Symbolfoto Heizkostenzuschuss
Mit dem Drosseln der Heizung sparen Unternehmen bares Geld. Tipp: Wer die Heizung kurz unter die Stufe 3 dreht, heizt den Raum auf 19 Grad. Bildrechte: IMAGO/Wolfgang Maria Weber

Arbeitsrecht Energie sparen in Unternehmen - und was ist mit dem Arbeitsschutz?

08. November 2022, 11:30 Uhr

Die Temperaturen sind im Moment wirklich energiesparfreundlich - ruhiges, warmes Herbstwetter. Aber irgendwann kommt der Winter und dann soll auf Arbeit nicht mehr so stark geheizt werden. Wie kalt wird es dann in den Räumen? Und was ist mit dem Arbeitsschutz? Der Dresdner Arbeitsrechtler Silvio Lindemann klärt auf.

Wir sind alle aufgerufen, Energie zu sparen, auch am Arbeitsplatz. Muss der Arbeitgeber nun zwingend die Heizung drosseln?

Silvio Lindemann: Man muss zwischen den privaten Arbeitgebern und Unternehmen und den öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern, also zum Beispiel Kommunen, Kreisen und den städtischen Unternehmen, unterscheiden. Bei den privaten Unternehmen gibt es momentan noch keine kurzfristige Pflicht zum Energiesparen.

Seit 1. September gibt es die sogenannte Energiesparverordnung. Damit werden die öffentlichen Unternehmen verpflichtet, kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen. Einige haben das sicherlich auch schon gemerkt. Da wird auf Fluren und Treppenhäusern die Heizung abgestellt. Das Wasser ist kalt und die Raumtemperatur wird auf maximal 19 Grad reduziert. Das gilt bei leichten sitzenden Tätigkeiten.

Für private Arbeitgeber gilt so eine Pflicht nicht. Die können das freiwillig machen. Für die privaten Arbeitgeber gilt es, mittelfristig solche Maßnahmen zu prüfen und dann auch umzusetzen, zum Beispiel bei der Heizung, aber kurzfristig gilt das nicht.

Was ist beim Arbeitsschutz zu beachten?

Wir haben das Arbeitsschutzgesetz und die Arbeitsstättenverordnung. Und die schreibt sehr viel vor, was die Raumtemperaturen in Arbeitsstätten angeht, das Licht, die Lüftung. Der Arbeitsschutz steht über dem Energiesparen, das heißt, der Arbeitsschutz ist in jedem Fall einzuhalten.

Die neue Verordnung, die es jetzt gibt, hat eine gewisse Erleichterung gebracht - beziehungsweise eine Ausnahmemöglichkeit. Die Raumtemperatur darf jetzt ein Grad weniger betragen. Bei leichten sitzenden Tätigkeiten waren es bisher 20 Grad. Da dürfen es jetzt 19 Grad sein. Bei leichten Tätigkeiten im Gehen und Stehen dürfen das auch 18 Grad sein. Das ist nicht mehr allzu viel.

Der Arbeitsschutz steht über dem Energiesparen.

Silvio Lindemann Fachanwalt für Arbeitsrecht

Frau erledigt die Buchhaltung
Büroarbeit gehört zu den leichten sitzenden Tätigkeiten - eine Raumtemperatur von 19 Grad ist als kurzfristige Maßnahme zum Energiesparen zulässig. Bildrechte: IMAGO / Roman Möbius

Mitten im Winter können 19 Grad, wenn man nur am Schreibtisch sitzt, ganz schön kühl werden …

Diese kurzfristige Maßnahme ist erst einmal befristet bis Ende Februar 2023 möglich. Die öffentlichen Arbeitgeber müssen das tun. Und die privaten Arbeitgeber dürfen es. Und es wäre auch zulässig. Da kann man sich nicht beschweren. Es ist arbeitsschutzrechtlich zulässig, die Raumtemperatur so zu reduzieren und auch das Wasser zum Beispiel kaltzustellen.

Welche Maßnahmen würden zu weit gehen?

Wenn die Temperatur unter 19 Grad fällt, dann kann ich mich beschweren. Es gibt auch Ausnahmen für bestimmte Bereiche wie Kitas und Krankenhäuser. Da muss zum Beispiel warmes Wasser vorgehalten werden.

Wie sieht es beim Licht aus, darf da abgedunkelt werden?

Beim Licht gibt es überhaupt keine Ausnahmen. Das Licht muss in Arbeitsräumen brennen, es muss ausreichend hell sein. Es muss also Tageslicht-Bereiche geben und wenn das nicht ausreicht, muss nachgeholfen werden mit künstlichem Licht. Da gibt es auch keine Ausnahmen durch die Energiesparverordnung.

Beim Licht gibt es überhaupt keine Ausnahmen.

Silvio Lindemann Fachanwalt für Arbeitsrecht

Drei Menschen in einem Büro
Arbeitsräume müssen gut ausgeleuchtet sein. Hier dürfen Arbeitgeber nicht sparen. Bildrechte: Colourbox.de

Wenn Unternehmen die Energiekosten wegen des Arbeitsschutzes nicht senken können - dürfen sie die Kosten auf die Arbeitnehmer umleiten?

Arbeitsschutz ist immer eine Sache des Arbeitgebers. Er kann die Arbeitnehmer nicht in die Verantwortung nehmen. Er kann natürlich gewisse Maßnahmen anordnen, also zum Beispiel, dass das Licht ausgeschaltet wird oder die Monitore ausgeschaltet werden. Wer sich daran nicht hält und es würde ein Schaden entstehen, der nachweisbar ist, da könnten die Arbeitgeber die Arbeitnehmer auch in die Pflicht nehmen und Schadensersatz verlangen. Aber das ist rein theoretisch. Ansonsten ist Arbeitsschutz die Sache des Arbeitgebers. Das muss er auch selber bezahlen.

Wie ist es im Moment: Werden die Energiesparmaßnahmen in den Unternehmen umgesetzt?

Die meisten Unternehmen sind relativ fit, was das angeht, die sind gut informiert. Man muss aber auch sagen, es gibt sehr viele, die das auch ignorieren. Da werden die Heizungen voll aufgedreht. Da brennt das Licht in Hausfluren, teilweise auch spätabends, obwohl keiner da ist.

Wenn Arbeitnehmer beobachten, dass der Chef nicht spart, können sie ihn dann melden?

Im privaten Bereich wäre so ein Verhalten kein Problem, weil da die Pflicht zum Energiesparen nicht besteht. Bei öffentlichen Arbeitgebern wäre das aber Pflichtverletzung. Der öffentliche Arbeitgeber muss Energie sparen und kann auch zur Rechenschaft gezogen werden. Dann könnte man das melden.

MDR (elp/ino)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 08. November 2022 | 09:00 Uhr

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