Nächtliche Aufnahme: Polizist in Spezialausrüstung im Lauf
Zahlreiche Festnahmen und verletzte Polizeibeamte am "Tag X" in Leipzig. Bildrechte: xcitepress/Finn Becker

"TagX" im Rückblick Gewalt, Sachschäden und eingekesselte Demonstranten am Samstag in Leipzig

04. Juni 2023, 18:58 Uhr

Am Wochenende ist es in Leipzig zu Krawallen linksradikaler Demonstranten gekommen. 50 Polizisten wurden verletzt und 30 Demonstranten sind dem Haftrichter vorgeführt worden. Hintergrund der Demonstrationen war die Verruteilung der Linksextremen Lina E.

In Leipzig ist am späten Samstagnachmittag eine Demonstration eskaliert. Bei einer Versammlung mit rund 1.500 Teilnehmern des linken Spektrums in der Südvorstadt wurden nach dem Ende Steine, Gegenstände und Böller Richtung Polizei geworfen. Am Sonntagnachmittag teilte die Polizei mit, dass am Wochenende 50 Polizeibeamte verletzt worden sind. Zwei davon seien dienstunfähig. Auch Demonstrierende wurden der Polizei zufolge verletzt. Zu deren Anzahl könne allerdings keine Angabe gemacht werden. Insgesamt waren in der Stadt am Wochenende rund 3.000 Polizisten im Einsatz.

1.000 eingekesselte Demonstranten und verletzte Polizisten

Die Polizei sprach von "massiven Ausschreitungen" am Alexis-Schumann-Platz in der Nacht zum Sonntag und kesselte einen Teil der Demonstranten ein. Nach Polizeiangaben handelte es sich um 1.000 Personen. Mehrere Wasserwerfer waren auch in Stellung gebracht worden, kamen aber nicht zum Einsatz. Bis in die frühen Morgenstunden nahm die Polizei die Personalien der eingekesselten Personen auf. Die letzte Identität sei den Angaben zufolge gegen 5 Uhr morgens festgestellt worden. Gegen Demoteilnehmende bestehe der Verdacht des schweren Landfriedensbruchs und tätlicher Angriffe auf Einsatzkräfte.

Zerbrochene Fensterscheibe an einem Gebäude, im Hintergrund ein Eingansschild: Polzei
Wie befürchtet hatte es an diesem Wochenende in Sachsen Krawalle gegeben. Am Morgen bot sich vielerorts ein Bild der Verwüstung: abgebrannte Barrikaden und Mülltonnen sowie eingeschlagene Fensterscheiben. Bildrechte: xcitepress/Finn Becker

Leipziger Oberbürgermeister: "vollkommen durchgeknallte Straffällige"

Zwischen 40 und 50 Personen wurden bis zum Sonntagmittag in Gewahrsam genommen. 30 Menschen wurden festgenommen. Die Staatsanwaltschaft prüfte nun die Haftanträge, wie die Polizei mitteilte. Bereits am Samstag sind gegen fünf Personen Haftbefehle erlassen worden. Der Polizei zufolge wurden sie in eine Justizvollzugsanstalt gebracht. Es handele sich dabei um zwei 28-Jährige und drei Männer im Alter von 20, 25 und 32 Jahren.

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung hat am Sonntag linksextreme Demonstranten als "durchgeknallte Straffällige" bezeichnet. Der SPD-Politiker sagte beim Empfang der Mannschaft von RB Leipzig im Neuen Rathaus am Sonntag in Leipzig: "Was für ein Wochenende hat diese Stadt wieder hinter sich. Unglaublich. Grönemeyer-Konzert, Stadtfest, vollkommen durchgeknallte Straffällige in Connewitz - das gehört alles dazu."

Was für ein Wochenende hat diese Stadt wieder hinter sich. Unglaublich. Grönemeyer-Konzert, Stadtfest, vollkommen durchgeknallte Straffällige in Connewitz - das gehört alles dazu.

