Neue Mobilität "Einstiegsdroge" Lastenrad: Leipzig startet Modellprojekt

12. Juli 2022, 11:35 Uhr

Während die Stadt Leipzig bei E-Rollern eher zurückhaltend unterwegs war, geht sie bei Lastenrädern nun nach vorne. Am Dienstag stellte die Messestadt ein Modellprojekt vor.

Die Stadt Leipzig testet als Modellkommune ein Mietsystem für Lastenräder. In einem fünfmonatigen Probelauf soll das Potenzial für die Transportbikes ermittelt werden.

An der S-Bahn-Haltestelle Bayrischer Bahnhof, gleichzeitig "Mobilitätsstation Nr. 7" in der Messestadt, erläuterte Michael Jana, der Leiter des Verkehrs- und Tiefbauamtes, am Dienstag das Projekt. 30 Lastenräder - davon ein Drittel mit E-Akku und zwei Drittel muskelbetrieben - werden an elf Stationen in der Stadt verteilt. Ein Schwerpunkt ist die Südvorstadt. Für den Verleih fällt ein Preis von 4 Euro beziehungsweise 4,60 Euro pro Stunde an – je nachdem, ob die Räder mit oder ohne Elektro-Antrieb fahren.

"Wir sehen, dass Lastenräder in Leipzig bereits weit etabliert sind. Über das Mietsystem versprechen wir uns jetzt einen Zugang für noch mehr Menschen", sagte Jana. In den Gründerzeitvierteln der Stadt sei der Besitz eines eigenen Lastenrades häufig schwierig - in vielen Häusern gebe es gar keine Möglichkeiten, ein solches Rad abzustellen. Daher könne ein Mietsystem sinnvoll sein.

Das Modellprojekt findet bei Konrad Krause, Geschäftsführer des "Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs Sachsen" (ADFC), viel Zustimmung: "Das ist super, das füllt genau die Lücke zwischen Fahrrad und Car-Sharing. Es ist eine niederschwellige Einstiegsmöglichkeit, das könnte die Einstiegsdroge sein", so der Dresdner.

Konrad Krause mit einem Fahrrad
Konrad Krause, Geschäftsführer des "Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs Sachsen" Bildrechte: imago images/ Arvid Müller

Das ist super, das füllt genau die Lücke zwischen Fahrrad und Car-Sharing. Es ist eine niederschwellige Einstiegsmöglichkeit, das könnte die Einstiegsdroge sein.

Konrad Krause, Geschäftsführer des "Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs Sachsen" (ADFC) MDR Sachsen

Lastenräder boomen - Stellplätze fehlen

Nach Angaben der Verbraucherzentrale Sachsen wurden allein im Jahr 2021 in Deutschland 167.000 Lastenräder verkauft. Die 62 Prozent Plus im Vergleich zum Vorjahr stellen ein Rekordwachstum dar. Allerdings hapere es in Sachsen an entsprechenden Parkplätzen, da diese mit bis zu 2,5 Metern Länge und bis zu 80 Zentimetern Breite deutlich mehr Raum benötigen.

Die Stadt Leipzig hat deshalb einen Stellplatz dieser Art als Prototyp im Stadtteil Altlindenau installiert. Geplant sind weitere Standorte im ganzen Stadtgebiet. Daniel Köhlerschmidt von der Verbraucherzentrale Sachsen berichtet: "Der Prototyp kommt gut an. Aber speziell in Leipzig ist es eine Herausforderung. Auch wenn die Stadt klimabewusst ist, so fehlen doch die Parkplätze. Die müssen jetzt einfach gebaut werden. Derzeit ist das Parken auf den Gehwegen erlaubt, aber das führt dann auch zu Konflikten."

Parkplatz für Lastenräder. Ein auf den Bürgersteig gemaltes Symbol zeigt ein Lastenfahrrad neben einem Befestigungsbügel
Ein Parkplatz für ein Lastenrad. Bildrechte: IMAGO / Friedrich Stark

Buchung über eine App

Der fünfmonatige Probelauf sieht an den Stationen insgesamt 15 Leihfahrräder vor, darunter fünf mit elektronischer Tretunterstützung. Die Fahrräder sollen an die Mobilitätsstationen angebunden sein und können mit einer speziellen App gebucht werden. Die Integration in andere Mobilitätsplattformen lohnt sich während des Testlaufs nicht, da die geplante Betriebsdauer hierfür zu kurz ist.

Neben Leipzig Tests in drei weiteren Städten

Leipzig ist mit 14 weiteren Städten Teil des kommunalen Netzwerkes für öffentliche Transportradmietsysteme TINK (Transportrad Initiative Nachhaltiger Kommunen). Aus dem Netzwerk haben sich noch Dortmund, Siegen und Reutlingen für einen Test entschieden. In Dortmund waren die Erfahrungen nach Angaben der Stadt positiv. Dort hätten sich mehr als 1.300 Nutzer und Nutzerinnen registriert und rund 2.500 Kilometer mit den Lastenrädern zurückgelegt. Die Initiative will nachhaltige Mobilität fördern und so Innenstädte vom Autoverkehr entlasten.

TINK-Projekt über drei Jahre

Das TINK-Projekt läuft drei Jahre und wertet die Erfahrungen der Kommunen beim Verleih aus. So tauschen sich die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer etwa darüber aus, wie sich Vandalismus und Diebstahl an den Transporträdern vermeiden lässt. Das TINK-Netzwerk wird durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans gefördert.

Quelle: MDR (cke)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 12. Juli 2022 | 19:00 Uhr

11 Kommentare

geradeaus am 13.07.2022

Es ist (leider) sehr lange her als ich dort war jedoch kann ich sagen: Leipzig ist ne tolle Stadt und ich denke das wird nicht nur so bleiben sondern noch schöner werden in Sachen Infrastruktur.

Suedvorstadt am 12.07.2022

"Nun werden also nach den normalen Fahrrädern und den E-Scootern die Lastenfahrräder weiteren Platz auf den Gehwegen fressen."

Die Miet-Roller stehen in Leipzig in abgegrenzten Bereichen, und auch nur dort, wo ausreichend Platz zur Verfügung steht. Und das Parkproblem der normalen Fahrräder ließe sich ja leicht lösen: einfach drei bis vier Fahrradbügel auf einen KFZ-Parkplatz montieren, und man kann sechs bis acht Drahtesel sicher und platzsparend parken.

Der Teil mit den Radwegen ist natürlich Käse, denn mit so ziemlich jedem Lastenrad kann ich auf einem Radweg mit Normbreite ohne Probleme entlangradeln. Ihnen fehlt da offenbar die Erfahrung.

Und wer Fahrrad fährt, rettet sicher nicht die Welt, aber er leistet einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen und zur Verkehrsberuhigung. Je mehr Fahrräder in einer Stadt unterwegs sind, desto mehr Platz haben die noch übrig gebliebenen KFZ auf den Straßen, z.B. für Handwerker:innen und co.

Suedvorstadt am 12.07.2022

Ich denke mal, Sie sprechen aus eigener Erfahrung?

Warum sind Lastenräder sinnvoll? Sie sind klimaneutral und entsprechend nachhaltig, nehmen weniger Platz weg als ein Auto und können ähnlich viel transportieren. Sie sind damit nicht nur ein sinnvoller Beitrag, damit Leipzig klimaneutral wird, sondern sie sparen auch noch wertvollen Platz auf den sowieso schon überfüllten Straßen.

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