Riesenrad-Unglück Brand beim Highfield: Zweites Ermittlungsverfahren eingeleitet, Besucher berichten
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22. August 2024, 20:05 Uhr
Mehrere Tage nach dem Riesenrad-Brand auf dem Festivalgelände des Highfield am Störmthaler See nahe Leipzig beschäftigt nicht nur die Polizei die Frage, wie es zu dem Unglück kommen konnte. Auch Besucherinnen und Besucher des Festivals denken noch über alles Erlebte nach. MDR SACHSEN hat sich umgehört.
- Die Polizei ermittelt bereits wegen fahrlässiger Brandstiftung.
- Besucherinnen loben die Einsatzkräfte.
- Manche fragen sich, warum es am Unglücksabend noch Feuershows auf der Bühne gab.
Nach dem Riesenrad-Brand während des Highfield-Festivals am vergangenen Sonnabend hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ausgeweitet. Es sei ein zweites Verfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung eingeleitet worden, teilte die Polizei auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag mit. Dabei soll untersucht werden, ob bei der Evakuierung des Riesenrades alles richtig abgelaufen sei. Gegen wen sich dieses Verfahren richtet, teilte die Behörde nicht mit.
Beim MDR sind indes zwei voneinander unabhängige Hinweise eingegangen, wonach zwei Mädchen in der Gondel gesessen haben sollen, als unter ihnen das Feuer begann. Sie seien in der Folge aus der Gondel herausgesprungen und hätten sich dabei verletzt und verbrannt.
Ermittlungen wegen fahrlässiger Brandstiftung
Insgesamt 65 Menschen mussten im Zusammenhang mit dem Brand ärztlich versorgt werden. Die Rettungskräfte brachten 16 Menschen mit zum Teil schweren Brandverletzungen in Krankenhäuser. Nach Polizeiangaben waren zwölf weibliche und vier männliche Personen im Alter zwischen 18 und 44 Jahren betroffen. Direkt nach dem Brand hatte die Polizei Ermittlungen wegen fahrlässiger Brandstiftung eingeleitet. Diese richten sich gegen Unbekannt, wie es hieß.
Nähere Angaben zur Unglücksursache wurden nicht gemacht. Die Ermittler gehen derzeit davon aus, dass das Feuer durch ein Versehen verursacht wurde. Demnach war auf bislang nicht bekannte Art und Weise Material unterhalb des Fahrgeschäfts in Brand geraten. Um welches Material es sich handelte, wollte eine Polizeisprecherin mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht mitteilen.
Erst Schock - dann ging es weiter
MDR-Reporterin Christine Pesch hatte bereits in der Nacht zum Sonntag und am Sonntag über ihre Erlebnisse berichtet. Sie sagte: "Am Abend des Vorfalls am Riesenrad war es für uns alle zunächst ein Schock. Unsere Gedanken galten vor allem den Menschen, die in den Gondeln saßen". Als das Festival schließlich weiterging, sei ein seltsamer Beigeschmack zurückgeblieben. "Dennoch haben wir alle versucht, das Beste aus der Situation zu machen", erzählte sie weiter.
Starker Zusammenhalt im Publikum
Sowohl Veranstalter als auch Künstler und Publikum hätten besonnen gehandelt, sodass eine Panik verhindert werden konnte. "Es war wirklich schön zu sehen, wie stark der Zusammenhalt in diesem Moment war", berichtete Pesch weiter. Auf dem Festival am vergangenen Wochenende waren etwa 30.000 Menschen zu Gast.
Es war wirklich schön zu sehen, wie stark der Zusammenhalt in diesem Moment war.
Lob für schnellen Einsatz der Rettungskräfte
Als Besucherin vor Ort war auch Blanca aus Leipzig. Sie sagte im Gespräch mit MDR SACHSEN: "Ich war zu dem Zeitpunkt des Brandes auf der anderen Seite vom Gelände an der Green Stage. Ich fand es ziemlich gruselig und man hat gesehen, dass noch Leute im Riesenrad drin waren. Meine Angst war, dass wegen der Hitze und der Trockenheit der ganze Platz anfängt zu brennen." Doch sie habe auch gesehen, dass die Feuerwehr sehr schnell da war und dass die Rettung gut und professionell funktioniert hat.
Die Rettung hat gut funktioniert.
Warum nach dem Brand noch Pyrotechnik?
