Vier Fliegenpilze im Waldboden
Kommt groß raus: Der Fliegenpilz ist Pilz des Jahres! Bildrechte: Colourbox

Pilz des Jahres 2022 Warum heißt der Fliegenpilz eigentlich Fliegenpilz?

26. September 2022, 15:50 Uhr

Ausgerechnet der giftige Fliegenpilz ist ein Glückssymbol geworden. Und so reiht sich der rote Hut mit den weißen Punkten bei Kleeblatt, Hufeisen und Schornsteinfeger ein. Und nun ist er der Pilz des Jahres 2022. Glückwunsch!

Schon beim Wort Fliegenpilz muss der ehrenamtliche Leipziger Pilzsachverständige Peter Roland, der selbst einen riesengroßen Fliegenpilz-Schirm hat, lachen: "Ich finde den schön. Für mich sind alle Pilze schön. Ich muss doch nicht jeden Pilz essen. Ich freue mich doch im Wald. Und die kleinen Kinder freuen sich. Ich habe mal Fliegenpilze zum Wolle färben gesammelt. Da haben mich die Leute dumm angeguckt. Da hatte ich einen Riesenkorb voll Fliegenpilze. Jeder im Wald hat auf mich gezeigt. Was macht denn der da?"

Fliegenpilze
Über so ein Exemplar freut sich jeder Pilzfreund. Einfach schön. Bildrechte: imago images/imagebroker

Woher kommt der Name?

Pilzexperte Peter Roland weiß es: "Man hat damit früher die Fliegen betäubt. Man hat eine Schale mit Milch genommen, ein Stückchen Zucker reingelegt und die Fliegenpilz-Hüte darin getränkt. Die Fliege hat dann von der süßen Milch getrunken und war bewusstlos, aber dann nach einer Weile ist sie wieder munter geworden."

Man hat damit früher die Fliegen betäubt.

Peter Roland Pilzsachverständiger aus Leipzig und Fliegenpilz-Fan

Was der alles kann ...

Im Wald ist der Fliegenpilz für seine Nachbarn sogar nützlich, besonders für Bäume. Peter Roland erklärt das näher: "Der Fliegenpilz ist ein Mykorrhizapilz*, das heißt, wenn es dem Pilz gut geht, geht es dem Baum gut. Der Pilz unterstützt den Baum, die Birken, die Fichten, unter denen er wächst."

Was ist ein Mykorrhizapilz?

Mykorrhiza heißt übersetzt Pilzwurzel. Man kann auch sagen "verpilzte Wurzel". Das Pilzgeflecht verbindet sich mit den Feinwurzeln der Bäume. Dadurch ist ein Austausch von Nährstoffen möglich. So gibt der Pilz den Bäumen Wasser und bekommt von ihm andere Nährstoffe, wie z.B. Zucker, den der Pilz nicht selbst herstellen kann.

Vier Fliegenpilze im Waldboden
Macht den Herbstwald noch bunter: der Fliegenpilz Bildrechte: Colourbox

Der Fliegenpilz als Steinpilz-Zeiger

"Der Fliegenpilz ist ein guter Steinpilz-Zeiger", sagt Peter Roland, "überall, wo Fliegenpilze wachsen, finden Sie auch unter Birken Steinpilze. Auch in der Tagebauregion hier in Leipzig. Ich habe viele Stellen, wo unter Birken Steinpilze und Fliegenpilze wachsen. Das ist ein sehr nützlicher Pilz. Der Pilz kann ohne den Baum nicht leben und umgedreht auch nicht."

Ich habe viele Stellen, wo unter Birken Steinpilze und Fliegenpilze wachsen.

Peter Roland

Ein gutes Heilmittel

In der Medizingeschichte wurde dem Fliegenpilz sogar Heilwirkung zugeschrieben, zum Beispiel als Tinktur gegen Rheuma, die äußerlich angewandt wird. Schamanen benutzten Fliegenpilze wegen ihrer berauschenden Wirkung.

Wie giftig ist der Fliegenpilz nun wirklich?

Das sagt Pilzkenner Peter Roland: "Der Fliegenpilz ist für mich als Pilzsachverständiger generell giftig. Sie dürfen den nicht essen. Aber: Das Überleben Sie. Ich kenne keinen, der an einem Fliegenpilz gestorben ist."

Ein brauner Fliegenpilz
Es gibt übrigens auch den Braunen Fliegenpilz, der gern mit dem essbaren Perlpilz verwechselt wird. Der Hauptunterschied: Der Perlpilz hat immer eine deutlich längs-geriefte Manschette, beim Fliegenpilz ist die Manschette glatt. Bildrechte: imago/imagebroker

Die Farbe von Fliegenpilzen eignet sich wunderbar zum Färben.

Peter Roland

Und was kann der Pilz noch?

Mit dem Fliegenpilz als Färbemittel hat Peter Roland schon gute Erfahrungen gemacht. "Ich trockne die Pilze auf der Heizung und färbe Wolle damit. Auf dieser Heizung lagen schon ganz viele Fliegenpilze“, sagt der Pilz-Experte stolz und zeigt während des Gesprächs hinter sich, "und die Wolle hier in den Säcken, die hat sich acht Jahre gehalten. Die Farbe von Fliegenpilzen eignet sich wunderbar zum Färben."

Pilzsammler wünschen sich untereinander übrigens manchmal viel Glück, aber anders, nämlich: Hut und Stielbruch.

Karsten Pietsch MDR SACHSEN-Reporter und Autor des Beitrags

MDR (Karsten Pietsch, ino)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 26. September 2022 | 12:20 Uhr

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