KinderbetreuungWeil Kinder fehlen: Kitas schließen in Sachsen
Den Kindergärten in den großen Städten Sachsens fehlen zunehmend die Kinder. Einige Kitas stehen vor dem Aus. Doch die Kommunen wollen nicht nur Kindertagesstätten schließen. Erzieherinnen und Erzieher sehen Chancen im sinkenden Platzbedarf, auch weil die pädagogische Arbeit schwerer geworden ist. Personal soll nicht abgebaut abgebaut werden, heißt es.
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- Weil die Geburtenrate sinkt, planen die Kommunen in Sachsen die Schließung von Kitas mit Tausenden Plätzen.
- Die Städte versuchen den Bedarfseinbruch an Kita-Plätzen als Chance für eine bessere pädagogische Betreuung zu nutzen.
- Das Kultusministerium erwartet einen weiteren Rückgang der unter Sechsjährigen. Personal soll nicht agebaut werden.
Viele Jahre haben Eltern lange auf einen Kita-Platz in Sachsen warten müssen. Doch weil der Bedarf auch in den Großstädten deutlich zurückgegangen ist, ist die Jagd auf den heiß begehrten Betreuungsplatz mittlerweile einfacher. Die Kehrseite: Wenn zu viele Kinder fehlen, müssen Kitas schließen. Wie auch in Dresden. Dort sollen bis 2026 zunächst sechs und bis 2029 weitere fünf Kindergärten zumachen. Wie die Kita-Abteilungsleiterin in Dresden, Sabine Grohmann, mitteilte, fallen damit 3.500 Plätze weg.
Geschlossen würden jedoch nur Kitas, die in Containern einquartiert wurden, um Spitzen bei der Betreuung aufzufangen, betont Grohmann. Dennoch seien Schließungen notwendig. "Der Einbruch bei den Geburten ist stärker als ursprünglich angenommen", sagte sie. Es ergeben sich ihr zufolge aber auch Chancen: "Wir wollen die Möglichkeit nutzen, eine Reserve zu schaffen und die Bildungs- und Betreuungsqualität weiter zu verbessern." Deswegen würden Erzieherinnen nicht entlassen.
Dresden: Einbruch von Geburtenrate nicht erwartet
Grohmann zufolge war ein Rückgang bei den Geburten durchaus einkalkuliert, weil schon in den 90er-Jahren weniger Dresdner und vor allem weniger Dresdnerinnen zur Welt kamen. Nicht vorhergesehen war jedoch, dass die Geburtenrate von einst 1,6 auf jetzt 1,24 Kinder je Frau einbrach. "Es fehlen einfach die Mütter", erklärte Grohmann. Ihr zufolge kommen aktuell gut 21.000 Kinder im Alter von drei bis sieben Jahren jährlich in die Kindergärten. In drei bis fünf Jahren würden es nur noch etwa 17.600 sein.
Es fehlen einfach die Mütter.
Sabine Grohmann | Abteilungsleiterin der Kindertagesstätten in Dresden
Laut Grohmann soll der Rückgang nun genutzt werden, um die Betreuung zu verbessern. Immer mehr Kinder seien sozial-emotional auffällig, erklärte sie. Diese Kinder seien aggressiv gegen sich, andere Kinder und die Betreuer. Sie bedürften mehr Zuwendung. Es gebe auch immer mehr Kinder mit Defiziten in der sprachlichen Entwicklung und Sprachbarrieren. Mit einem Betreuungsschlüssel von derzeit 17,7 Kindern je Betreuerin sei das kaum zu bewältigen. Mehr Personal böte da Chancen.
Leipzig: Kitas als Reserve vorhalten
Auch die Stadt Leipzig sieht nach eigenen Angaben im Rückgang an Kindern Vorteile für die künftige Betreuung. Weniger Kinder bedeute auch mehr Platz in den Kitas und eine bessere pädagogische Arbeit. Nur noch knapp 5.000 Kinder wurden laut Stadt im vergangenen Jahr in Leipzig geboren. Das seien etwa 1.000 weniger als 2022. Der Rückgang werde sich schätzungsweise bis 2027 fortsetzen. Erst dann werde durch Zuzüge wieder ein moderates Wachstum bei Einwohnern und Kindern erwartet. Laut Stadt will man die Zeit nutzen, um Kindergärten Stück für Stück zu sanieren. Vereinzelt sollen Kitas schließen oder als Reserve dienen.
Chemnitz: Nur Hälfte der Krippenplätze gefragt
In Chemnitz sollen nach Angaben der Stadt bis kommendes Jahr insgesamt 440 Kindergarten- und Krippenplätze abgebaut werden. Großflächige Schließungen soll es nicht geben. Stattdessen soll es durch den Kitaplatz-Abbau mehr Raum für Erziehende und Kinder in den Einrichtungen geben. Lediglich die Kita in der Fürstenstraße soll 2028 schließen.
Im Jahr 2022 wurden den Angaben zufolge nur etwa die Hälfte der vorhandenen Kita-Plätze in der Krippenbetreuung beansprucht. Auch für Kinder im Kindergartenalter sei das Platzangebot größer als der Bedarf. Von den knapp 8.000 Plätzen sind mehr als zwei Drittel beansprucht worden. Hinweis der Redaktion: In einem vorherigen Beitrag stand, dass fünf Kindergärten in den kommenden Jahren in Chemnitz schließen sollen. Diese Angabe beruhte auf einer fehlerhaften Agenturmeldung. Wie die Stadt Chemnitz auf Anfrage von MDR SACHSEN mitteilte, wird nur die Kita in der Fürstenstraße geschlossen. Wir entschuldigen uns für den Fehler.
Zahl der unter Sechsjährigen sinkt weiter
Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) plädiert dafür, dass mit den Kita-Schließungen nicht am Personal gespart werden sollte. Mehr Personal bei weniger Kindern bedeute bessere Erziehung, sagte der CDU-Politiker: "Damit würden wir die Qualität stärken." Laut Ministerium wurden 2022 in etwa 3.000 Kindertagesstätten fast 318.000 Kinder betreut.
In den vergangenen zehn Jahren sei die Zahl um mehr als 50.000 Kinder gestiegen. Der Scheitelpunkt sei jedoch überschritten. Der bisherige Höchstwert habe 2020 bei mehr als 326.200 Kinder gelegen. Prognosen zufolge werde die Zahl der unter Sechsjährigen bis 2025 um etwa zehn Prozent weiter sinken.
MDR (phb)/dpa
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 04. Februar 2024 | 10:00 Uhr