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StudieFakt oder Fake-News: Jeder dritte Sachse weiß zu wenig über Medien

11. Oktober 2021, 15:12 Uhr

Wie bitte? Nachrichten kommen nicht einfach aus dem Netz oder direkt von Facebook? Laut einer Studie weiß ein Drittel der Sachsen nur wenig über Medien und Journalismus und wie sie funktionieren. Das haben Forscher für die Landeszentrale für Politische Bildung herausgefunden. Aber: Die Sachsen stehen damit nicht allein. Die Medienkompetenz liegt durch den radikalen Medienwandel bundesweit auf ähnlichem Niveau.

von MDR SACHSEN

Besonders junge Menschen unter 35 Jahren wissen wenig über Medien und Journalismus. Bildrechte: Colourbox.de

Wie, bitte? Nachrichten kommen nicht einfach aus dem Netz, da stehen Institutionen, Unternehmen, Verlage und auch Privatpersonen dahinter? Vielen Menschen in Sachsen kennen die Grundlagen von Medien und Journalismus nur spärlich. Laut einer neuen Studie wissen etwa ein Drittel der Sachsen nur sehr wenig über die Arbeit von Medien und Journalisten. Zwischen 30 und 40 Prozent der sächsischen Bevölkerung seien grundlegende journalistische Arbeitsweisen nicht bekannt, sagte einer der Studienautoren, Benjamin Bigl. Die größten Wissenslücken bestehen demnach bei Menschen unter 35 Jahren.

Rund 20 Prozent der jungen Erwachsenen sind davon überzeugt, dass die meisten Medien Eigentum des Staates sind.

Benjamin Bigl | Kommunikations- und Medienforscher

Zudem gingen laut den Ergebnissen der Forscher fast 40 Prozent der über 65-Jährigen gehe davon aus, dass Medien die Funktion haben, die Meinungsbildung in der Bevölkerung zu lenken. "Zentrale Funktionen von Medien in Deutschland werden von vielen Sachsen nicht genannt oder nicht gewusst", erklären die Forscher in der Studie. "Das für die Demokratie in Deutschland wichtige Neutralitätsprinzip in der Medienberichterstattung ist nahezu unbekannt. Rund ein Drittel der Sachsen vertritt die Meinung, Medien seien dazu da, "Meinungen zu lenken" oder "politische Meinungen zu vertreten".

Bildrechte: Sächsische Landeszentrale für Politische Bildung (slpb)

Medienkompetenz ist auch Demokratiekompetenz

Die Studie "Medienkompetenz in Sachsen. Auf dem Weg zur digitalen Gesellschaft“ wird von der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung herausgegeben und ist die erste repräsentative Analyse zu diesem Thema. "Medienkompetenz ist auch Demokratiekompetenz“, erklärte Roland Löffler Direktor der Landeszentrale. Nur wer Quellen, Akteure und deren Interessen erkennen und kritisch hinterfragen könne, werde selbstbestimmt am demokratischen Diskurs teilnehmen können.

Zwei Drittel der Sachsen halten Schulfach zur Mediennutzung für sinnvoll

Positiv sei, dass jeder Zweite in Sachsen ein grundsätzliches Interesse an Weiterbildungen über Medien habe, sagte Bigl. Für die aktuell existierenden Angebote ließen sich jedoch nur etwa 15 Prozent begeistern. Zwei Drittel der Sachsen halten laut Studie die Einführung eines speziellen Schulfachs zur Mediennutzung für relevant. Für die Studie wurden 2020 sachsenweit 2.500 repräsentative Interviews telefonisch und online geführt.

Podcast: Medien

Bundesweit ähnlich niedrige Kompetenzen

Mit der niedrigen Medienkompetenz steht Sachsen jedoch nicht allein da. Laut einer repräsentativen Studie der Stiftung "Neue Verantwortung" (NV), die sehr tief in die digitale Mediennutzung einsteigt, liegen bundesweit etwa 46 Prozent der Befragten "Bereich der (sehr) geringen digitalen Nachrichten- und Informationskompetenz. Demnach sei es vielen schwer gefallen, zwischen Werbung, Information, Desinformation und Meinung zu unterscheiden. So wurde eine Falschinformation bei Facebook nur von knapp der Hälfte der Befragten (43 Prozent) erkannt, während mehr als ein Drittel (33 Prozent) dies fälschlicherweise sogar für eine seriöse Information hielten.

Medienkompetenz gilt heute als kritischer Faktor in der Demokratie. Bildrechte: MDR MEDIEN360G

AfD-Klientel mit niedriger Medienkompetenz

Die NV-Studie hat Medienkompetenz auch im Zusammenhang mit Parteipräferenzen untersucht: Das Ergebnis: Die höchste Medienkompetenz hatten FDP-Anhänger und Anhängerinnen, dicht gefolgt von den Grünen. Danach kommen Sympathisanten der Linken und der SPD. Ziemlich genau im Gesamtdurchschnitt rangiert der Studie zufolge CDU-Wählerschaft. Wenig Medienkompetenz wurde hingegen AfD-Sympathisanten attestiert, sie lagen abgeschlagen auf dem letzten Platz.

Warum ist Medienkompetenz so wichtig?

"Während Pandemien, ökonomischen Krisen oder auch Wahlkämpfen zeigt sich besonders deutlich, dass funktionierende Demokratien auf gut informierte Bürger und Bürgerinnen angewiesen sind", schreiben die NV-Autoren. Wie gut Menschen Nachrichten verstünden und einordnen könnten habe Einfluss, wie "anfällig sie für Populismus werden, Vertrauen in Institutionen verlieren und Falschnachrichten vielleicht millionenfach an Freunde und Familie verbreiten". Medienkompetenz sei heute ein kritischer Faktor für Demokratie geworden. Durch den radikalen Medienwandel würden Journalisten ihre traditionelle Rolle als Gate-Keeper mehr und mehr verlieren.

Bürger:innen sind mehr denn je auf sich allein gestellt. Sie müssen für jede einzelne Nachricht jedes Mal aufs Neue selbst darüber entscheiden, ob eine Quelle oder Information für sie vertrauenswürdig ist. Und ob sie sie lesen, liken, oder sogar weiterleiten und mit anderen teilen.

Anna-Katharina Meßmer, Alexander Sängerlaub und | Autoren der Studie "Quelle: Internet"? der Stiftung Neue Verantwortung

Wie ist das Mediensystem aufgebaut?

Doch wie ist das Mediensystem nun aufgebaut? Wie unabhängig sind die einzelnen Medien wirklich und wie wirkt sich der digitale Wandel aus? Und was hat das alles mit Facebook und Fake News zu tun? Basisinformationen zu vielen Aspekten stellt die Bundeszentrale für politische Bildung hier zur Verfügung. Wozu es führt, wenn sich seröse und Fakenews im Netz vermischen, wie sich und Hass und Hetze verbreiten und wie einfach im Internet manipulieren lässt, erfahren sie hier im Podcast der MDR-Hörfunksendung "Dienstags direkt".

Quelle: MDR/kt/epd