Supermond und Straßenlaterne
Laternen aus? Bei der Straßenbeleuchtung zu sparen, ist nur eine Möglichkeit, die Kommunen in Sachsen in Erwägung ziehen, um Energie und damit Kosten zu sparen. Bildrechte: IMAGO/Marc John

Gas- und Strompreise Laterne aus, Schwimmbad zu: Sachsens Kommunen in der Energiekrise

07. September 2022, 13:17 Uhr

Die Einsparverordnung der Bundesregierung aus Sorge um mögliche Gasenpässe ist Anfang September in Kraft getreten. Wegen der hohen Energiepreise suchen Sachsens Kommunen nach weiteren Sparmöglichkeiten. Bei einigen steht der Maßnahmenkatalog bereits fest, in anderen Kommunen werden die Einsparpotentiale noch ausgelotet, um sie in den nächsten Tagen im Stadtrat zu diskutieren.

Die Preisspirale dreht sich weiter nach oben. Selbst Kleinstädte mit weniger als 10.000 Einwohnern rechnen mit Mehrkosten von über einer Million Euro bei ihrem Energieverbrauch. Wer die Millionen nicht stemmen kann, muss den Gürtel enger schnallen. Schulen und Kitas sind unantastbar, so kommt als nächster großer Energiefresser die Straßenbeleuchtung aufs Tableau.

Straßenbeleuchtung als großer Posten

Durch Umstellung auf LED-Lampen hat beispielsweise Mittweida die Kosten für das Straßenlicht von 144.000 Euro im Jahr 2020 auf 112.000 Euro bereits abgesenkt, wie Oberbürgermeister Ralf Schreiber mitteilt. Nun soll deren Beleuchtungszeit verkürzt werden. Eine entsprechende Vorlage werde Ende September durch den Stadtrat gehen.

Auch in Torgau wird überlegt, einzelne Laternen abzuschalten, wenn sie nicht zwingend der Verkehrssicherheit dienen, heißt es dort aus dem Rathaus. Pirna wird in der nächsten Stadtratssitzung die Änderung der Schaltzeiten für die öffentliche Straßenbeleuchtung beraten. "Wir müssen auf unseren Haushalt schauen und geeignete Maßnahmen finden, um die steigenden Kosten zu kompensieren und die dauerhafte Leistungsfähigkeit sicherzustellen", betont Pirnas OB Klaus-Peter Hanke.

Laternen beleuchten in der Dunkelheit eine Straße
Ein großer Kostenpunkt ist die Straßenbeleuchtung, weshalb viele Kommunen hier ansetzen wollen. Bildrechte: IMAGO / NurPhoto

In Dresden wird die Straßenbeleuchtung weiter gedimmt und das Zeitintervall dafür vergrößert. "Geprüft wird eine Abschaltung  jeder zweiten Leuchte zwischen 22 Uhr und 6 Uhr", so die Verwaltung. Gewerbegebiete könnten komplett dunkel bleiben.

Wir müssen auf unseren Haushalt schauen und geeignete Maßnahmen finden, um die steigenden Kosten zu kompensieren und die dauerhafte Leistungsfähigkeit sicherzustellen.

Klaus-Peter Hanke Oberbürgermeister von Pirna

Laternen bleiben in Zittau angeschaltet

Trotz Einsparpotenzial hat sich Zittau bewusst gegen das Ausschalten der Straßenbeleuchtung entschieden. Ja, hier könnte man konkret sparen, aber man habe sich wegen des Sicherheitsgefühls innerhalb der Bevölkerung und der Sicherheitslage dagegen entschieden, erklärt Oberbürgermeister Thomas Zenker.

Dafür wird die Stadtgärtnerei samt Gewächshaus über den Herbst und Winter geschlossen und nicht wie sonst mit Erdgas beheizt, um Blumen für die Frühlingsbepflanzung heranzuziehen. "Das heißt, im Frühjahr wissen wir tatsächlich noch nicht genau, wie viele Bepflanzungen wir leisten können, da wir es dann vom Markt einkaufen müssen", sagt Zenker. Nach aktueller Gaspreisentwicklung würden so 26.000 Euro eingespart, steht im Verwaltungsplan.

Wir haben uns wegen des Sicherheitsgefühls innerhalb der Bevölkerung gegen das Abschalten der Straßenbeleuchtung entschieden.

Thomas Zenker Oberbürgermeister von Zittau

Kaltes Wasser und dünnes Eis

Dicht gemacht wurde die Schwimmhalle im Zittauer Ortsteil Hirschfelde und das Schulschwimmen komplett ins Zittauer Stadtbad umgelenkt. Mit einkalkulierter Energiepreissteigerung spart die Stadt mit der geschlossenen Schwimmhalle 127.000 Euro.

