PersonalmangelLandrat kündigt Korrekturen für Muldentalkliniken in Grimma und Wurzen an
Die Muldentalkliniken in Wurzen und Grimma haben ein Problem: Das Vertrauensverhältnis zur Unternehmensspitze scheint gestört. Viele Mitarbeiter kündigen oder sind krank. Der Grimmaer Oberbürgermeister Berger kritisiert die Klinikleitung und fordert rasches Handeln. Der Landrat sieht die Kliniken ins falsche Licht gerückt, hält aber eine Spezialisierung in beiden Kliniken für notwendig.
- Landrat Henry Graichen stellt sich hinter die Kliniken, hält aber eine Neuausrichtung für notwendig.
- Mitarbeiter der Muldentalkliniken berichten von einem schlechten Arbeitsklima, deshalb haben viele gekündigt.
- Der Grimmaer Oberbürgermeister Berger verlangt eine Neuausrichtung der Kliniken.
In den Muldentalkliniken Wurzen und Grimma wird das Personal knapp. Mitarbeiter, die nicht genannt werden wollen, weil sie ansonsten Konsequenzen befürchten (Namen sind der Redaktion bekannt), berichten von einer großen Abwanderung des Pflegepersonals und der Ärzte. Das Vertrauensverhältnis sei gestört und es gebe keine Wertschätzung im Haus. Dabei werde die Arbeitsbelastung immer größer. Das gehe soweit, dass es keine Reinigungskräfte gebe, die die Betten putzen würden. Das müssten Schwestern übernehmen. Nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" haben in diesem Jahr so viele Beschäftigte wie nie zuvor die beiden Kliniken verlassen.
Berger: Klinikleitung bleibt Zahlen zur Personallage schuldig
Die Klinikleitung will dies nicht bestätigen, sie bleibe allerdings bis heute Zahlen zur Personalsituation der Klinik schuldig, sagte Grimmas Oberbürgermeister Matthias Berger (parteilos) MDR SACHSEN. Berger habe den Geschäftsführer der Kliniken, Mike Schuffenhauer, in den Stadtrat eingeladen, um darüber Klarheit zu bekommen, "wann ist wem gekündigt worden und wer ist eingestellt worden. Weil die Behauptung im Raum stand, dass die Leute fluchtartig die Klinik verlassen. Und das hat er schlicht verweigert." Berger hatte deshalb von Landrat Henry Graichen (CDU) Konsequenzen gefordert. Die Kliniken sind eine 100-prozentige Tochter des Landkreises.
Landrat Graichen: Kliniken besser als öffentlich dargestellt
Graichen bezog nun in der Kreistagssitzung am 14.12.2022 Stellung zu den Problemen. "Die öffentlichen Diskussionen um die Muldentalkliniken werden der guten Arbeit der Beschäftigten dort nicht gerecht", erklärte der CDU-Politiker. Zwar gebe es im Vergleich zu den Jahren 2019 bis 2021 aktuell mit 8,4 Prozent eine höhere Fluktuation. Seiner Einschätzung nach dürfte dies aber auch dem Trend in anderen Häusern entsprechen. "In konkreten Zahlen: Es haben dieses Jahr 62 Mitarbeiter das Haus verlassen, gleichzeitig konnten aber 58 Kolleginnen und Kollegen neu gewonnen werden, die ihren Dienst angetreten haben." Trotz der Fluktuation sei das Haus auch attraktiv für neue Mitarbeiter. Zudem würden die Muldentalkliniken eine stabile Finanzlage aufweisen, so Graichen weiter.
Die öffentlichen Diskussionen um die Muldentalkliniken werden der guten Arbeit der Beschäftigten dort nicht gerecht.
