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Kohle-AusstiegLausitz: Energiekonzern LEAG will in Braunkohle-Tagebauen Öko-Strom produzieren

24. Oktober 2022, 05:00 Uhr

Aktuell graben die Bagger ohne Pause Braunkohle aus der Lausitz – spätestens 2038 soll damit Schluss sein. Doch das soll nicht das Ende der LEAG sein. Der Lausitzer Energiekonzern will sich neu aufstellen und in den ehemaligen Tagebauen Öko-Strom aus Wind und Sonnenenergie produzieren. Man verspricht sich davon einen Entwicklungsschub für die Region, da sich neue Großindustrieansiedlungen aufgrund des Grünen Stroms für die Region interessieren würden. Wie erfolgversprechend ist das?

Die Menschen in der Lausitz mussten in den letzten Jahrzehnten viel ertragen. Arbeitsplätze gingen verloren, junge Menschen kehrten ihrer Heimat den Rücken. Mit der Braunkohleverstromung wurden lange Zeit kaum Gewinne erzeugt, sagt Weißwassers Oberbürgermeister Thorsten Pötzsch. "Wir haben ja nun in den letzten 15 bis 20 Jahren keinerlei Gewerbesteuer gesehen, trotz der ganzen Belastungen, die wir haben. Wir durften die wieder zurückzahlen aufgrund von Beschlüssen der Bundesregierung, was natürlich sehr weh getan hat. Und ein Ort wie Weißwasser, wo eben 300 Meter nach dem Ortsausgangsschild der Tagebau zu sehen ist, hat natürlich auch in naher Zukunft noch weitere Belastungen mit Staub und Lärmemission. Da muss man Ausgleiche schaffen."

Leag will in nachhaltige Stromerzeugung investieren

Diese sollen kommen, sagt man bei der Leag. Über 10 Milliarden sollen in nachhaltige Stromerzeugung investiert werden, für die Zeit nach der Kohleverstromung. Davon würden am Ende auch die Gemeinden profitieren, sagt der Leiter für Regionalentwicklung, Frank Mehlow: "Wir haben eigene Projekte, die die Leag hier in der Lausitz realisieren wird. Es geht dabei nicht nur um Grünstrom, Photovoltaik und Windprojekte, es geht auch um Weiterentwicklung der Kraftwerkstandorte. Zusätzlich dazu sollen unsere Projekte eben als Standortfaktor wirken, die neue Industrieansiedlungen generieren und eben wie gesagt zusätzliche Wertschöpfung in die Region holen."

Vor allem verspricht sich der Energiekonzern ein großes Interesse aus der Wirtschaft, für die eine Produktion mit Öko-Strom ein Wettbewerbsvorteil sein kann, so Mehlow: "Die Gespräche, die wir da führen, sind ziemlich konkret und zielen auf Industrieansiedlungen ab. Das sind kleinere und größere Themen, die hier in der Lausitz da sind und der Schwerpunkt ist da definitiv der Grünstrom, der schon als Chance gesehen wird für die Region." Diese Betriebe könnten wiederum neue Arbeitsplätze schaffen und mit ihren Steuern die kommunalen Kassen füllen.

Wirtschaftswissenschaftler hält Industrieansiedlungen für unwahrscheinlich

Ist der Grüne Strom der Leag die Lösung für den Strukturwandel? "Also ehrlich gesagt bin ich da etwas skeptisch." Wirtschaftswissenschaftler Professor Joachim Ragnitz vom Ifo-Institut gießt reichlich Wasser in den Wein: "Man muss ja sehen: Regenerative Energien werden ins Stromnetz eingespeist und die kann man dann überall anzapfen, sofern eben entsprechende Leitungen da sind. Es besteht also kein wirklicher Grund, sich dann auch in der Nähe der Erzeugungskapazitäten, in diesem Fall der Solarparks, tatsächlich anzusiedeln. Solange eine Leitung von dort – was weiß ich – nach Magdeburg oder sonst wo geht, können Sie genauso gut eben auch nach Magdeburg gehen und dort den regenerativen Strom verwenden."

Deshalb sind für Bürgermeister Pötzsch Industrieansiedlungen nicht der Königsweg. Die Arbeitslosigkeit in der Region sei niedrig, neue Betriebe würden den Fachkräftemangel verstärken. Erst wenn Menschen wieder in die Lausitz ziehen, nützt neue Industrie. Dafür muss die Region aber wieder attraktiver werden, dazu wäre wichtig: "Dass wir eben günstigen Strom kriegen für die ganzen kommunalen Einrichtungen. Wir haben eine große Eis-Arena, die fast eine Million Zuschuss erfordert in der Betreibung. Vielleicht findet man da Wege, um dort mit den Kosten herunter zu kommen. Das würde uns hier kommunal schon sehr stark helfen."

Dazu sind die Kommunen mit der Leag im Austausch. Man lässt sich dabei auch vom Ruhrpott inspirieren. Dort haben Kommunen mit dem Energiebetrieb gemeinsame Unternehmen gegründet, so profitieren alle von den Investitionen. Ein Modell, welches sich auch Pötzsch für die Lausitz vorstellen kann.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 24. Oktober 2022 | 06:00 Uhr