Detail Steinadler
Der Steinadler ist der wohl imposanteste Greifvogel, der für die Beizjagd verwendet wird. Mit seinen Krallen kann er sogar Rehe erlegen (Symbolbild). Bildrechte: MDR/dokfilm/Matthias Neuber

Jagd mit Greifvögeln Mehr als kauzige Typen: Sächsischer Falkenorden feiert 25. Jubiläum

06. November 2022, 18:50 Uhr

Am Rande der Dahlener Heide sind am Wochenende Greifvogel-Fans unterwegs gewesen: Der sächsische Landesverband des Deutschen Falkenordens hat sein 25-jähriges Bestehen gefeiert und über die Haltung von und die Jagd mit Adler, Bussard und Falke informiert. Dabei sind die Mitglieder des Vereins oft mit dem Vorurteil konfrontiert, "kauzige Typen" zu sein. Dass sich dieses Image ändert, dafür setzt sich der 1987 geborene Vorsitzende ein. Er will vor allem auch Frauen für die Falknerei begeistern.

  • Seit 2016 ist die Falknerei - also die Haltung und Abrichtung von Greifvögeln für die Jagd - als immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt.
  • Die zurückgehenden Wildbestände, vor allem bei Hasen und Fasanen, stellen die Jäger vor Herausforderungen. Dabei ist die Falknerei für die meisten Mitglieder mehr als ein Hobby.
  • Mit dem Vorurteil, ein Club kauziger Männer zu sein, will der gemeinnützige Naturschutzverein aufräumen. Frauen seien auf dem Vormarsch, sagt der Vereinschef Kindermann.

Am ersten Novemberwochenende haben sich Liebhaberinnen und Liebhaber der Falknerei zur Herbsttagung in Cavertitz im Landkreis Nordsachsen getroffen. Neben einem Jagdtag in Leipziger Revieren ging es auch um den Austausch untereinander und mit Gästen. Einige Themen belasten die Falkner. Dazu zählt die Alters- und Geschlechtsstruktur der Mitglieder, aber vor allem der Rückgang von sogenanntem Niederwild, wie Fasan und Hase. Auch die Ausbreitung des Wolfes und des Luchses sowie das allgemein schwierige Ansehen der Jagd sehen die Falkner mit Sorge.

Kleiner Verein auf großer Fläche

52 Mitglieder - über Stadt und Land verteilt in Sachsen - zählt der sächsische Landesverband des Deutschen Falkenordens, dem Leonhard Kindermann als erster Vorsitzender vorsteht. Er erläutert eines der Probleme: "Durch die industrialisierte Landwirtschaft sind die Lebensräume des Niederwildes immer mehr verdrängt worden. Wenn sich dann noch Raubwild, wie der Waschbär, immer mehr breitmacht und ordentlich Schaden anrichtet, dann ist das eine große Problematik. Nicht nur in unserem Bundesland, sondern deutschlandweit. Wir müssen also den Bestand hegen und pflegen", mahnt er.

Falkner mit Falke auf Arm.
Leonhard Kindermann, Vorsitzender des sächsischen Falkenordens, hat bei der Herbsttagung seinen Wanderfalken präsentiert. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Doch auch wenn die Wildzahlen rückgängig sind, stellt Kindermann vor allem der Region Leipzig ein gutes Zeugnis in Bezug auf Jagdreviere aus und will entfernter wohnende Mitglieder motivieren: "Dadurch, dass die alten Braunkohletagebaue in den letzten Jahrzehnten renaturiert worden sind, haben wir dort wirklich sehr gute Niederwildbestände, sodass es sich auch lohnt, diesen Weg auf sich zu nehmen", so Kindermann.

