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Steigende Energiekosten sorgen für Verunsicherung bei der Wirtschaft, bei Verbrauchern und auch bei Kommunen. Bildrechte: IMAGO / Panama Pictures

EinsparpotenzialEnergiekrise: Verdi will Geschäfte im Winter 19 Uhr dicht machen, Kliniken in Not

14. September 2022, 20:27 Uhr

Angesichts explodierender Energiepreise schlägt die Gewerkschaft Verdi eine Verkürzung der Ladenöffnungszeiten vor. Unterdessen gibt es immer mehr Forderungen ans Land nach konkreten Hilfen, so etwa aus Klinken. Die Kommunen fordern auch, an Kohle- und Atomstrom festzuhalten. Sie warnen vor Insolvenzen und Armut.

Die steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten rufen Gewerkschaften und Kommunalverwaltungen auf den Plan. Die Forderungen nach einem Handeln sowohl der Bundes- als auch der sächsischen Landespolitik werden lautern. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi schlägt in einem offenen Brief an die Fraktionsvorsitzenden der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen und der Partei Die Linke im Sächsischen Landtag beispielsweise vor, die Ladenöffnungszeiten in der dunklen Jahreszeit auf 7 bis 19 Uhr zu begrenzen. Das könne Energie sparen, hieß es. "Eine solche Entscheidung würde die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten im Einzelhandel begrüßen", teilte Verdi unter Berufung auf Betriebsräte großer Handelskonzerne mit. Die Gewerkschaft bezeichnet die Öffnungszeiten schon länger als ausgeufert und sozial unverträglich.

DGB fordert eigenes Hilfspaket in Sachsen

Im Zusammenang mit Diskussionen um einen Notfallfonds in Sachsen sieht auch der Landesverband des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) entschiedenen Handlungsbedarf der Landesregierung. Der Vorsitzende des DGB Sachsen, Markus Schlimbach, sagte: "Die Sächsische Staatsregierung muss jetzt Handlungsfähigkeit beweisen und den Menschen in Sachsen mit einem eigenen Hilfspaket Sicherheit geben."

Geht es nach Verdi, könnten Kunden künftig früher vor geschlossenen Ladentüren stehen. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Stefan Sauer

Eine massive Konsumzurückhaltung wäre jetzt Gift für die Unternehmen.

Markus Schlimbach | DGB-Landeschef Sachsen

Insbesondere Menschen mit niedrigen Einkommen rechneten angesichts gestiegener Heizkosten mit großen finanziellen Schwierigkeiten. Aber auch bei Menschen mit mittleren Einkommen würden die Sorgen größer. Wichtig sei laut Schlimbach, dass "die Entlastungen bei den Menschen im Portemonnaie und auch in den Köpfen ankommen". Der DGB-Landeschef mahnt: "Eine massive Konsumzurückhaltung wäre jetzt Gift für die Unternehmen." Für das Hilfspaket müssten ideologischen Bremsen bei der Reform der Schuldenbremse gelöst werden, fordert Schlimbach. In der aktuellen Situation sei "das Beharren auf der in Sachsen besonders starren und unflexiblen Schuldenbremse mit einem viel zu kurzen Tilgungszeitraum fahrlässig".

Hilferuf aus sächsischen Krankenhäusern

Finanziellen Problemen sehen sich auch die Kliniken gegenüber: Die Krankenhäuser in Sachsen haben angesichts der steigenden Inflation und Energiekrise schnelle finanzielle Hilfe vom Staat gefordert. Das sagte der Vorstandsvorsitzende der Krankenhausgesellschaft Sachsen, Sven Langner. Die Situation der Krankenhäuser sei derzeit so angespannt und belastet wie nie zuvor. Allein die Lücke zwischen Kosten und Erlösen für die sächsischen Krankenhäuser betrage rund 400 Millionen Euro. Zudem seien durch steigende Energiekosten und teures medizinisches Material die Sachkosten enorm gestiegen, hieß es.

Die Krankenhausgesellschaft bezifferte die Summe der ungedeckten Sachkosten für das nächste Jahr auf rund 150 Millionen Euro. Zudem gehe es um langfristige Lösungen, wie die Patientenversorgung kostendeckend erfolgen könne. Die Krankenhausgesellschaft vertritt als Landesverband 78 Krankenhäuser mit mehr als 58.000 Beschäftigten.

Kommunen plädieren für längere AKW-Laufzeiten

Die Präsidenten des Sächsischen Städte- und Gemeindetages (SSG) und des Sächsischen Landkreistages (SLKT) haben sich ebenfalls mit einem Appell an die Bundes- und Landespolitik gewandt. Angesichts der dramatischen Auswirkungen der Energiekrise aufgrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine fordern die kommunalen Landesverbände eine Reihe von Maßnahmen, um die Auswirkungen der Energiekrise auf alle Bereiche des öffentlichen, wirtschaftlichen und sozialen Lebens abzumildern. Der Oberbürgermeister von Radebeul und SSG-Präsident, Bert Wendsche, sagte: "Es hilft der Ukraine nicht, wenn die Menschen hier ihre Gas- und Stromrechnungen nicht mehr bezahlen können und eine Insolvenzwelle durchs Land rollt."

Es hilft der Ukraine nicht, wenn die Menschen hier ihre Gas- und Stromrechnungen nicht mehr bezahlen können und eine Insolvenzwelle durchs Land rollt.

Bert Wendsche | Oberbürgermeister der Stadt Radebeul und Präsident des SSG

Die Kommunalvertreter fordern, "so lange es technisch möglich ist, bestehende Kraftwerkskapazitäten in den Bereichen Kernkraft und Kohle beizubehalten". Zudem müsse "für einen absehbaren Zeitraum eine Gas- und Strompreispreisobergrenze für alle Verbrauchergruppen" eingeführt werden. Auf Landesebene sei "ein Krisenbewältigungskonzept erforderlich". Dieses Konzept müsse sich mit möglichen Versorgungsausfällen bei Gas und Strom, mit der Erhaltung kritischer Infrastruktur und mit dem Schutz vulnerabler Gruppen beschäftigen. Erforderlich sei hierbei ferner die Koordination durch die oberste Katastrophenschutzbehörde

Sächsische SPD-Landtagsfraktion für Gaspreisdeckel

Bei einer Klausurtagung am 13. September hat die sächsische SPD-Landtagsfraktion nach eigenen Angaben "ein Positionspapier zur Energiekrise beschlossen". Darin werde gefordert, dass neben einem Strompreisdeckel auch ein Gaspreisdeckel eingeführt werden soll. Zudem werde "ein Rettungsschirm für die sächsischen Kommunen, eine solidarische Finanzierung der Krise mit einer Übergewinnabgabe, ein Härtefallfonds und ein durch das Land co-finanzierter Nachfolger für das 9-Euro-Ticket gefordert".

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MDR (lam)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 14. September 2022 | 16:00 Uhr