SchleuserGewerkschaft der Bundespolizei fordert stationäre Grenzkontrollen in Sachsen
Knapp 5.000 illegale Einreisen hat es allein im August in Sachsen gegeben. Das sagt Innenminister Armin Schuster. Besonders die zahlreichen, oft dramatischen Schleusungen machen den Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei zu schaffen. Deren Gewerkschaft hat sich nun mit einer Forderung an die Bundesregierung gewandt und dabei Bundesinnenministerin Nancy Faeser scharf kritisiert.
- Aufgrund der anhaltend hohen Zahl illegaler Einreisen nach Deutschland fordert die Gewerkschaft der Bundespolizei Grenzkontrollen.
- Auch Sachsens Innenminister Armin Schuster ist für den Vorschlag.
- Der Bund setzt weiter auf Schleierfahndung.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Bundespolizei (DPolG), Heiko Teggatz, hat sich für stationäre Kontrollen der Grenze zu Polen und Tschechien ausgesprochen. Teggatz sagte am Mittwoch, die Bundesregierung mache derzeit alles falsch, was man nur falsch machen könne.
Die Bundesregierung macht derzeit alles falsch, was man nur falsch machen kann. Unsere Forderung nach Grenzkontrollen steht nach wie vor.
Heiko Teggatz | Vorsitzender der Gewerkschaft der Bundespolizei
Bei seiner Kritik griff er insbesondere Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) an. Sie habe "nicht den Mut, der EU zu signalisieren, dass Kontrollen solange nötig seien, solange die EU-Außengrenzstaaten ihre Aufgaben nicht wirklich wahrnehmen", so Teggatz.
Teggatz: "Keine andere Möglichkeit außer Grenzkontrollen"
In Anbetracht der Überfüllung von Erstaufnahmeeinrichtungen in Sachsen und Brandenburg bleibe den Bundesländern keine andere Möglichkeit als Grenzkontrollen, meinte Teggatz. Derzeit nehme die Bundespolizei die Menschen nur in Empfang. Die Schutzbedürftigkeit der einreisenden Personen spiele da keine Rolle.
"Meine Kolleginnen und Kollegen nehmen ihn in Empfang, stellen fest, dass jemand unerlaubt eingereist ist und leiten dann weiter an die Aufnahmeeinrichtungen." Teggatz sagte, die Bundespolizei müsse im Rahmen stationärer Kontrollen die Grenzlinie sichern - nicht an jedem Grenzübergang, aber an einzelnen, wechselnden Stellen.
Sachsens Innenminister unterstützt Forderung
Bei seinen Forderungen bekommt der Gewerkschafter Zuspruch von Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU). Schuster forderte am Mittwoch im Sächsischen Landtag ebenfalls wiederholt stationäre Grenzkontrollen, um Schleuserkriminalität einzudämmen.
Die Szenen an den Außengrenzen des Freistaats seien haarsträubend, sagte Schuster am Donnerstag morgen noch einmal dem "Deutschlandfunk". Menschen würden in Kleintransporter oder Kombis gepresst, teils seien 20 Personen in den Fahrzeugen, und der Fahrer sei ein 15-Jähriger. Die Bundespolizei müsste von Bundesinnenministerin Nancy Faeser unmittelbar auf die Grenzlinie gesetzt werden, forderte er.
Knapp 5.000 Einreisen im August
Eine Zurückweisung der Menschen sei nach überwiegender Rechtsauffassung nur vor der Einreise möglich, sagte Schuster. Wer einmal eingereist sei, könne nur in einem langwierigen Verfahren abgeschoben werden, das oft scheitere. Im August sind in Sachsen laut Schuster knapp 5.000 Menschen erfasst worden, die illegal über die Grenze gekommen sind. Zwei Jahre zuvor seien es im August 2021 nur 402 gewesen.
Bund setzt auf Schleierfahndung
Trotz dieser Entwicklung beißen Teggatz und Schuster mit ihrer Forderung nach stationären Grenzkontrollen beim Bundesinnenministerium weiter auf Granit. Ein Sprecher teilte auf Anfrage von MDR SACHSEN mit, die Dringlichkeitsschwelle für dieses letzte Mittel sei noch nicht überschritten.
Das aktuelle Vorgehen finde eine Stufe unterhalb von Grenzkontrollen statt und heiße Schleierfahndung. Sie erlaubt in einem 30 Kilometer breiten Korridor entlang der Grenze verdachtsunabhängige Personenkontrollen. In Sachsen dürfen Polizisten dabei die Identität der Kontrollierten feststellen und dafür auch deren Sachen durchsuchen.
Die Bundespolizei habe auch in Sachsen die Schleierfahndung deutlich ausgeweitet, erklärt das Bundesinnenministerium. Sie sei dafür mit Bereitschaftspolizisten personell erheblich verstärkt worden. Beim Aufgreifen illegal Eingereister werde in jedem Einzelfall eine sofortige Ausweisung geprüft und möglichst auch vollzogen. Beantragten die Aufgegriffenen allerdings Asyl, gehe es für sie nicht zurück über die Grenze, sondern in die nächste Erstaufnahme. Und das wäre auch bei stationären Kontrollen nicht anders, betont der Ministeriumssprecher.
Falsch, richtig oder viel mit wenig Wirkung?
Gibt es also gar keine wirksame Handhabe, um illegale Migranten von Deutschland fernzuhalten? Auf den Vorwurf von Teggatz, die Bundesregierung und vor allem Ministerin Faeser machten in diesem Bereich derzeit alles falsch, antwortete das Bundesinnenministerium weder mit einem Dementi noch mit einer Zustimmung. Stattdessen listet das Bundesinnenministerium in einer mehrseitigen Antwort an MDR SACHSEN das dezeitige Handeln auf.
So würden beispielsweise Verhandlungen zur Reform des Europäischen Asylsystems weiter voran getrieben. Die im Juni erzielte Einigung auf Asylprüfungszentren an den EU-Außengrenzen seien ein Erfolg, hieß es. Unklar ist allerdings wann diese eingerichtet werden.
Von den Bundesländern verlangt Faeser, alle vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, um Schleusern ihre Aufenthaltstitel zu entziehen. Der Straftatbestand der Schleusung soll künftig per Gesetz ein Ausweisungsgrund sein, heißt es aus dem Bundesinnenministerium. Gleichzeitig biete der Bund den Ländern und Kommunen Liegenschaften für Asylunterkünfte an und erleichtere den Bau solcher und sozialer Einrichtungen. Auch das Technische Hilfswerk könne zur Unterstützung angefordert werden.
MDR (ben/stt)/reuters/epd
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 21. September 2023 | 06:00 Uhr