Falknerei als Fitness und Passion

"Ich will nicht der Jäger sein, der mit seinem Adler den letzten Hasen im Revier erlegt", berichtet darüber hinaus Hartwig Gabriel bei der Herbsttagung. Der 69-jährige aus Cavertitz ist Mitglied im Verein und stellt sein imposantes Steinadler-Weibchen vor. Sie ist zwölf Jahre alt und etwa vier Kilogramm schwer. Wenn er mit ihr auf die Jagd geht, dann müssen sich streunende Katzen und selbst abgerichtete Jagdhunde in Acht nehmen. "Mit ihr unterwegs zu sein, hält mich fit. Die Falknerei ist meine Passion", sagt er weiter.

Teure Gerätschaften notwendig

Wolfgang Gebert ist in ähnlichem Alter wie Gabriel und hat seinen Rotschwanzbussard dabei, eine aus den USA stammende Greifvogelart. Er betreibt die Falknerei seit 2005 und wohnt am Rande des Erzgebirges. Zur Falknerei gehöre nicht nur die gemeinsame Jagd, sondern die Vögel müssen auch trainiert werden. "Das mache ich mehrmals die Woche. Erst gestern ist es wieder vorgekommen, dass ich mich auf eine lange Suche nach ihm begeben musste", erzählte er.

Geberts Bussard ist mit einem Sender ausgestattet, über den er den Vogel ausfindig machen kann. Je näher Gebert ihm kommt, umso lauter piept das Ortungsgerät. "Aber selbst wenn er nur mehrere Hundert Meter entfernt ist, ist die Suche anstrengend", gibt er zu. Er will nun sehr bald auf ein GPS-Gerät umsteigen, doch der liegt preislich bei um die 1.000 Euro.

Landschaft
Hartwig Gabriel aus Cavertitz hatte sein Steinadler-Weibchen dabei. Eigentlich trägt sie eine Haube über den Augen, damit sie nicht direkt in Jagdstimmung kommt. Die hat er ihr nur kurz für das Foto abgenommen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Langsam mehr Frauen im Verein

Die Falknerei ist ein zeitintensives und teures Hobby. Und es ist dominiert durch Männer. Das weiß auch Leonhard Kindermann. Er ist 1987 geboren, in Leipzig ansässig und hat sich vorgenommen, die Falknerei von den gängigen Vorurteilen zu befreien. Die Vorsitzende des Dachverbandes des Falken-Ordens sei zum Beispiel eine Frau aus Bayern.

Laut Kindermann nimmt der Frauenanzahl stetig zu und die neuen Mitglieder bringen frischen Wind in die gewachsenen Männercliquen. Er denkt darüber hinaus, dass die Falknerei durch die enge Beziehung mit den Tieren anstelle der Jagd mit Waffen eine größere Faszination ausübt. Er habe er in den letzten Jahren in den Falknerei-Ausbildungskursen einen steigenden Frauenanteil erlebt.

Diese Männercliquen, die lange Zeit auch in den Jägerschaften so gewachsen sind, könnten frischen Wind auch von der weiblichen Seite her gebrauchen. Tatsächlich scheint die Falknerei durch die Beziehung zu dem Tier gerade auf Frauen auch noch einmal eine besondere Faszination gegenüber der Jagd mit der Waffe auszuüben.

Leonhard Kindermann Vorsitzender Sächsischer Falken-Orden

Greifvögel: eine sehr sächsische Leidenschaft

Die Geschichte des Deutschen Falkenordens ist auch eine sächsische Geschichte. 1921 in Berlin gegründet, fand das Gründungsfest des Ordens zwei Jahre später in Leipzig statt. "Von dort ging eine europaweite Renaissance der Falknerei und Beizjagd aus", berichtete Kindermann. Schon der im 10. Jahrhundert lebende König Heinrich I. hat um das Schloss Püchau in Machern herum Jagd mit Falken betrieben. Wegen dieser Liebe ist er heute noch als "Heinrich der Vogler" bekannt. Der sächsische Falkenorden wurde vor 25 Jahren in Augustusburg bei Chemnitz gegründet. Seit 2021 ist er als gemeinnütziger Naturschutzverein anerkannt.

MDR (sme)

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