Reaktionen Politiker verurteilen versuchten Brandanschlag auf Asylunterkunft in Leipzig

28. August 2022, 14:55 Uhr

Politiker verschiedener Parteien haben mit Empörung auf den versuchten Brandanschlag im Westen von Leipzig gegen eine Gemeinschaftsunterkunft reagiert. Gut 30 Jahre nach den rassistischen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen hat es in Leipzig einen Angriff auf eine Unterkunft für Asylbewerber gegeben. Das Landeskriminalamt (LKA) hat die Ermittlungen übernommen.

Nach dem versuchten Brandanschlag auf eine Gemeinschaftsunterkunft im Westen von Leipzig am Freitagabend haben sich zahlreiche weitere Politikerinnen und Politiker verschiedener Parteien bestürzt und empört über die Tat geäußert.

Empörte Reaktionen aus der Politik

Burkhard Jung (SPD)
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) unterstellt den Tätern bewusste Menschenverachtung. Bildrechte: SPD Leipzig

Der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Burkhard Jung (SPD), reagierte mit Empörung auf den Brandanschlag. "Ausgerechnet in der Woche, in der wir an die Anschläge in Rostock vor 30 Jahren erinnern, einen Brandsatz auf eine Asylbewerber-Unterkunft zu werfen, zeigt, dass wir es hier nicht mit Spontantätern zu tun haben." Die Täter wollten bewusst ein menschenverachtendes Zeichen setzen. "Demokraten können darauf nur mit Abscheu reagieren", sagte er.

Die Leipziger Linken-Politikerin Jule Nagel nannte den Anschlag vom Wochenende, 30 Jahre nach den rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen auf Twitter, erschreckend.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Nadja Sthamer zeigte sich in einer Pressemitteilung, die sie gemeinsam mit ihrer SPD-Parteikollegin Irena Rudolph-Kokot am Sonnabend veröffentlicht hat, erschüttert über den Brandanschlag. "Diese Gewalt vor dem Hintergrund der 30. Gedenkwoche von Rostock-Lichtenhagen zeigt deutlich auf: Hass auf Geflüchtete ist Alltag in Deutschland." Rudolph-Kokot forderte die wirksame Bekämpfung rechter Strukturen. "Nicht nur in Rostock-Lichtenhagen tobte der Mob vor 30 Jahren vor Geflüchtetenunterkünften, sondern auch in Leipzig Lausen-Grünau." Die Auswahl des Datums sei nicht zufällig und mache die Tat noch abscheulicher.

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) verurteilte die Tat bereits am Sonnabend. Es sei "ein Alarmzeichen, dass solch menschenverachtende Straftaten nicht der Vergangenheit angehören", erklärte er. Als Folge der Attacke sei "für alle Asylbewerberunterkünfte in Sachsen die Überwachung im Rahmen der Streifentätigkeit verstärkt" worden. Die Ermittlungen liefen mit Hochdruck, versicherte er.

Der Leipziger Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek reagierte auf die Aussagen Schusters bei Twitter. Kasek schrieb: "Ich kann dieses Gerede von 'Alarmzeichen' oder 'Warnsignalen' nach rassistischer, menschenverachtender Gewalt nicht mehr hören." Es gebe rechten Terror, schrieb er weiter. "Es gibt Kontinuitäten und es gab mehr als genug Warnungen, die überhört wurden."

Unbekannte Täter verüben Brandanschlag

Unbekannte hatten am Freitagabend in Leipzig Gegenstände gegen die Hauswand einer Gemeinschaftsunterkunft geworfen. Dabei hätten sie ein Feuer entfacht, informierte das Landeskriminalamt Sachsen. "Ein punktuelles Feuer wurde durch die Sicherheitsdienste festgestellt und gelöscht." Der Gebäudesockel des Hauses wurde demnach leicht beschädigt. Menschen kamen nicht zu Schaden. Die Gemeinschaftsunterkunft befindet sich in einem Plattenbau im Stadtteil Lausen-Grünau. Nach Angaben der Stadt Leipzig hat sie 225 Plätze.

Zeugenaufruf: Wer hat etwas Auffälliges mitbekommen?

Weil die Polizei eine politisch motivierte Tat nicht ausschließen kann, ermittelt nun das Polizeiliche Extremismus- und Terrorismus-Abwehrzentrum (PTAZ) des LKA. Die "Task Force Gewalt" im LKA habe die Ermittlungen übernommen. Der Verdacht laute auf versuchte besonders schwere Brandstiftung. Die Ermittler suchen Zeugen und fragen: "Wer hat rund um den Tatzeitpunkt am 26. August gegen 23:10 Uhr im Bereich der Liliensteinstraße 15a auffällige Personen, Fahrzeuge, Personenbewegungen oder Zusammenkünfte wahrgenommen?"

Auch Hinweise zu anderen Auffälligkeiten oder Informationen aus sozialen Medien könnten von Interesse sein. Hinweise nehmen die Polizeireviere oder das LKA unter der Telefonnummer 0800 - 8 55 20 55 entgegen.

Erinnerung an Angriffe in Rostock-Lichtenhagen vor 30 Jahren

Der Angriff in Leipzig ereignete sich am Ende einer Woche, in der vielfach an die rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen vor 30 Jahren erinnert wurde. Im August 1992 hatten Anwohner und Neonazis unter dem Applaus Tausender Schaulustiger die Zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende und ein Wohnheim für vietnamesische Arbeiter angegriffen und teils in Brand gesetzt.

MDR (kk, stt, sw)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 27. August 2022 | 15:00 Uhr

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