Eine Frau hält in einem Fahrradabteil ein 9-Euro-Ticket.
Rund 380.000 9-Euro-Tickets sind bereits im Mitteldeutschen Verkehrsverbund verkauft worden. Rund 180.000 davon in Leipzig. Bildrechte: IMAGO / Kirchner-Media

Nahverkehr Leipzig mit positivem Fazit zu 9-Euro-Ticket

30. Juni 2022, 20:51 Uhr

Seit rund einem Monat gibt es nun das 9-Euro-Ticket. Nach Angaben des MDV hat jeder dritte Einwohner im Gebiet des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes eines. Rund 380.000 Stück wurden seit Mai verkauft. Befürchtet wurde ein Ansturm auf Busse und Bahnen, zu wenig Platz für zu viele Fahrgäste. Für Leipzig ziehen die LVB ein anderes Fazit.

Rund 180.000 9-Euro-Tickets sind in Leipzig seit Mai über Apps, an Ticketautomaten und beim Fahr- und Servicepersonal verkauft worden, sagt Frank Viereckl von den Leipziger Verkehrsbetrieben. Er zieht ein positives Fazit. Die Fahrzeuge seien auch mal voll, das lasse sich aber nicht vermeiden, so Viereckl. Eine Überlastung sehe er nicht.

Sicherlich sind die Fahrzeuge da auch mal voll, das lässt sich nicht vermeiden. Aber von einer Überlastung kann nicht gesprochen werden.

Frank Viereckl Leipziger Verkehrsbetriebe

Auslastung Leipziger Busse und Bahnen leicht über Vor-Corona-Niveau

Viereckl kritisiert, dass die Umsetzung des 9-Euro-Tickets eine "Hauruck-Aktion" gewesen sei. Die Ankündigung für das Ticket sei sehr kurzfristig gekommen. "Wir waren aber schon so selbstbewusst zu sagen, dass unser System nicht unbedingt überfordert wird und das hat sich bewahrheitet."

In den Leipziger Bussen und Bahnen seien trotz des günstigen Tickets noch deutlich weniger Fahrgäste unterwegs als vor Corona. "Wir hatten vor dem 9-Euro-Ticket ungefähr 80 Prozent Auslastung - durch den Effekt des 9 Euro-Tickets sind wir jetzt bei 86 Prozent gelandet."

Leipziger finden 9-Euro-Ticket "beruhigend"

Im Rahmen einer Umfrage von MDR SACHSEN sagen viele Leipziger, dass sie das Ticket gar nicht unbedingt brauchen, es aber trotzdem gern nutzen. "Es ist beruhigend, wenn man es hat", sagt ein Passant. "Ich finde, das ist eine ganz tolle Erfindung."

Ab September - wünschen sich die Leipziger- soll es am besten ein Ticket geben, mit dem Reisende und Pendler weiter bundesweit Nah- und Regionalverkehr nutzen können.

Es ist halt praktisch, wenn man nicht für jede Zone oder jede Stadt gucken muss: 'Was brauch ich für ein Ticket?' Wenn sich das einrichten lässt, wenn man sagt, man macht eine Pauschale über das ganze Jahr für die Leute, dann würde es vielleicht Sinn machen.

Passant

Nachhaltige Mobilität soll von Politik und Bevölkerung disktutiert werden

Hier sei die Politik gefragt, sagt Mobilitätsforscher Jan-Christoph Schlüter. Das Thema Öffentlicher Personennahverkehr sei wieder in der Mitte der Gesellschaft angekommen. "Die Politik hat jetzt die einmalige Chance, das Thema ÖPNV nach vorne zu bringen", sagte Schlüter. Nachhaltige Mobilität mit dem ÖPNV stärken zu können, sei für alle positiv - deshalb müssten Bevölkerung und Politik das Thema disktutieren und dafür einen Weg finden.

Auch Frank Viererckl von der Leipziger Verkehrsgesellschaft sieht die Politik am Zug. "Es gibt jetzt wirklich komplett neue Überlegungen in dem Bereich. Man kann nicht im September sagen, nun ist alles wieder wie vorher." Er ist sich sicher, dass es ein Nachfolgemodell geben muss. Dies müsse aber in Berlin entschieden werden.

Die Politik hat jetzt die einmalige Chance, das Thema ÖPNV nach vorne zu bringen. Dass wir es jetzt diskutieren und dass wir jetzt mit der Bevölkerung und der Politik einen Weg finden, wie wir nachhaltige Mobilität im Sinne des ÖPNV umsetzen können und den ÖPNV stärken können, ist für uns alle sehr positiv.

Jan-Christoph Schlüter Mobilitätsforscher

Umfrage der TU Dresden: Maximal 60 Euro darf Monatsticket kosten

Eine Umfrage der TU Dresden hat ergeben, dass ÖPNV-Nutzer zwischen 30 und 60 Euro für ein Monatsabo auszugeben bereit wären. Die Leipziger wären eher bereit, maximal 300 Euro im Jahr zu bezahlen, wie ein Passant bestätigt: "Bis zu 20 Euro im Monat fände ich vollkommen okay."

August letzter Monat für 9-Euro-Ticket

Das 9-Euro-Ticket ist eine Reaktion auf die stark gestiegenen Energiekosten und soll bundesweit als finanzielle Entlastung und Anreiz für den ÖPNV dienen. Es wird in den Monaten Juni, Juli und August angeboten und gilt deutschlandweit für Fahrten mit Bussen, Straßen- und Regionalbahnen in der 2. Klasse. Für jeden Monat wird ein Extra-Ticket ausgestellt.

MDR (uk,lt)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Leipzig | 30. Juni 2022 | 16:30 Uhr

3 Kommentare

globetobi am 01.07.2022

78% der Sachsen leben in Städten. Daraus ergibt sich eine Landbevölkerung von ca. 1 Millionen. Auch diese haben zu einem gewissen Teil Anschluss an das ÖPNV Netz. Eine Reduktion des Autoverkehrs in den Städten schafft mehr Spielraum für Fahrzeuge im ländlichen Bereich. Dies ist keine Benachteiligung der Landbevölkerung. Ich sehe hier kein Verhöhnung. Auch muss es unterschiedliche Konzepte für Stadt und Land geben. Standardantworten für unterschiedliche Probleme gibt es nicht. In der Stadt ist der ÖPNV und das 9 € eine gute Lösung. Für das Land brauchen wir andere Verkehrskonzepte.

lk2001 am 01.07.2022

Solange der unseelige Maskenball im ÖPNV noch besteht ist er halt eine Notlösung wenn es mit dem Auto unsinnig wird. Dieser Fall tritt allerdings Dank Amazon und Co. Nicht so oft auf.

andreas1058 am 30.06.2022

Millionen von Menschen im ländlichen Raum schauen in die Röhre. Sie haben vielfach NULL Möglichkeiten dieses Ticket zu nutzen. Sie sind auf ihr Auto angewiesen, dass mit extrem teuren Treibstoff betrieben werden muss und werden dafür sogar noch verhöhnt. Toll.

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