Schwimmhallen müssen in den Kommunen zur Abdeckung des Schulschwimmens in Betrieb bleiben. Darauf weist auch die Stadtverwaltung von Weißwasser hin. Hier, wie in vielen anderen Bädern wurden die Beckentemperaturen abgesenkt, ebenso die Lufttemperatur und die Temperaturen in den Umkleiden. Größter Stromfresser in Weißwasser ist jedoch die Eisarena. Dort sei schon vor der Inkrafttreten der Bundessparverordnung die Eisdicke reduziert worden. Zudem wurden die Umluftanlagen auf das Minimum heruntergefahren. 

Rathausmitarbeiter ins Homeoffice

In Torgau wird überlegt, die Temperaturen des warmen Wassers in öffentlichen Gebäuden zu senken. Allerdings müsse dabei immer darauf geachtet werden, dass es nicht zu einer Legionellenbildung im Trinkwasser kommt, so Sprecherin Eileen Jack. Um Strom- und Heizkosten zu sparen, wird derzeit überlegt Mitarbeitern im Rathaus Homeoffice anzubieten. "Aktuell rechnet die Stadt mit erheblichen Kostensteigerung im kommenden Jahr im Bereich von 300 bis 400 Prozent", so Jack.

Kleinigkeiten im Fokus: Boiler, Händetrockner und Kühlschränke auf dem Prüfstand

Die Stecker von Boilern und Durchlauferhitzern werden jetzt vielerorts gezogen. In Reichenbach ist das Abschalten von Händetrocknern in den Verwaltungsgebäuden geplant. Auch ist ein reduzierter Betrieb von Fahrstühlen - nur für Menschen mit Behinderungen - angedacht. Kühlschränke der Ortswehren könnten ausgestellt und nur bei besonderen Anlässen in Betrieb genommen werden. In Zittaus Verwaltung wird ebenfalls auf die Kühlschränke geschaut. Alte Geräte und Geräte mit Tiefkühlfach sollen aussortiert werden. Im Rathaus sollen sich möglichst mehrere Referate einen Kühlschrank teilen. Der Spareffekt dadurch wird allerdings als gering beziffert.

Zwickau hat das Licht in Fluren und Treppenhäusern öffentlicher Gebäude tagsüber ausgeschaltet. Dresden will die Temperaturen in den Toiletten öffentlicher Gebäude auf 15 Grade senken. Mit einer Informationskampagne will die Stadt Chemnitz ihre Mitarbeitenden dazu anhalten, die Computer auszuschalten nicht im Standby zu lassen. Markkleeberg schaltet im Agra-Park die Fontäne im Großen Parkteich nur noch stundenweise ein. Pirna schickt seine Wasserspiele und Springbrunnen eher in die Winterruhe. Dresden zieht die Winterfestmachung der rund 300 städtischen Springbrunnen ebenfalls vor.

Krisenstäbe und Arbeitsgruppen

Die Kommunen gucken nicht erst seit heute auf ihre Kosten und einige haben längst ein Energie-Management etabliert. So beschäftigt die Stadt Reichenbach seit fünf Jahren einen Energiemanager der mit vielen Aktivitäten bereits Einsparungen erreichen konnte. 266.000 Euro an Kosten für Strom, Wärme und Wasser habe man dadurch sparen können, heißt es. Doch der aktuelle finanzielle Druck gibt vielen Orten auch einen Schub. So rüstet Coswig in den nächsten Monaten im großen Stil Laternen auf LED um. In Pirna haben Photovoltaik-Bauprojekte auf kommunalen Gebäuden eine höhere Priorität erhalten.

Dazu haben Reichenbach und Plauen Krisenstäbe eingerichtet. In Torgau gibt es seit Juli eine Arbeitsgruppe, auch in Weißwasser ist eine sogenannte AG Winter aktiv, Dresden hat die "Taskforce Energiesparen", um nur einige Beispiele zu nennen. Die Sparziele klingen ambitioniert: "Das Ziel unserer gemeinsamen Anstrengungen muss es sein, 15 Prozent an Energie einzusparen. Ich beziehe dies nicht alleine auf Gas, sondern auf alle fossilen Energieträger und auch den Strom", erklärt etwa Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung. Dresden will einen Jahresverbrauch  von fast 1.500 Familien für Strom und Wärme einsparen, kündigt Dresdens OB Dirk Hilbert an. 

Das Ziel unserer gemeinsamen Anstrengungen muss es sein, 15 Prozent an Energie einzusparen.

Burkhard Jung Oberbürgermeister von Leipzig

Prinzipiell werden in allen Städten und Gemeinden in diesem Monat Sparmaßnahmen das Thema in Stadträten und anderen Bürgergremien sein. Wegen der Energiekrise ist es bereits zu einer Haushaltssperre gekommen. Das mittelsächsische Mittweida hat sie sich vorsorglich verhängt.

MDR (ma)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 06. September 2022 | 19:00 Uhr

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