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Der Innenhof des Wohnblocks im Hainveilchenweg in Leipzig-Paunsdorf. Bildrechte: MDR/Christian Kerber

Streng geschützte TierartÄrger um Hornissen in Leipziger Häusern - LWB setzt auf Faktor Zeit

24. September 2024, 19:45 Uhr

Hornissen in einem Häuserblock im Leipziger Stadtteil Paunsdorf ärgern die Mieter - und der Umgang damit von Seiten des Vermieters. Der Wohnungseigentümer, die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB), verlangte geschlossene Fenster und setzt auf Zeit. Alle Probleme ließen sich ohnehin nicht auf die Schnelle lösen.

Die Plane unter dem Hornissen-Nest ist stiller Zeuge - für den fragwürdigen Umgang mit einem Problem in einem Haus im Leipziger Stadtteil Paunsdorf. "Ich empfinde das als bodenlose Frechheit", sagt Suse Chlebus über die LWB. Sie kämpft seit Wochen dafür, dass ein Hornissenbefall im Plattenbau ihrer Tochter Lea und ihrer Enkelin entfernt wird. Doch die LWB trug bislang aus ihrer Sicht nur sehr zurückhaltend zur Lösung des Problems bei. Die LWB beruft sich nach einer MDR-Anfrage auf Naturschutz und setzt vor allem auf den Faktor Zeit.

Die Plane sollte die Einwohner vor den Hornissen schützen, hielt aber nur zwei Tage. Bildrechte: privat

Fenster sollte nach Hornissenbefall geschlossen werden

Tauchte zunächst nur ein Hornissen-Nest außen am Block im Hainveilchenweg auf, so seien die streng geschützten Tiere "nach einem Unwetter in den gesamten Häuserblock geflüchtet", berichtet Suse Chlebus MDR SACHSEN. Die besorgte Mutter und Oma passt hier, im Haus Nr. 12, oft auf die zweijährige Enkelin Aliayh auf.

Ihr entsprechender Hinweis auf ein Nest im Flur, zwischen der vorletzten und letzten Etage, an die LWB am 5. August brachte den Vorschlag, die Fenster im Treppenhaus geschlossen zu halten. Zur Verwunderung der 37-Jährigen: "Es sind ein Haufen Hornissen im Haus, da macht doch keiner einfach die Fenster zu."

Suse Chlebus macht sich Sorgen, dass Enkelin Aliayh erneut von einer Hornisse gestochen werden könnte. Bildrechte: MDR/Christian Kerber

"Es tat sich nichts"

Sie suchte sich über die Feuerwehr einen Imker, übergab die Daten an die LWB und meldete sich beim für das Haus zuständigen LWB-Objektleiter: "Ich wurde jeweils abgespeist, man würde sich kümmern, es tat sich aber nichts." Die Bild-Zeitung berichtete zuerst und sprach von theoretischen Gesamtkosten von 267 Euro für die Umsiedlung der Hornissen.

Enkelin wurde schon gestochen

Ihre Tochter wohnt schräg unter dem geöffneten Hausfenster, wo sich das Nest befindet: "Es gab auch schon Hornissen im Kinderzimmer, wir müssen alles kontrollieren, die Kleine kann auch nur noch mit hohen Schuhen raus." Chlebus findet: "Das ist nicht lustig. Wir haben hier mehrere Allergiker im Haus, mehrere Kleinkinder, einige sind auch schon gestochen worden wie meine Enkelin." Die hätte es auf dem Kinderspielplatz im Innenhof erwischt.

"Hornissen waren laut, meine Kinder hatten Angst"

Die Familie Tyryk hat zwei Kinder. Ihre Wohnung befindet sich im obersten Stock - mit dem Nest im Blick, beim Öffnen der Haustür: "Das war schon eine unangenehme Überraschung, als wir aus dem Urlaub kamen", sagt die Mutter, "die Hornissen waren laut, meine Kinder hatten Angst."

