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Deutschlands größter Solarpark: Blick über den Energiepark Witznitz bei Leipzig. Bildrechte: MDR

ErneuerbareSachsen holt bei Solarstrom langsam auf

04. Juli 2024, 05:00 Uhr

Südlich von Leipzig erzeugt der größte Solarpark Deutschlands Strom. Für Sachsen ein Meilenstein bei der Erzeugung "grünen Stroms" – denn bisher war das Bundesland bei Solarstrom nur Mittelmaß.

Das riesige Solarfeld Witznitz südlich von Leipzig ist offiziell an den Start gegangen – und hat Auswirkungen auf die Energiebilanz Sachsens. Denn der derzeitig größte Solarpark Deutschlands hat eine Spitzenleistung von rund 650 Megawatt – das würde laut den Betreibern reichen, um ein Jahr lang 200.000 Vier-Personen-Haushalte mit Strom zu versorgen.  

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Zwar wird der Strom gar nicht an private Haushalte, sondern über langfristige Lieferverträge an Großunternehmen wie Microsoft verkauft. Doch er verbessert auf einen Schlag die Solarstrombilanz Sachsens. Das Umweltministerium spricht davon, dass der Zubau signifikant sei. Klar ist: Allein die Leistung des Energieparks Witznitz ist ungefähr so groß wie der Solar-Zubau in Sachsen im kompletten Jahr 2023. 

Sachsen im Mittelfeld, Sachsen-Anhalt und Thüringen weiter bei Solarausbau 

Im laufenden Jahr liegt Sachsen im Vergleich mit den anderen Bundesländern beim Solarzubau auf die Einwohnerzahl umgerechnet sogar ganz vorn – und das mit Abstand. Doch die Zahlen trügen das Gesamtbild. Denn in den Jahren davor stach Sachsen beim Ausbau von Solarenergie im Vergleich mit den anderen Bundesländern nicht sonderlich hervor. Bei der installierten Solarleistung liege Sachsen genau im bundesdeutschen Durchschnitt, sagt Bruno Burger. Er ist Professor am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg im Breisgau und wertet Daten zum Ausbau der Erneuerbaren Energien aus.  

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Spitzenreiter beim Solarausbau pro Einwohner sind andere Bundesländer: Vor allem Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Auch in Thüringen ist pro Einwohner mehr Leistung installiert als in Sachsen. 

Sachsen bisher Braunkohleland 

Bisher war Sachsen vor allem eines: ein Braunkohleland. Zahlreiche ehemalige Tagebaue – die meisten davon inzwischen zu Seen umgewandelt – zeugen davon. Und noch immer wird nur rund ein Viertel des Stroms aus erneuerbaren Energieträgern produziert – neun Prozent mit Solaranlagen. Der überwiegende Teil des Stroms wird noch immer in Braunkohlekraftwerken wie Lippendorf produziert.

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Laut Bruno Burger hat sich der Anteil des erzeugten Stroms aus Braunkohle in den vergangenen Jahren auch in Sachsen verringert: von 75 auf 65 Prozent. Der Anteil der Erneuerbaren Energien habe sich dagegen von 15 auf 25 Prozent erhöht. "Dabei muss man aber noch betrachten, dass Sachsen ja nicht nur für sich selbst Braunkohlestrom erzeugt, sondern insbesondere, wenn Wind und Solar schwach sind in ganz Deutschland." Dann würden mit dem Braunkohlestrom die anderen Bundesländer mitversorgt, sagt Burger. 

In Deutschland insgesamt lag der Anteil der Erneuerbaren beim Strom im vergangenen Jahr bei rund 54 Prozent, der Anteil der Solarenergie bei rund zehn Prozent. 

Braunkohlekraftwerke sollen noch bis Mitte der 30er Jahre weiterlaufen

Nach den bisherigen Plänen soll das Kraftwerk Lippendorf noch bis 2035 weiterlaufen – wenn es denn bis dahin wirtschaftlich ist. Das Kraftwerk liegt in unmittelbarer Nähe des Solarparks Witznitz. Im direkten Vergleich hat es eine rund dreimal höhere Leistung als das Solarfeld – und kann im Unterschied dazu durchgehend liefern. Dafür ist Kohleverstromung extrem klimaschädlich. Laut dem Betreiber Leag soll neben dem Braunkohlekraftwerk bis Ende der 2020er Jahre ein Gaskraftwerk – das perspektivisch auch mit Wasserstoff betrieben werden soll – errichtet werden. Dieses hätte dann rund die Hälfte der Leistung des heutigen Braunkohlekraftwerks.  

Das Braunkohlekraftwerk lief zuletzt schon deutlich weniger als früher. Auch wegen des Strombedarfs nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine wurden im Jahr 2022 insgesamt 12,3 TWh Strom erzeugt, im vergangenen Jahr waren es dann nur noch 7,8 TWh.  

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Freiflächen-PV wichtig für Netzstabilität 

Große Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen wie in Witznitz spielen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien eine wichtige Rolle: Laut der Photovoltaik-Strategie des Bundes soll der Ausbau in den kommenden Jahren je zur Hälfte auf Dächern und auf Freiflächen passieren. Und, erklärt Solarforscher Burger, große Solarparks seien wichtig für die Netzstabilität. "Wir haben am Wochenende teilweise auch zu viel Solarstrom und müssen den abriegeln. Und einen Solarpark mit 650 Megawatt kann man natürlich leicht abregeln im Vergleich zu tausend kleineren Anlagen", sagt er.  

Grundsätzlich, so rechnet Burger es vor, könne man auf einem Hektar Fläche mit Solar- und Windpark aufs Jahr gesehen genauso viel Strom erzeugen wie mit Braunkohle, die auf der gleichen Fläche abgebaggert und zur Stromerzeugung verbrannt würde.

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 03. Juli 2024 | 19:30 Uhr