Wandern Als Nicht-Gläubige den Lutherweg bei Wurzen erkunden

20. Juli 2022, 18:00 Uhr

Der "Lutherweg Sachsen" führt über 27 Stationen mehr als 500 Kilometer durch die Region Leipzig. Er ist als spiritueller Wanderweg konzipiert und verläuft entlang der Wirkungsstätten Martin Luthers und der Reformation. Die "Kirchen am Weg" sollen zum Innehalten einladen und Zeit für Gebet bieten. MDR SACHSEN-Reporterin Sina Meißgeier ist einen Teil des Weges zwischen Wurzen und Grimma gelaufen und hat sich auf Spirituelles eingelassen.

Ein grünes "L" auf weißem Grund - das ist das Zeichen für den "Lutherweg", dem ich auf dieser Wanderung folge. Als dauergestresste Leipzigerin klingt es verheißungsvoll, wenn der Tourismusverband Leipzig Region e.V. auf der Informationsseite zum "Lutherweg Sachsen" von Ruhe, Innehalten und einem "Raum zur Besinnung" spricht. Nur der Aspekt "Zeit zum Gebet zu finden", spricht mich eher nicht so an. Denn: Ich glaube nicht an Gott und bin konfessionslos aufgewachsen. Aber vielleicht wird es ja trotzdem mit der spirituellen Erfahrung.

Auf in die Region - Luthers Wirkungsstätten

Von Leipzig Hauptbahnhof ist es im Regionalexpress eine etwa 15-minütige Zugfahrt und schon bin ich in Wurzen im Nordosten des Landkreises Leipzig angekommen. Für die Wanderung habe ich mir die Strecke von Wurzen (Station 5 des "Lutherweges Sachsen") bis nach Trebsen (Station 6) ausgesucht - insgesamt etwa elf Kilometer.

Auch Torgau (Station 3) im Landkreis Nordsachsen hätte sich angeboten. Schließlich beherbergt die Stadt mit der Schlosskapelle den ersten protestantischen Kirchenbau. Er wurde 1544 von Luther selbst geweiht und Luther predigte oft dort. Seine Ehefrau, Katharina von Bora, starb 1552 in Torgau. Doch eigentlich interessierten mich die historischen Details gar nicht so sehr, sondern ich bin auf meinem eigenen inneren Weg unterwegs. Und: Im Landkreis Leipzig bin ich geboren, habe zu diesem also eine besondere Verbindung.

Wurzen: Dom, Pesthäuschen und Stadtkirche St. Wenceslai

In Wurzen beginne ich, mich mit einigen Sehenswürdigkeiten vertraut zu machen. In einem Park nahe des Bahnhofs entdecke ich das Pesthäuschen, das Jesus am Kreuz zeigt und mit einer Inschrift an das Pestjahr 1607 erinnert, das Hunderte Einwohner dahingerafft hatte. Dieser kleine Pavillon gibt mir ein Gefühl von Ruhe und ich denke an Vergangenes. Das große Kruzifix wirkt außerdem auf mich.

Nicht weit entfernt steht die Wurzener Stadtkirche St. Wenceslai, vor der eine Baumelbank zum Verweilen einlädt. Doch ich möchte weiter und erreiche wenige Hundert Meter später den Dom St. Marien. Die Tür ist offen und ich gehe hinein. Für eine Stadt mit unter 20.000 Einwohnern ist die Größe dieses Doms beeindruckend. Am Ende des Kirchenschiffes entdecke ich auf einmal drei große Kruzifixe, die aber künstlerischer gestaltet scheinen als das im Pesthäuschen.

Es ist wahrlich nicht das erste Mal, das ich in einem Dom stehe. Ich war schon im Dom zu Köln und sogar im Notre Dame de Paris. Doch immer wieder stelle ich fest, dass diese Gotteshäuser in mir keine spirituellen Gefühle auslösen. Ich fühle nicht den Drang, mich zu setzen, zu beten oder zu verweilen. Stattdessen reicht es mir, eine Runde durch den Dom zu laufen und ihn als interessantes architektonisches Gebäude wahrzunehmen.

Fährhaus, Landgüter und Wüste Kirche an der Mulde

Um nach Trebsen zu kommen, beginne ich nun stadtauswärts zu laufen. Die "Lutherweg"-Schilder sind nirgendwo in Wurzen zu übersehen, sodass es einfach ist, ihnen zu folgen. Nach etwa einer halben Stunde - und vorbei an Häusern und kleinen Landgütern - bin ich am Fährhaus angekommen. Hier bestünde die Möglichkeit zu rasten und dann mit der Mini-Fähre an das andere Ufer der Mulde überzusetzen.

Die Routenbeschreibung zum "Lutherweg" sagt allerdings, dass es an dieser Seite des Flusses weitergehen soll. Ich komme vorbei an einigen Anglerinnen und Anglern und genieße den Ausblick. Hier gelingt es mir auch erstmals auf der Wanderung, ein Gefühl von seelischer Erholung zu spüren. Ich mache dann eine längere Rast an der "Wüsten Kirche" und wider Erwarten steht hier keine Kirche. Ein Schild klärt mich auf: Die "Wüste Kirche" ist ein Flächennaturdenkmal und erinnert an die letzten Reste des Dorfes Söllnitz mit seiner kleinen Kirche, das wohl um 1430 im Rahmen der Hussitenkriege zerstört worden war.