Burkhard Jung (SPD) Oberbürgermeister Leipzig

Fußball, Mega-Konzert und Feste andernorts in Leipzig friedlich

Unabhängig von der aus dem Ruder gelaufenen Versammlung hatten am frühen Nachmittag in Leipzig auch kleinere Demos und Versammlungen stattgefunden, die friedlich verliefen. Zeitgleich zu den Demonstrationen feierte Leipzig am Wochenende auch Stadtfest, es gab ein Herbert-Grönemeyer-Konzert und den Sachsen-Pokal im Fußball. An den Zufahrtswegen in die Stadt sowie am Bahnhof gab es den ganzen Tag lang Kontrollstellen.

Ausschreitungen schon Freitagnacht zu Sonnabend

Bereits in der Nacht zu Samstag hatte es in Leipzig Krawalle der linksradikalen Szene gegeben. Nach dem zunächst friedlichen Verlauf einer Versammlung am Wiedebachplatz wurden aus einer Menge von bis zu 700 Vermummten heraus Steine geworfen und Pyrotechnik gezündet. Vermummte griffen Polizisten an. Dabei wurden 23 Polizisten verletzt sowie 17 Einsatzfahrzeuge und mehrere Autos von unbeteiligten Anwohnern zerstört. An einer Bankfiliale wurde Schaden "in hoher fünfstelliger Summe" verursacht, teilte die Polizei mit.

Das war der 3. Juni 2023 in Leipzig

Bildergalerie Der "Tag X" in Leipzig in Bildern: Krawalle und Kundgebungen

Am Wochenende gab es einen Großeinsatz für die Polizei in Leipzig. Es wurden mehrere Demonstrationen der linken Szene erwartet. Hintergrund ist das Urteil im Fall der Linksextremistin Lina E.