Das Hornissen-Nest befindet an einer Feuerleiter. Daneben der Rest einer Plane. Bildrechte: privat

Auch weitere Bewohner des Plattenbaus bestätigen, dass Hornissen eifrig unterwegs sind. Das Ehepaar Christin und Ralf Ruch hat zwei Kinder. Lüfte man, dann "sind immer wieder einmal Hornissen herein gekommen". Angenehm sei das gerade wegen der Kinder nicht.

Auch Christin und Ralf Ruch hatten Hornissen in ihrer Wohnung. Bildrechte: MDR/Christian Kerber

Anderes Hornissen-Nest plötzlich weg

Ein Nachbar aus der Hausnummer acht, Dietmar Klinger, hatte vor vier Wochen ebenfalls ein Hornissen-Nest im Haus gemeldet: "Das war dann relativ schnell weg, ich vermute ein Kammerjäger war da."

LWB lobt "umsichtiges Verhalten der Mieter"

Die LWB weiß davon offenbar nichts und verweist auf den Vorschlag mit dem geschlossenen Fenster. Der hätte eine Erfolgsquote von 75 Prozent gehabt: "Durch umsichtiges Verhalten der Mieter in den anderen drei Eingängen konnten die Hornissen dort den Weg nach draußen finden und durchs geschlossene Treppenhausfenster auch nicht wieder in die Häuser gelangen. Im Hainveilchenweg 12 wurden die von uns verschlossenen Fenster dagegen aufgebrochen – was die Ansiedlung der Hornissen begünstigt hat."

Auslagerung "nicht mehr möglich"

Für die Auslagerung eines Hornissen-Nests ist eine Genehmigung erforderlich. Die LWB habe sich mit der NABU, dem Naturschutzbund Deutschland, in Verbindung gesetzt. Eine Pressesprecherin erklärte: "Die Sachverständige für Hautflügler hat daraufhin festgestellt, dass im Nest bereits eine Königin und Larven 'wohnen', weshalb eine Umsetzung nicht mehr möglich war", schrieb die LWB.

Dieser Anblick bietet sich den Bewohnern des obersten Stockwerks, wenn sie ihre Wohnungen verlassen. Bildrechte: privat

Die Plane der LWB hielt nur zwei Tage

Also befestigte die LWB im Haus Nr. 12 eine Art Vorhang vor dem Nest. Die Plane hielt ganze zwei Tage. Eine Mieterin spricht von einem "chaotischen Anblick". Warum sie schnell wieder runter kam? Unklar. Mieter vermuten wegen der Hitze und einer unsachgemäßen Befestigung. Die LWB spricht davon, dass die Plane "mehrfach beschädigt wurde". Die Hornissen seien danach jedenfalls noch aggressiver gewesen, findet Chlebus. Der Putzdienst gehe jetzt nur noch in die tiefen Stockwerke, hat sie auch festgestellt.

LWB schickt Verhaltensregeln

Nach Einschätzung des NABUs gehe von den Hornissen keine Gefahr aus – so lange man sie in Ruhe lässt, schreibt die LWB. Sie hat ihren Mietern inzwischen Verhaltensregeln zukommen lassen: Darin heißt es unter anderem, man solle "starkes Parfüm" unter dem Nest vermeiden, die "Flugschneisen freihalten" und das Licht abends erst einmal eine Minute anlassen, damit sich die Hornissen an das Licht gewöhnen könnten. Erst dann könne man vorbeigehen. "Das ist Humbug, das Licht geht ja nach zwei Minuten auch schon wieder aus", sagt Suse Chlebus dazu.

Diese Hinweise zum Umgang mit Hornissen bekamen die Mieter von der LWB. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Imkerverband: "Nest geht Ende entgegen"

Michael Hardt, der Vorsitzende des sächsischen Imkerverbands, sagt: "Gerade geht das Nest seinem Lebensende entgegen, es sollte sich in zwei, drei Wochen auflösen. Da ist es sinnlos, sie mit viel Aufwand noch umzusiedeln." Die LWB will danach das Treppenhaus "fachmännisch" reinigen lassen, um "das Risiko einer erneuten Ansiedlung zu minimieren". Ob das einmalige Putzen eine nachhaltige Lösung sein wird, werden die Mieter im nächsten Jahr wissen.

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MDR (cke)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 24. September 2024 | 14:30 Uhr