Eine Studentin läuft an einer Info-Wand vorbei, die in einem Gebäude der Universität Hamburg hängt.
Früher suchten die Studierenden an Aushängen nach Jobs. Heute arbeitete die Jobvermittlung des Studentewerks Leipzig ausschließlich digital. (Symbolfoto) Bildrechte: picture alliance / dpa Themendienst | Bodo Marks

Arbeitsmarkt Litfaßsäule oder Geräuschhörer: 30 Jahre Jobvermittlung beim Studentenwerk Leipzig

06. Juli 2022, 07:08 Uhr

Das Gerücht hält sich hartnäckig, aber dass Studierende meistens auf der faulen Haut und in der Sonne herumliegen, stimmt so nicht. Viele von ihnen haben einen Job, um sich außerhalb der Hörsäle und Seminarräume etwas leisten zu können. Um die Arbeitssuche zu erleichtern, gibt es beim Studentenwerk in Leipzig eine Jobvermittlung. Die vermittelt schon seit 30 Jahren Studierende an Arbeitgeber

Die Jobvermittlung des Leipziger Studentenwerks feiert 2022 ihr 30-jähriges Jubiläum. Im Jahr 1992 wurde die Jobvermittlung gegründet und war - neben Berlin - eines der ersten ostdeutschen Studentenwerke mit diesem Angebot nach der Wiedervereinigung.

Erich Kästner als Litfaßsäule unterwegs

Aber schon in den 1920er-Jahren gab es an der Alma Mater eine Arbeitsvermittlung, die an das Amt für studentische Fürsorge angegliedert war und ausschließlich von Studierenden geleitet wurde. Als wandelnde Litfaßsäule verdiente sich Schriftsteller Erich Kästner während seines Studiums in Leipzig ein paar Mark dazu. Den Job hatte der gebürtige Dresdner über den Wirtschaftsselbsthilfeverein Leipziger Studenten - einem Vorläufer des Studentenwerks - ergattert.

"Enorme" Bandbreite an Angeboten

Solche ausgefallenen Angebote gäbe es heute kaum noch, erzählt Susann Pianski-Lehmann von der Jobvermittlung, aber die Bandbreite sei schon enorm. "Wir hatten letztens ein Angebot, bei der sich die Studentin ein bestimmtes Geräusch in einer Wohnung anhören sollte und das dann entsprechend protokolliert hat", sagt Pianski-Lehmann im Gespräch mit MDR SACHSEN.

Aber es gebe natürlich auch Grenzen, ergänzt Jobvermittlerin Ute Otto: "Dienstleistungen im erotischen Bereich machen wir nicht."

300 Jobangebote täglich

Früher seien die Jobangebote handgeschrieben auf A4-Seiten an einer Pinnwand ausgehängt gewesen, sagt Otto. Heute läuft die Vermittlung online. Rund 150.000 Arbeitssuchende waren über die Jahre bei der Jobvermittlung des Leipziger Studentenwerkes registriert, dazu mehr als 40.000 Arbeitgeber. Derzeit gebe es täglich rund 300 Angebote.

"Im Moment können wir uns vor Jobangeboten nicht retten", sagt Jobvermittlerin Otto. Wegen des coronabedingten Arbeitskräftemangels suchten die Unternehmen "händeringend" Leute.

Bürojobs bevorzugt, IT-Bereich wenig nachgefragt

Schon zu Erich Kästners Zeiten hieß es in einer Chronik des Studentenwerkes: "Während an anderen Hochschulen für die Ferienzeit mit Vorliebe körperliche Arbeit gewählt wird, bevorzugen die Leipziger Studierenden bei weitem Kontor-, Büro- und Bankarbeit." Daran habe sich wenig geändert, sagt Susann Pianski-Lehmann schmunzelnd. "Bürojobs - oder solche bei denen man wenig schwitzen muss - sind Angebote, die gut laufen."

Probleme bereite derzeit allerdings die IT-Branche. Dort gebe es viele Angebote, aber zu wenig Bewerberinnen und Bewerber, sagt Pianski-Lehmann. Sehr beliebt seien hingegen Jobs rund um die Spiele von Fußball-Bundesligist RB Leipzig. Aktuell werden auch Mitarbeitende zur "freundlichen Ansprache und Unterstützung von Radfahrenden Gästen" gesucht - eine ähnlich skurrile Arbeit wie der Litfaßsäulenjob von Erich Kästner.

MDR (mar/Roland Kühnke)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Leipzig | 05. Juli 2022 | 16:30 Uhr

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