Polizei reagiert wähernd Ausschreitungen auf einer Demonstration für Versammlungsfreiheit in Leipzig.
Ein zuerst friedlicher Versammlungstag in Leipzig eskalierte am späten Nachmittag nach einer vorzeitig beendeten Versammlung in der Südvorstadt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt
Polizei reagiert wähernd Ausschreitungen auf einer Demonstration für Versammlungsfreiheit in Leipzig.
Ein zuerst friedlicher Versammlungstag in Leipzig eskalierte am späten Nachmittag nach einer vorzeitig beendeten Versammlung in der Südvorstadt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt
Bei Protesten gegen das Urteil im Prozess gegen Lina E. in Leipzig rangeln Polizisten und ein Demonstrant auf dem Boden.
Während des Polizeieinsatzes nehmen Beamte Demo-Teilnehmer fest. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael
Menschen stehen eng beiander an einem Platz. Ringsherum sind Polizisten, Polizeiautos und Rettungswagen zu sehen.
Die Polizei versuchte friedliche Demonstranten von gewaltbereiten Teilnehmern zu trennen und kesselte eine große Gruppe im Park ein. Die Zahlenangaben von Reportern schwankten zwischen 100 und mehr als 300. Bildrechte: Konstantin Henss
Polizisten stehen in der Mitte einer Straße, rechts und links sind Menschen.
Von mehreren Seiten haben Polizeikräfte den Park in der Südvorstadt umringt. Bildrechte: Konstantin Henß
In der Leipziger Südvorstadt stehen Polizisten neben einem Wasserwerfer nahe einer aufgelösten Demo am Alexis-Schumann-Platz
Nach Stein- und Böllerwürfen riegelt die Polizei Zufahrtstraßen ab und bringt auch Wasserwerfer in Stellung. Bildrechte: Konstantin Henss
Drei Männer mit sturmhauben überm gesicht werfen voller wucht Stene und Gegenstände nach links in Richtung Polizeisperre am 3.6.2023 in Leipzig-Südvorstadt.
Von 1.000 Demoteilnehmern sollen ein Drittel gewaltbereit gewesen sein. Es gab nach Steinewürfen, Böllerschüssen und Bengalo-Zündungen 100 Anzeigen, informierte die Polizei. Bildrechte: Bernd März
In einem Park stehen Polizisten in einer Reihe am weg. vor ihnen brennt ein roter Böller, der in ihre Richtung geschossen wurde.
Erst verlief die Versammlung am Alexis-Schumann-Platz friedlich. Dann wurden Böller geworfen. Bildrechte: Ine Dippmann
Demonstranten einer Demo für Versammlungsfreiheit in Leipzig stehen Polizisten gegenüber.
Nach 17:30 Uhr riegelten Polizeibeamte Straßen rings um den Alexis-Schumann-Platz ab. Die angemeldete Versammlung konnte nicht als Demo den vorgesehenen Weg gehen. Bildrechte: Konstantin Henss
Auf einem Platz in Leipzig, dem Alexis-Schmann-Platz, versammeln sich tausende Teilnehmer zu einer Demo.
1.500 Menschen kamen in der Südvorstadt zu einer Demo zusammen, um für Versammlungsfreiheit zu demonstrieren. Urspünglich hatten die Organisatoren 100 Teilnehmende angemeldet. Bildrechte: Konstantin Henss
Zwei Menschen halten ein Plakat hoch
Am Nachmittag demonstrierten in der Südvorstand die Menschen für Versammlungsfreit. Einige zeigten auch Solidaritätsschilder für Lina E., die am vergangenen Mittwoch als Linksextremistin verurteilt wurde. Bildrechte: MDR
Wasserwerfer der Polizei stehen an der Polizeidirektion in Leipzig.
Der Sonnabend war für Polizei Großeinsatztag im Stadtgebiet. Neben Stadtfest und Grönemeyer-Konzert fand der Sachsenpokal im Fußball statt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt
Ein Zug aus Demonstranten zieht mit Transparenten an Polizisten in Leipzig vorbei. Die Demonstration wurde von der Klimabewegung "Fridays für Future" angemeldet. Auf den Transparenten stehen Losungen zum Klimaschutz. Die Demo fand am 3. Juni 2023 statt, an dem die linke Szene Demos zum "Tag X" geplant hat.
Es galt für die Beamten auch angemeldete Kundgebungen wie die von Fridays For Future, anlässlich des Weltfahrradtages, abzusichern. Bildrechte: Konstantin Henss
Ein Polizist am Kontrollpunkt Bundesstraße B2 kontrolliert Personen, die in Richtung Innenstadt fahren.
Um das Versammlungsverbot der "Tag X"-Demo durchzusetzen, gab es am Sonnabend auf den Bundesstraßen 2 und 6 Anreisekontrollen - und teilweise auch Staus. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael
Ausgebrannte PKW stehen in einer Nebenstraße im Stadtteil Stötteritz in Leipzig.
Am Morgen nach der Krawallnacht: Im Stadtteil Stötteritz waren mehrere Autos von Anwohnern ausgebrannt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt
Polizeifahrzeuge stehen im Stadtteil Connewitz in Leipzig in einer Straße mit Brandresten der Ausschreitungen am Vorabend.
Brandflecken auf dem Asphalt zeugen von der Krawallnacht in Connewitz in den frühen Morgenstunden des Sonnabends. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt
Auf einem Spielplatz am Wiedebachplatz lagen am Sonnabendmorgen zerbrochene Glasflaschen. Anwohner berichteten, dass die von Polizisten am Abend zuvor zerschlagen worden sein sollen. Bildrechte: Leven Wortmann
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Hintergrund des sogenannten Tages X

In linken Kreisen war bundesweit für die Demonstration am Sonnabend und für das Wochenende als "Tag X" mobilisiert worden. Anlass ist das Urteil gegen Lina E. und drei Mitangeklagte wegen Überfällen auf vermeintliche oder tatsächliche Neonazis, bei denen mehrere Menschen teils schwer verletzt worden waren. Die "Tag X"- Demo sollte ursprünglich am Sonnabendnachmittag in der Wolfgang-Heinze-Straße stattfinden. Die Stadt hatte sie aber verboten. Das Verbot war vom Verwaltungsgericht Leipzig und vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht bestätigt worden. Auch eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht blieb am Sonnabendnachmittag erfolglos. Die Beschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen.

MDR (kk, kav)/dpa,epd

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Guten Morgen Sachsen | 04. Juni 2023 | 08:50 Uhr

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