Informationstafeln entlang des Weges geben Einblicke zur reformatorischen Geschichte sowie zu Sehenswürdigkeiten an den Stationen. Unterwegs ist zu entdecken, wie die Veränderungen der Reformation den Bau und die Ausgestaltung evangelischer Kirchen prägen.

Tourismusverband Leipzig Region e.V.

"Kirche am Weg": Lukaskirche zu Nitzschkau

Das Konzept der "Kirche am Weg" gefällt mir und ich beginne mich auf meiner Wanderung auf die nächste Kirche zu freuen. Ich folge dem Mulderadwanderweg für weitere Kilometer und komme schließlich nach Nitzschkau. Dort steht die Lukaskirche, die mich wie schon der Dom in Wurzen mit offener Tür begrüßt. Ich gehe hinein und sehe, dass sich einige Menschen ins Gästebuch eingetragen haben. Eine erst kürzlich zugezogene Familie schreibt, dass sie froh sind, die kleine Kirche endlich aufgesucht zu haben und eines der Kinder hat "Christus ist auferstanden" auf der Seite ergänzt. Ich kann zu diesem Schriftzug keine Verbindung aufbauen, lasse aber etwas Geld für die Restaurierung der Schrickel-Orgel da.

Ankommen in Trebsen

Die knapp vier Kilometer von Nitzschkau nach Trebsen gestalten sich schwierig. Direkt an der Mulde ist es zu bewachsen, um zu laufen. Die einzige Alternative, die auch der Routenplaner im Handy vorschlägt, ist an der Straße entlang. Das hat zwar auch seinen Charme und ich komme mir wie eine Tramperin vor, aber empfehlenswert ist es nicht - vor allem, wenn man mit Kindern oder mit dem Hund unterwegs ist.

Tipp für den Wanderabschnitt Nitzschkau - Trebsen: Um sicher nach Trebsen zu kommen, empfiehlt sich entweder in den Regionalbus zu steigen oder den Mehraufwand auf sich nehmen und zurück zum sicheren und schönen Mulderadwanderweg zu laufen. Mit diesem kommen Sie dann direkt zum Ortseingang Trebsen.

Abgekämpft laufe ich schließlich nach mehr als zehn Kilometern Strecke über die Muldebrücke von Trebsen und bekomme einen schönen Blick auf die Stadtkirche. In Trebsen laden Eiscafés und vor allem das Schloss zur Stärkung und zum Verweilen ein. Danach würde es elf Kilometer weitergehen - entlang an Kirchen, Heidelandschaften und Flüssen - nach Grimma. Doch ich gestehe mir ein, dass ich fertig bin und lieber die Gefühle, die bei der Wanderung aufgekommen sind, ohne Anstrengung nachwirken lassen will.

Fazit

Einen Teil des Lutherweges zu laufen, ist auch empfehlenswert, wenn man nicht religiös ist. Denn: Wandern in der Natur und neugierige Besuche von "Kirchen am Weg" gehen schön zusammen. Außerdem bietet der Weg die Möglichkeit, die Region um Leipzig zu entdecken und tief in die Geschichte einzutauchen. Die Wanderung ist idyllisch und kommt ohne größere Anstrengungen wie Steigungen aus.

Adresse und Anreise

  • Adresse: 04808 Wurzen
  • Anreise mit Bahn: S3 von Leipzig, RE50 verkehrt zwischen Leipzig und Dresden
  • Anreise mit Pkw: über die A38 und die A14, dann der B107 folgen
  • Parkmöglichkeiten in Wurzen: Alte Bahnhofstraße, Am Mühlbach, Am Wenceslaikirchhof

Öffnungszeiten während der Ferien

Wenn Sie sich einen Stempel für den Lutherweg abholen wollen, dann ist dies an der Tourist-Information in Wurzen möglich zu folgenden Zeiten: montags, mittwochs und freitags 10-16 Uhr, dienstags und donnerstags 11-17 Uhr sowie sonnabends 10-13 Uhr.

Kosten

  • Die Wanderung ist kostenfrei.
  • Wer möchte, kann aber beispielsweise Spenden zum Erhalt der Kirchen hinterlassen.
  • Trotzdem Geld für Eis oder anderen Imbiss auf dem Weg einplanen.

Geeignet für

  • Familien mit größeren Kindern
  • Gruppen

Barrierefreiheit

  • teilweise barrierefrei, Mulderadwanderweg ist asphaltiert

Verpflegung

  • Selbstversorgung möglich
  • Imbiss/Eis kann auch auf dem Weg gekauft werden

Daran sollte man denken

  • genügend Trinkwasser mitnehmen!
  • gutes Schuhwerk
  • eine kleine Mülltüte für unterwegs

Wenn man schon mal da ist ...

  • ...sind auch die Städte Torgau und Grimma einen Besuch wert.

Lutherwege auch in Thüringen und Sachsen-Anhalt

Der "Lutherweg Sachsen" führt über 27 Stationen mehr als 500 Kilometer durch die Region Leipzig. In Bad Düben startet er und ist mit dem "Lutherweg Sachsen-Anhalt" verbunden. An der Station 21 in Crimmitschau (Landkreis Zwickau) sowie bei Gnandstein (Station 22) und Borna (Station 23) im Landkreis Leipzig gibt es eine Verbindung zum thüringischen Teil.

MDR (sme)

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