzulange Stille in den Straßen.
  • Sterne und Lichter überall: "Dekoration ist ein Muss", sagen die Pflegekräfte weitab ihrer Heimat.
  • Zusammenkommen und Zeit füreinander haben ist Pflegefachkräften auf Arbeit und privat wichtig.

Im Grunde feiern Anne Marie Ruth Galats und Daryl Efrens Familien 9.900 Kilometer entfernt auf den Philippinen Weihnachten wie viele Familien in Meißen auch: mit Sternen, Lichtern, viel fettigem und süßem Essen, Kirchgang und großen Familientreffen. Und doch fallen dem jungen Paar, das seit drei Jahren in Sachsen in der Pflege arbeitet und in Meißen lebt, viele Unterschiede auf.

Wenn es still wird im Land

"Zu Hause sind die Menschen viel draußen und auf den Straßen unterwegs. Hier sind Weihnachten alle in ihren Wohnungen. Es ist still auf den Straßen", hat Anne Marie Ruth Galat in den vergangenen beiden Jahren festgestellt. "Es liegt vielleicht auch am Wetter", mutmaßt ihr Mann. Während seiner Weihnachts-Dienste im Pflegeheim und auch draußen sei ihm die Stille auch aufgefallen. "Überall ist es leise. Wie in dem Lied, das ihr Weihnachten singt". Er meint "Stille Nacht, heilige Nacht".

Der erste Schnee im Leben

Vor zwei Jahren hatte Daryl Efren zum ersten Mal in seinem Leben Schnee gesehen, das war in Leipzig. Philippinsche Freunde wollten gleich alles darüber wissen. "Ich fand's sehr schön und sehr kalt", sagt er lachend. Falls es Weihnachten schneien würde, fände er das toll. Auch für seinen Sohn Eathan Joseph, der bald zwei Jahre alt wird und "gerade alles neu entdeckt und anfassen muss", sagt Papa Daryl.

Über Schnee zu seinem ersten Weihnachten in Deutschland würde sich auch Clifford Galvan freuen. Er ist seit Ende September 2022 in Meißen und beendet demnächst einen Anpassungslehrgang, damit er als studierter Pfleger auch nach deutschen Bedingungen arbeiten darf. "Ich würde den Schnee sehr genießen und gucke seit Tagen auf die Wetter-App." Seine Frau Sharra Jay Simbajon winkt ab. Schnee? Den braucht die Praxisanleiterin gar nicht für ihr Weihnachtsgefühl. Seit drei Jahren lebt sie in der Stadt und mag den Sommer lieber.

Die Lichter überall in den Fenstern zu sehen, das ist eine schöne Atmosphäre.

Clifford Galvan | Philippiner über seinen ersten Advent in Sachsen

Sterne, Lichter, Schwibbogen-Glanz

Auf den Philippinen sei es üblich, schon Ende September mit Sternen, sogenannten Parols, zu dekorieren. "Die hängen wirklich überall. Dekoration ist ein Muss." Sharra Jay Simbajon hat in diesem Advent zum ersten Mal wieder ihre Wohnung dekoriert, weil sie nach drei Jahren Fernbeziehung endlich wieder mit ihrem Mann zusammenlebt, der ihr nach Deutschland gefolgt ist. Neben den typischen Sternen der Philippinen leuchten in ihren Fenstern auch Lichter und ein Schwibbogen aus dem Erzgebirge. Der Weihnachtsbaum steht seit Anfang Dezember bereit. Mit dem Deko-Mix im neuen Zuhause hat der Ehemann kein Problem: "Die Lichter überall in den Fenstern zu sehen, das ist eine schöne Atmosphäre", erzählt Clifford Galvan.

Schön finden die beiden Mittdreißiger auch die Leckereien auf den Weihnachtsmärkten in Meißen oder Dresden. So etwas gebe es auf den Philippinen nicht. Auch keine Adventskalender. Als ihr Chef, der Pflegeheimleiter Steffen Kummerlöw, vor drei Jahren die typischen Kalender im Alten- und Pflegeheim Pro Civitate in Meißen-Triebischtal in den Bereichen für die Beschäftigten verteilte, öffnete eine philippinische Kollegin alle Türchen auf einmal und wunderte sich, was das bedeuten soll. Die sächsischen Kolleginnen seien danach echt entsetzt gewesen und hätten den Sinn des Türchenöffnens erklärt, erzählt Sharra Jay Simbajon. Jedes Mal, wenn sie nun einen Adventskalender sieht, müsse sie daran denken und lachen.

Fürsorge und Lachen zu Weihnachten wichtig

Zu Heiligabend und an den Feiertagen werden einige der 25 philippinischen Pflegefachkräfte Dienst im Altenheim im Triebischtal haben. "Ich hoffe sehr, dass viele Heimbewohner Besuch von ihren Angehörigen bekommen", sagt Praxisanleiterin Sharra Jay Simbajon. Für sie ist das Wichtigste, dass die Bewohner zum Fest zusammenkommen können und nicht allein bleiben. Wegen der Corona-Auflagen sei das in den vergangenen Jahren alles sehr schwer gewesen.

Ihr Kollege Daryl Efren, der am 24. im Spätdienst bis 22 Uhr arbeitet, hat sich vorgenommen, an dem Tag viel zu lächeln. "Ich will noch etwas herzlicher zu den Bewohnern sein und mir extra Zeit nehmen. Weihnachten ist das besonders wichtig."

Ich will noch etwas herzlicher zu den Bewohnern sein und mir extra Zeit nehmen. Weihnachten ist das besonders wichtig.

Daryl Efren | examinierter Pfleger und Praxisanleiter

Warum ein Schweinchen auf den Tisch muss

Zusammenkommen und Zeit füreinander haben: Das gelte auch auf den Philippinen, wo in den katholisch geprägten Familien die gesamte Verwandtschaft das Weihnachtsfest zusammen feiert. Da kämen schnell 20, 30 Leute zusammen, weil sich Großeltern, Kinder, Enkel, Tanten, Onkel und Cousins verschiedener Verwandtschaftsgrade träfen. Alle bringen etwas zu essen mit und Wein, Bier, eine Familie ist für die Spiele zuständig.

Fern der eigenen Familien wollen die Pflegefachkräfte nach ihrem Dienst in Meißen auch gemeinsam feiern. Rund 20 Kolleginnen und Kollegen werden Pasta, Frucht- und Hühnchensalat essen und gegrilltes Spanferkel, das als Nationalgericht "Lechon" bekannt ist. Im Inselstaat verheißt es Wohlstand, wenn man zu Weihnachten Spanferkel isst. "Vielleicht kommen auch nur Teile davon auf den Tisch", schränkt Clifford Galvan ein. Danach soll es Spiele geben, Karaoke-Spaß und gemeinsames Singen. "Weihnachten ist bei uns wirklich laut mit Party." Und er hofft, dass es für die deutschen Nachbarn nicht zu laut werden wird.

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