"Tag X", Feste und FußballGroßeinsatz-Wochenende der Polizei: OB Jung besorgt um Sicherheit
Bislang ist die linksautonome Demo zum "Tag X" in Leipzig untersagt. Das Verwaltungsgericht hat am Freitagabend das Verbot der Stadt bekräftigt und einen Eilantrag dagegen abgelehnt. Gleichwohl rechnen Behörden mit Aktionen, Demonstranten, die von außerhalb anreisen und womöglich mit Gewalt agieren. Leipzigs Oberbürgermeister blickt sorgenvoll auf den Sonnabend.
- Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) warnt vor Gewalt und ruft auf, friedlich zu sein.
- Ein Eilantrag des Demonstrationsverbots wurde abgelehnt. Proteste bleiben verboten. Polizei kontrolliert Anreiseverkehr.
- Linken-Abgeordnete Nagel verlangt "Deeskalation auf allen Seiten.
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sorgt sich vor dem "Tag X" der linksautonomen Szene um die Sicherheit in der Stadt. "Wir sehen mit großer Sorge die offenen, zum Teil hasserfüllten Gewaltaufrufe aus dem anarchistisch-linksextremistischen Milieu in den sozialen Medien. Gewalt darf aber niemals Mittel der politischen Auseinandersetzung sein", sagte der SPD-Politiker am Freitag. Seit Donnerstag ist eine für den sogenannten Tag X geplante Demonstration untersagt. Die Stadt hatte die Versammlung verboten. Per Eilantrag wehrte sich der Demo-Anmelder gegen das Verbot. Doch am Freitagabend bestätigte das Verwaltungsgericht Leipzig das Verbot der Stadt. Die Demo soll nicht stattfinden. Gleichwohl bereitet sich die Polizei auf einen Großeinsatz vor.
Wir sehen mit großer Sorge die offenen, zum Teil hasserfüllten Gewaltaufrufe aus dem anarchistisch-linksextremistischen Milieu in den sozialen Medien. Gewalt darf aber niemals Mittel der politischen Auseinandersetzung sein.
Burkhard Jung | Oberbürgermeister der Stadt Leipzig (SPD)
Aufruf, friedlich zu bleiben
Leipzigs Stadtchef Jung rief zur Friedlichkeit auf. In der Stadt der Friedlichen Revolution von 1989 sei auf die Straße getragene Gewalt vollkommen inakzeptabel. "Ich appelliere an alle, sich den Aufrufen nicht anzuschließen und sich von jeglicher Gewalt unmissverständlich zu distanzieren."
Demo-Verbot, weil "unfriedlicher Verlauf" vorausgesagt
Die Stadt Leipzig hatte die für Sonnabend geplante "Tag X"-Demo mit dem Motto "United we stand - Trotz alledem, autonomen Antifaschismus verteidigen!" verboten, weil ein unfriedlicher Verlauf zu befürchten sei. Grundlage dafür sind Gefahrenprognosen der Polizei und Lageeinschätzungen des Verfassungsschutzes. In linken Kreisen war bundesweit mobilisiert worden. Laut Polizei gibt es auch Gewaltandrohungen und Aufrufe zur Militanz. Ein Eilantrag des Anmelders wurde abgelehnt.
Polizei kontrolliert großräumig Anreiseverkehr
Seit Freitag 18 Uhr gilt in Leipzig ein sogenannter Kontrollbereich, der große Teile des Stadtgebiets im Osten, Süden und Westen Leipzigs umfasst, auch den Hauptbahnhof. Dort kann die Polizei ohne besonderen Anlass Menschen anhalten und deren Identität prüfen. Auch der Anreiseverkehr auf den Straßen und am Hauptbahnhof soll kontrolliert werden, hatte die Polizei mitgeteilt.
Im Zusammenhang mit dem "Tag X"-Verbot haben die Behörden am Freitagabend den Leipziger Stadtteil Connewitz im Blick. Dort wurde zu einem "Massencornern" (Menschenansammlungen an Ecken oder Kneipen, Anmerk. d. Red.) aufgerufen. Verschiedene Antifa- und Anarchie-Accounts warben dafür, sich "die Straßen zu nehme". Solidarität lasse sich nicht verbieten, hieß es in den Aufrufen.
Reaktion auf Urteile im Lina E.-Prozess
Der "Tag X" ist eine Reaktion auf die Verurteilung der Studentin Lina E. und den drei Mitangeklagten wegen Überfällen auf vermeintliche oder tatsächliche Neonazis. Das Quartett war am Mittwoch vom Oberlandesgericht Dresden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden wegen Körperverletzung und Mitgliedschaft oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Lina E., die seit zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft saß, kam nach der Urteilsverkündung vorläufig frei.
Proteste am Mittwoch gestoppt
Bereits am Mittwochabend hatte es eine Solidaritäts-Demo für Lina E. gegeben. Sie war gleich zu Beginn wegen Auflagenverstößen und deutlich überhöhter Teilnehmerzahl gestoppt worden. Danach wurden Steine und Böller auf Polizeibeamte geworfen, hieß es im Polizeibericht.
Linken-Abgeordnete Nagel verlangt "Deeskalation auf allen Seiten"
Am Donnerstagabend geriet dieLandtagsabgeordnete der Linken, Juliane Nagel, als Anmelderin einer Jugenddemo am Kindertag in eine Polizei-Maßnahme. Videobilder vom Vorgehen der Polizei lösten heftige Kritik aus. In sozialen Netzwerken wird der Polizei, dem sächsischen Innenministerium und der Stadt Leipzig vorgeworfen, die Situation rund um den "Tag X" zu eskalieren. Ein Polizeisprecher wies darauf hin, dass bei der Jugenddemo zahlreiche polizeifeindliche Sprüche gerufen worden seien. Der Vorfall werde untersucht.
Nach Polizeiangaben traf sich Nagel am Freitag mit dem Leipziger Polizeipräsidenten René Demmler und Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) zum Gespräch. Dabei habe man sich sachlich und kritisch mit dem Polizeieinsatz am Donnerstag und der Versammlung auseinander gesetzt. Die Beteiligten seien sich einig gewesen, dass vor dem "Tag X" Verunsicherung und Ängste vor Ausschreitungen bestünden und Deeskalation das Gebot der Stunde sein müsse. Auch Nagel verlangte "Deeskalation auf allen Seiten".
Aufrufe zu Versammlungen an Straßenecken - "Massencornern"
Im Zusammenhang mit dem "Tag X"-Verbot rückte auch der Freitagabend in Leipzig in den Fokus der Aufmerksamkeit. Im Stadtteil Connewitz wurde am Abend zu einem "Massencornern" aufgerufen. Verschiedene Antifa- und Anarchie-Accounts warben dafür, sich "die Straßen zu nehmen". Solidarität lasse sich nicht verbieten, heißt es in den Aufrufen.
Zum Großdemo-Tag: Grönemeyer, Stadtfest und Sachsenpokal
Außer den linken Demo-Ankündigungen stehen am Wochenende in Leipzig mehrere Großveranstaltungen an. Es ist Stadtfest, Herbert Grönemeyer gibt ein Konzert vor Zehntausenden Besuchern, und am sonnabend spielen Lok Leipzig und der Chemnitzer FC um den Sachsenpokal. Eine Absage dieses Fußballspiels war diskutiert, aber dann verworfen worden.
MDR (dpa/tomi)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 03. Juni 2023 | 19:00 Uhr