Henry Graichen (CDU) | Landrat im Landkreis Leipzig
Allerdings gebe es auch Hausaufgaben. "Das Klinikum in den beiden nahe beieinander liegenden Standorten in Wurzen und Grimma hält vieles doppelt vor. Hier müssen wir uns auf den Weg der Spezialisierung machen", so Graichen. Teilweise sei dies bereits erfolgt. Derzeit würden aber die weiteren Schritte mit Unterstützung externer Berater erarbeitet. Diese würden im Aufsichtsrat der Kliniken beraten werden und dann auch mit den Kreisräten diskutiert, sagte Graichen.
Grimmaer OB kritisiert Kommunikation der Klinikleitung
Der Grimmaer Oberbürgernmeister hatte auch von einer schlechten Stimmung in den Kliniken gesprochen. "Ich denke, zuallererst ist die Geschäftsleitung gefordert, dort im Prinzip mal mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, die wieder mitzunehmen, auch bei den anstehenden Problemen." Wenn es nicht zeitnah eine strategische Grundsatzentscheidung gebe, dann sei das Schlimmste zu befürchten, meint Berger. "Ich glaube schon, dass man sich über die beiden Standorte Gedanken machen muss, wie das in Zukunft weitergeht." Der Oberbürgermeister hält eine Spezialisierung oder Zentralisierung in den Kliniken für notwendig, ansonsten hätten sie keine Zukunft.
Ich denke, zuallererst ist die Geschäftsleitung gefordert, dort im Prinzip mal mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, die wieder mitzunehmen, auch bei den anstehenden Problemen.
Matthias Berger (parteilos) | Oberbürgermeister der Stadt Grimma
Geschäftsführer: Hoher Krankenstand großes Problem
Der Geschäftsführer der Kliniken, Mike Schuffenhauer, führt die angespannte Personallage in den Kliniken Grimma und Wurzen auf verschiedene Faktoren zurück. Auch andere Kliniken in Deutschland litten derzeit unter akutem Personalmangel, das zeige die Situation in Kinderkliniken. "Wir haben sehr hohe Krankenstände, insbesondere bei unseren Mitarbeitern im Pflege- und Funktionsdienst." Vor zwölf Jahren habe es in dem Bereich einen Krankenstand von sechs Prozent gegeben, aktuell liege dieser bei 16 Prozent. Bei insgesamt 1.000 Mitarbeitern an beiden Standorten wären dies 160 Beschäftigte.
Wir haben sehr hohe Krankenstände, insbesondere bei unseren Mitarbeitern im Pflege- und Funktionsdienst.
Mike Schuffenhauer | Geschäftsführer der Muldentalkliniken
Tatsächlich seien einzelne Abteilungen bereits geschlossen: die Chirurgie II in Grimma oder eine Abteilung für Innere Medizin in Wurzen. Notfälle würden aber in jedem Fall behandelt. "Wie gut das funktioniert, hat der gestrige (Mittwoch, 7. Dezember, Anmerk.d Red.) schwere Verkehrsunfall auf der A14 gezeigt. Der Patient wurde bei uns hier in Grimma notfallmäßig bestens versorgt von unserem Team." Um Abhilfe bei der Personalnot zu schaffen, werde aktuell Mitarbeitern, die kurzfristig für Dienste von erkrankten Kollegen einspringen, ein Zuschlag von 100 Euro pro Schicht gezahlt.
Linke will Klinik-Probleme im Kreistag thematisieren
Die Linksfraktion im Kreis Leipzig hatte angekündigt, die Probleme in den Muldentalkliniken auf der Kreistagssitzung anzusprechen, wie Kreisrat Jens Kretschmar MDR SACHSEN sagte. Sein Anliegen: eine hochwertige Versorgung der Patientinnen und Patienten an beiden Krankenhausstandorten zu sichern. "Die Muldentalkliniken müssen beide Standorte als vollwertige Krankenhäuser erhalten. Das beinhaltet für mich auch die Forderung nach dem Erhalt der Kinderstation am Standort Wurzen."
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MDR (kbe/sta)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 09. Dezember 2022 | 08:30 Uhr