Wie Blanca weiter erzählte, fand sie gut, dass das Festival nach der Unterbrechung weiter gelaufen war. "Allerdings fand ich unsensibel und etwas unangenehm, dass trotzdem bei den Konzerten Pyrotechnik und Feuershow verwendet wurden. Das hätte man vielleicht weglassen können, aber ich weiß natürlich auch nicht, ob so etwas kurz vor der Show noch umzuprogrammieren geht", erklärte sie. Dennoch sei sie gar nicht in Stimmung für Feuershows gewesen.
Dresdner: Meterhohe Flammen
Ein Dresdner, der anonym bleiben möchte, beschreibt MDR-Sachsen die Situation am Riesenrad: "Ich stand beim Ausbruch des Feuers genau daneben. Die Gondel hat ja unten begonnen zu brennen. Die hat ja erst einmal eine ganze Weile gebrannt, bevor entschieden wurde, sie nach oben zu bewegen. Die Leute der unteren beziehungsweise neben liegenden Gondeln sind quasi direkt bei Ausbruch rausgesprungen."
Zwei Mädels sind aus der Gondel gesprungen. Als das Riesenrad dann Vollgas gegeben hat, war das ein surrealer Final Destination Moment.
Der Dresdner berichtet weiter: Ganz am Anfang habe eine Freundin gemeint, es rieche so komisch. "Ich drehe mich um und sage nur, das ist Feuer, wir müssen hier weg. Wir sind dann beim Riesenrad durch den Ausgang zu den Crewcamps gelaufen, da stand die untere Gondel in meterhohen Flammen. Eine Kollegin von der Crew war beim Riesenrad und wäre in der nächsten Gondel gewesen. Die meinten nur, es habe schon länger verbrannt gerochen. Mitarbeiter des Riesenrads hätten erst einmal versucht, die Rauchentwicklung zu stoppen, ohne das Gerät abzustellen", erklärt der Dresdner. Das habe jedoch nur mäßig geklappt. "Es waren zwei Mädels in der Gondel, als das Feuer unter denen losging. Sie sind beide aus der Gondel gesprungen und haben sich verletzt und vor allem verbrannt. Sie wurden abtransportiert und behandelt und lagen zur ersten Behandlung bei uns am Crewcamp. Als das Riesenrad dann Vollgas gegeben hat, war das ein surrealer Final Destination Moment."
30-Jährige: Personen im Umkreis wie versteinert
Eine 30-Jährige Festivalbesucherin aus Leipzig, die anonym bleiben möchte, stand etwa 50 bis 70 Meter vom Riesenrad entfernt, als der Brand ausbrach. "Meine Freundin und ich wollten uns an der Schlange zum Riesenrad anstellen, als ich einen immer stärker werdenden Brandgeruch wahrgenommen habe." Beide erblickten dann ein erst eher kleines Feuer, wie sie MDR SACHSEN sagte, doch es sei immer größer geworden. "Ich hatte kurz den Eindruck, dass alle Personen im Umkreis wie versteinert waren und es ein paar Sekunden gedauert hat, bis wir alle begriffen haben, dass gerade wirklich ein Feuer ausgebrochen ist".
Der Bereich um das Riesenrad sei evakuiert worden und die Rettungskräfte seien schnell vor Ort gewesen. "Alle haben applaudiert, als die ersten Personen aus den Gondeln evakuiert worden sind. Das war eines der wenigen guten Gefühle, die nach dem ganzen Unglück aufgekommen sind", berichtete die Besucherin, die zum dritten Mal beim Festival dabei war.
Meine Freundin und ich wollten uns an der Schlange zum Riesenrad anstellen, als ich einen immer stärker werdenden Brandgeruch wahrgenommen habe.
Gedrückte Stimmung, aber wieder gut
Über ihre Gefühle zu dem Unglück befragt, sagte sie, dass sie sich der Situation sehr ausgeliefert gefühlt habe. Angst vor dem Feuer, der Wärme und der Rauchentwicklung sowie vor den Menschenmassen hätten ihr zu schaffen gemacht. Nach dem Ereignis und am Sonntag sei die Stimmung gedrückt gewesen.
"Allgemein geht es mir mit der Situation gut. Ich kann mir aber vorstellen, dass es für die ein oder andere Person ein psychisch belastendes oder auch traumatisches Ereignis ist. Ich wünsche allen Personen auf jeden Fall, dass sie die Hilfe bekommen, die sie brauchen und ernst genommen werden", fasste sie ihre aktuellen Gefühle zusammen.
MDR (sme, tom)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 22. August 2024 | 13:00 Uhr