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Gil Ofarim hat einen neuen Anwalt. Der will einen Schauprozess gegen den Musiker in Leipzig verhindern. Bildrechte: imago images/Future Image

BefangenheitsvorwurfNeuer Ofarim-Anwalt befürchtet "Schauprozess" gegen Sänger

17. August 2022, 15:12 Uhr

Der Sänger Gil Ofarim muss sich bald vor dem Landgericht in Leipzig verantworten. Sein Fall bewegt seit dem Oktober 2021 die Gemüter in und außerhalb Sachsens. Der Musiker postete in sozialen Netzwerken ein Video von sich selbst und erhob darin Antisemitismus-Vorwürfe gegen einen Mitarbeiter des Hotel-Westin in Leipzig. Das Hotel bestritt die Vorwürfe. Die Staatsanwaltschaft hatte in dem Fall ermittelt und keine Beweise für Ofarims Aussagen gefunden.

Der wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung angeklagte Musiker Gil Ofarim hat in seinem Fall weitere Anwälte hinzugezogen. Die Münchner Kanzlei Stevens und Partner erklärte den für die Zulassung der Anklage zuständigen Richter für befangen. Nach ihrer Ansicht droht Ofarim ein Schauprozess, weshalb der Fall vor das Landgericht und nicht vor das Amtsgericht gebracht werden soll.

"Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Leipziger Justiz hier einen Schauprozess anstreben könnte, nicht ausschließbar aus politischen Gründen", sagte Alexander Stevens. Als Anzeichen dafür führt Stevens an, dass die Staatsanwaltschaft Ofarim am Land- und nicht am Amtsgericht anklagt und dies mit der Prominenz des Angeklagten begründet. Schließlich habe auch der Körperverletzungsprozess gegen den nicht weniger bekannten, früheren Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng in erster Instanz am Münchner Amtsgericht stattgefunden.

Gericht muss noch über Zulassung der Klage entschieden

Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat den 40-Jährigen wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung angeklagt. Der Musiker hatte im vorigen Oktober in einem viralen Video Antisemitismus-Vorwürfe gegen ein Leipziger Hotel erhoben. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft hat sich der Vorfall aber nicht so zugetragen. Das Leipziger Landgericht hat nach Angaben einer Sprecherin noch nicht über die Zulassung der Anklage gegen Ofarim entschieden. Damit wird in den kommenden Tagen gerechnet.

Anwalt von Ofarim spricht von Vorverurteilung

Stevens spricht von "einer massiven medialen Vorverurteilung" seines Mandanten und zweifelt die Unabhängigkeit der Leipziger Justiz an. "Trotz der grundrechtlich geschützten Unschuldsvermutung haben ausgerechnet der Landesvater, Ministerpräsident Michael Kretschmer, aber auch beispielsweise Ex-Justizminister Heiko Maas sich im Vorfeld zur Sache inhaltlich geäußert und ihrer untergebenen Justiz damit Leitlinien einer Verurteilung quasi vorgegeben." Schon vor der Zulassung der Anklage haben Stevens und sein Team nach eigenen Angaben darum einen Antrag gestellt, den zuständigen Richter, der über die Zulassung der Anklage entscheidet, wegen Befangenheit abzulehnen.

Öffentliche Meinung zum Fall Ofarim dreht sich im Verlauf der Ermittlungen

Allerdings hat sich die öffentliche Meinung erst im Laufe der Ermittlungen gedreht. Anfangs erfuhr Ofarim große Unterstützung in sozialen Medien - ohne Kenntnis etwaiger Ermittlungsergebnisse. So hatten sich Menschen vor dem Hotel versammelt, um Ofarim ihre Solidarität zu zeigen. Auch die Hotelgruppe hatte sich beim Musiker entschuldigt, obwohl das Leipziger Hotel noch mitten in eigenen Untersuchungen zu dem Vorfall an der Rezeption war. Erst nach und nach kamen Zweifel an der Darstellung des Musikers auf.

MDR (lam)/dpa

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 16. August 2022 | 14:30 Uhr