DenkmalschutzWie historische Kirchen in der Klimakrise gerettet werden
Als Folgen des Klimawandels kennt man vor allem Artensterben, Wassermangel und Waldsterben. Doch Hitze und Trockenheit machen auch historischen Gebäuden wie Kirchen zu schaffen. Unumkehrbare Schäden, zum Beispiel an historischen Decken aus Holz, sind die Folge. Ein Forschungsprojekt in Sachsen untersucht nun, wie man der Zerstörung entgegenwirken kann.
- Hitze und Trockenheit führen zu unumkehrbaren Schäden an historischen Kirchendecken.
- Welche Rolle beispielsweise die Bauweise der Dächer bei der Zerstörung der Decken spielt und was dagegen getan werden kann, untersucht ein Forschungsprojekt in Sachsen.
- Für die Rettung der Denkmäler wird auch mit alternativen Baumaterialien zum Dämmen experimentiert.
Wenn man im Kirchenraum der Dresdner Kirche Leubnitz-Neuostra steht, geht der Blick unweigerlich nach oben zu der reich bemalten Kassettendecke. Sie stammt aus dem Jahr 1672, die Zwölf Apostel sind dort dargestellt, Engel und ganz zentral das Jüngste Gericht. Wunderbar restauriert, erst vor etwa zwei Jahren – prächtig, farbenreich. Schaut man aber genauer hin oder geht gar auf die höher gelegenen Emporen, erscheint das alles nicht mehr ganz so makellos, denn Risse ziehen sich durch die Holztafeln.
Dann kommen Lockerungen, dann kommen Risse, dann fällt es runter, wenn der Ausgleich im Sommer fehlt, dass sich das Holz wieder mit Feuchtigkeit sättigen kann.
Katja Matauschek, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen
Die Ursache dafür seien anhaltende Hitze und Trockenheit, erläutert Restauratorin Katja Matauschek vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen. Man beobachte geschrumpfte Holzträger. Was auf dem Holz angebracht ist, werde damit zu groß, erklärt Matauschek: "Für bemalte Objekte bedeutet das, dass die Farbe auch in kleine Schollen zerbricht, dass sie sich vom Untergrund lockert, weil das Holz sich immer hin und her bewegt." Besonders, wenn im Sommer die Feuchtigkeit fehle, mit dem sich das Holz sättigen kann, komme es zu Lockerungen und Rissen.
Aktuelles Forschungsprojekt soll Schäden erklären und vorbeugen
Den ersten Hilferuf hatten die Denkmalpflegerinnen und -pfleger von der Gemeinde der St. Martinskirche in Milkau, in Mittelsachsen erhalten. Dort waren schwere Putzschollen in den Kirchenraum herabgefallen, eine unberechenbare Gefahrenquelle. Auch in anderen Kirchen konnten daraufhin in relativ kurzer Zeit ähnliche Schadstellen an alten Holzdecken ausgemacht werden.
Um dem auf den Grund zu gehen, wurde dazu am Landesamt für Denkmalpflege zusammen mit der Deutschen Bundestiftung Umwelt ein Forschungsprojekt gestartet. Man messe schon seit anderthalb Jahren in 20 Objekten, erklärt Thomas Löther, Geschäftsführer des Instituts für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt (IDK), das auch am Projekt beteiligt ist. Es gehe darum, herauszufinden, ob bauphysikalische Veränderungen dahinter stecken: "Aus einem Kaltdach wird eben kein durchlüftetes Kaltdach mehr, sondern es steht die Luft", erklärt Löther. Man müsse also herausfinden, wie die Wärme diese Trockenheit durch die Decke durchschlägt und was dann für Schäden auf der Unterseite ankommen.
Dafür werden vrschiedene Messungen durchgeführt: Außenklima, Dachklima, in den Decken selbst befinden sich Sensoren, ebenso in den Kirchenräumen. Eine Sache sei inzwischen schon deutlich geworden, führt Löther an: dass eine gedämmte Decke deutlich träger und langsamer auf Klimaschwankungen reagiere, als eine offene Decke.
Neue Baumaterialien zum Dämmen gesucht
Lehm würde sich zum Dämmen hervorragend eigenen, aber Lehm ist schwer – somit ist das eine Frage der Statik. Daher werde mit denkmalgerechten Materialien experimentiert, die aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, erklärt Projektmitarbeiterin Claudia Ochocki vom Landesamt für Denkmalpflege. "Wir haben jetzt beispielsweise Holzweichfaserplatten in unseren Testzellen in Saida und Nossen an verschiedenen Stellen in verschiedenen Stärken verbaut und testen aus, welche Wirkung die haben", so Ochocki.
Doch es gibt noch weitere Parameter, die bis zum Abschluss des auf drei Jahre angelegten Forschungsprojektes untersucht werden sollen. Dazu gehört die Durchlüftung der Dächer und so beschäftigt sich Thomas Löther vom IDK auch mit der Frage, wie die Wärme in den Nachtstunden wieder abgegeben werden kann: "Wir wollen keine Technik, keine Klimaanlagen. Es muss irgendwas sein, was schon immer funktioniert hat."
Wahrscheinlich hätten die Dächer vor hundert Jahren anders funktioniert als heute. Heutige Normen der Dachdecker stünden ein bisschen im Weg, findet Löther. "Vielleicht waren die Gauben nicht so ganz dicht, die Traufen nicht so dicht, der First war offener und es gab mehr Leute, die auch mal nachgeguckt haben, ob man was zum Lüften machen muss", so Löther.
Wir wollen keine Technik, keine Klimaanlagen, es muss irgendwas sein, was schon immer funktioniert hat.
Thomas Löther, Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt
Die Ergebnisse sollen nach Abschluss des Forschungsprojektes in einem Handlungsleitfaden veröffentlicht werden, mit dem man dann die Schäden, die durch Hitze an den historischen Holzdecken entstanden sind, angehen kann – damit kunstvolle, kulturhistorisch bedeutsame Malereien, wie beispielsweise die in der Kirche in Dresden Leubnitz auch für nachfolgende Generationen erhalten bleiben.
Redaktionelle Bearbeitung: hro
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 07. September 2024 | 08:45 Uhr