Fünf Wochen vor Schulbeginn Schulanfänger in Belgern haben noch keine Klassenräume

21. Juli 2022, 16:00 Uhr

Die Einschulung sollte der schönste Tag eines Schulkindes sein. Doch was ist, wenn die Klassenzimmer fehlt? Vor diesem Problem stehen Eltern und ihre Kinder in Belgern-Schildau. Bis ein geplanter Neubau der Evangelischen Grundschule fertig ist, sollten die Erstklässler in der Oberschule unterrichtet werden. Doch Schulträger und Stadt haben sich in wichtigen Details dazu noch nicht geeinigt.

In Belgern-Schildau wollen Eltern am Donnerstagabend dafür demonstrieren, dass ihre Kinder endlich Klassenräume bekommen. Was ungewöhnlich klingt, hat einen ernsten Hintergrund: Die Lage zwischen dem Träger der künftigen Evangelischen Grundschule und der Stadt ist derzeit so verfahren, dass die Schulanfänger darum fürchten müssen, nicht wie geplant, in Belgern-Schildau unterrichtet zu werden. Zum Ärger der betroffenen Familien.

Das Verfahren für eine neue Evangelische Grundschule in Belgern-Schildau läuft seit September 2021, sagte der Geschäftsführer der Evangelischen Schulgemeinschaft Niederlausitz gGmbH, Stefan Branig, MDR SACHSEN. Der Schulträger betreibt in der Stadt bereits eine Evangelische Oberschule. Bis die neue Grundschule errichtet ist, sollen die Erstklässler in die Klassenräumen der Oberschule lernen.

Knackpunkt 1: Nutzungsvereinbarung

Das ist der Knackpunkt zwischen dem Schulträger und der Stadt: Damit die Grundschüler in der Oberschule unterrichtet werden können, ist eine Nutzungsvereinbarung nötig. Und die muss die Stadt erteilen. Bisher habe sie die noch nicht ausgesprochen.

Bürgermeister Ingolf Gläser (CDU) weist hierbei darauf hin, dass ein Antrag auf eine Änderung des Nutzungsvertrages erst am 14. Juli 2022 vom Schulträger eingereicht worden sei. Der Antrag sei in Bearbeitung, dass brauche jedoch seine Zeit, sagte der Lokalpolitiker MDR SACHSEN.

Familien in großer Sorge

Derweil sorgen sich die betroffenen Familien, weil die Zeit bis zur Einschulung drängt. "Unsere Tochter hat natürlich Angst, wenn es auch mit der Plan-B-Variante in Tröbitz nichts wird. Wir stehen gerade fünf Wochen vor dem Schulanfang", sagte eine Mutter (Name liegt der Redaktion vor), deren Tochter am 27. August an der Evangelischen Grundschule eingeschult werden soll.

Unsere Tochter hat natürlich Angst, wenn es auch mit der Plan-B-Variante in Tröbitz nichts wird.

betroffene Mutter

Notlösung 37 Kilometer weit entfernt

Der Plan B sieht laut Schulgeschäftsführer Stefan Branig so aus, dass die Schülerinnen und Schüler der ersten Klasse für das erste Jahr in Tröbitz in der dortigen Evangelischen Grundschule unterrichtet werden könnten. Das Problem: Tröbitz liegt 37 Kilometer weit entfernt im Nachbarbundesland Brandenburg. Branig hofft auf eine Genehmigung der Nutzungsvereinbarung durch die Stadt, bereitet aber für den schlimmsten Fall die Notlösung für die 20 Schulanfänger vor.

Knackpunkt 2: Ohne Wegerecht keine Baugenehmigung

Ein zweiter Knackpunkt ist das Wegerechts für die neue Grundschule, das erst noch erteilt werden muss. Über ein Grundstück an der Neußener Straße soll die Zufahrt zum neuen Schulgelände erfolgen. Doch solange die Stadt der Schulgemeinschaft kein Wegerecht einräume, könne der Landkreis keine Baugenehmigung erteilen, sagt Stefan Branig. Und: "Die Stadt tut sich schwer, uns behilflich zu sein, die Grundschule zu gründen."

Er glaubt, dass manche Abgeordneten im Stadtrat eine freie Grundschule in Belgern-Schildau als Konkurrenz zur dort schon bestehenden öffentlichen Grundschule erkennen könnten: "Die staatliche Grundschule könnte ja dadurch in ihrem Bestand gefährdet sein", mutmaßt er.

Dem widerspricht Bürgermeister Ingolf Gläser: "Wir wollen die Evangelische Grundschule hier in der Stadt." Neben den schon bestehenden Schulen, wäre eine weitere Schule eine Bereicherung für Belgern-Schildau, meinte das Stadtoberhaupt.

Schulträger würde Straßenbau mitbezahlen

Warum sich die Stadt bei der Erteilung des Wegerechts zurück hält, könnte laut Branig daran liegen, dass Baukosten auf sie zukämen. Denn für das neu zu errichtende Schulgebäude müsste auch ein neuer Fußweg für Kinder an der Neußener Straße gebaut werden.

Eine Lösung des Problems wird erst dann wirksam, wenn sich die Mehrheit der Stadt für die Grundschule ausspricht.

Stefan Branig Geschäftsführer der Evangelischen Schulgemeinschaft Niederlausitz gGmbH

Nach Angaben von Branig habe er der Stadt schon mitgeteilt, dass der Schulträger die Baukosten dafür maßgeblich übernehmen wolle: "75 Prozent der Kosten würden wir übernehmen, ohne zu wissen, was der Fußweg letztlich kosten wird." Branig zeigt sich unterdessen zurückhaltend, was eine Lösung der Situation angeht: "Eine Lösung des Problems wird erst dann wirksam, wenn sich die Mehrheit der Stadt für die Grundschule ausspricht."

Gemeinsame Lösung wird am Runden Tisch diskutiert

Das Grundschulproblem werde in einer Außerordentlichen Sitzung am 3. August Thema im Stadtrat sein. Zuvor lädt Bürgermeister Ingo Gläser (CDU) alle Beteiligten zu einem Runden Tisch am 1. August ein. Bei dieser soll es um Lösungsmöglichkeiten des Problems gehen, erklärt Gläser: "Wir sind an einer gemeinsamen Lösung interessiert. Wir haben da vor allem auch die Kinder im Blick."

MDR (kpb/sys)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Leipzig | 21. Juli 2022 | 14:30 Uhr

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