Hochwasserschutz in Grimma Macht die Schotten dicht!
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Am 13. August 2002 versank Grimma in den Fluten der Mulde. Bis zu dreieinhalb Meter hoch stand das Wasser in der Altstadt - der höchste je gemessene Pegelstand. Mehr als 700 Häuser wurden beschädigt oder zerstört - die Schadensbilanz lag bei 250 Millionen Euro. Als Reaktion wurden neue Hochwasserschutz-Konzepte erstellt - auch für Grimma. Seit 2007 wird an einer neuen Anlage gebaut, die die Stadt vor einem statistisch alle 100 Jahre auftretenden Hochwasser schützen soll.
"Wir haben nicht einfach nur eine Mauer gebaut", erklärt Axel Bobbe, von der Landestalsperrenverwaltung des Freistaates. Der neue Schutzwall, der Grimmas Innenstadt künftig vor einem Jahrhundert-Hochwasser schützen soll, ist 2,2 Kilometer lang und bis zu vier Meter hoch. Von der Straße "Kellerhäuser" bis hinter die Pöppelmannbrücke reicht die Mauer. Der Clou dabei: 80 Prozent der Anlage sind Teil bestehender historischer Gebäude. So wurden die Außenmauern von Schloss, Gymnasium, Klosterkirche und Amtshauptmannschaft sowie die Stadtmauer verstärkt und unterirdisch abgedichtet. Damit sollen sie dem Wasserdruck bei Hochwasser standhalten.
Wenn die Anlage fertig ist, ist hier ein echtes Schmuckstück entstanden.
Um die historische Stadtansicht von der Flussseite aus zu erhalten, wurden zusätzlich rund 80 Tore, Durchgänge und Klappen in die neue Mauer eingebaut. Alle sind individuell gestaltet. Wichtig für die Stadt war und ist, dass sich das Bedienen der Tore auf ein Minimum beschränkt, sprich die Tore sind ohne großen Aufwand zu schließen und auch zu warten.
Wir brauchen schätzungsweise eineinhalb bis zwei Stunden, um die Tore zu schließen. Das geht von einem 20 Tonnen schweren Tor, das sieben mal vier Meter lang ist, bis zu einem bierkastenkleinen Deckelchen, das verschraubt werden muss.
High-Tech im Boden
Um die Schutzwand im Boden zu verankern, war Ingenieurskunst gefragt, denn Grimma steht auf einem zehn Meter hohen Schwemmkegel aus der Eiszeit. Darunter befindet sich Felsen. Der Kies sei zwar ein guter Baugrund, aber leider sehr durchlässig, erklärt Axel Bobbe von der Landestalsperrenverwaltung. Die Konsequenz: Bis zu zwölf Meter tief mussten die Spundwände in den Fels getrieben werden. Insgesamt wurden 40.000 Meter Bohrpfahlwände gesetzt und zum Felsen abgedichtet.
Dazu wurden auf der gesamten Länge 1,5 Kilometer Horizontalfilter verbaut. Sie sollen verhindern, dass das Grundwasser bei Hochwasser die Stadt von innen überschwemmt. In acht riesige Brunnen wird das Grundwasser gesammelt und später in den Fluss gepumpt. Bis zu 20 Tage kann das Wasser in den Brunnenanlagen gestaut werden.
Wenn das Wasser von den Bergen kommt
Die dritte Komponente der neuen Hochwasserschutzanlage hält den Thostgrundbach im Zaum. Bei Starkregen oder Hochwasser kann das Wasser der Mulde über den Bach in das nördliche Stadtgebiet einströmen. Um das zu verhindern, wird derzeit auf dem Volkshausplatz neben der Pöppelmannbrücke ein Schöpfwerk gebaut. Fünf leistungsstarke Pumpen pressen das Wasser durch die Hochwasserschutzanlage in die Mulde.
Geplantes Bauende: Herbst 2018
Die gesamte Anlage ist noch nicht ganz fertig. Noch klafft in der Mauer ein Loch von 150 Meter Breite. Sollte die Mulde vor Bauende mal wieder über die Ufer treten, hilft sich die Stadt dort selbst. 400 sogenannte große Big-Bags und 6.000 kleine Sandsäcke stehen bereit, um das Loch zu stopfen. Zusätzlich kann das Ganze in der Erde versenkt und mit einer Betonschürze abgedichtet werden. Bis zum Herbst 2018 muss sich die Stadt Grimma mit der Interimslösung begnügen - erst dann ist die wohl modernste Hochwasserschutzanlage Deutschlands fertig.
Über dieses Thema berichtet MDR SACHSEN auch im Radio: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 13.08.2017 | 15:20 Uhr