Energiekrise Wirtschaftsminister Habeck kündigt Staatshilfen für Gasimporteur VNG an

Der Leipziger Gasimporteur Verbundnetz-Gas AG (VNG) will wegen der drastisch gestiegenen Energiepreise beim Bundeswirtschaftsministerium Staatshilfen beantragen. Das soll die hohen Verluste auffangen und eine Fortführung des Geschäftsbetriebes ermöglichen, teilte die VNG am Freitag mit. Sachsens Energieminister Günther (Grüne) und Wirtschaftsminister Dulig (SPD) sehen den Bund in der Pflicht. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat bereits reagiert.

Robert Habeck
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will im Fall des kriselnden Gasimporteurs VNG schnell helfen. Bildrechte: dpa

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat am Freitag für die VNG staatliche Hilfen zugesagt: "VNG hat heute offiziell gesagt, dass sie staatliche Unterstützung brauchen, und die werden wir auch hinbekommen. Wir sind auf einem sehr, sehr guten Weg, das wird zeitnah geklärt werden."

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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat für VNG eine zeitnahe Lösung angekündigt. Bildrechte: dpa

Im Jahr 2021 hatte die VNG noch einen Milliardenumsatz. Die VNG wollte von russischem Erdgas unabhängiger werden und hat kriegsbedingte Mehrkosten in Millionenhöhe. Nun erntet das Unternehmen mit seinem Antrag auf Staatshilfen auch Kritik. Der Gasimporteur VNG will wegen der stark gestiegenen Energiepreise beim Bundeswirtschaftsministerium finanzielle Hilfen beantragen. Die Maßnahmen sollen die erheblichen Verluste auffangen und so eine Fortführung der Geschäftstätigkeiten ermöglichen, teilte die Tochter des Versorgers EnBW am Freitag mit.

VNG sieht sich unverschuldet in der Finanzklemme

Im Jahr 2021 setzte die Verbundnetz-Gas AG noch 18,5 Milliarden Euro um, doppelt so viel wie 2020. Durch die Abhängigkeit von russischem Erdgas, das nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine einem Embargo unterliegt, ist das Unternehmen nun in finanzieller Bedrängnis.

Bis zum Beginn des russischen Angriffskrieges war VNG eine kerngesunde Unternehmensgruppe. (...) Im Zuge der Auswirkungen des russischen Krieges auf die Energiemärkte wurde VNG unverschuldet in eine zunehmend kritischere Finanzsituation gebracht.

Christian Roos Pressesprecher der Verbund-Netz AG

Russlands gekürzte Gaslieferungen kosten VNG täglich Millionen Euro

VNG hatte bereits Hilfe aus der sogenannten Gasumlage beantragt. Dieser Schritt reicht aber offenbar nicht aus, um die hohen Kosten für den Kauf von Gas zu kompensieren. Den Verlust im Jahr 2022 bezifferte das Unternehmen auf rund eine Milliarde Euro. Dieser würde auch nicht durch die ab Oktober greifende Gasumlage aufgefangen. Auch die Verbundnetz-Gas AG muss aufgrund der gedrosselten Lieferungen aus Russland derzeit Gas am Markt zu weit höheren Preisen einkaufen, um seine Lieferverpflichtungen zum Beispiel gegenüber Stadtwerken zu erfüllen. Das Unternehmen spricht von zweistelligen Millionenbeträgen täglich.

Robert Habeck bei der Unterzeichnung einer Absichtserklärung für eine übergangsweise Bereitstellung von Flüssiggas (LNG). Neben ihm stehen Peter Hohaus, Grunhild Grieve, Peter Heydecker, Ulf Heitmüller.
Auch der CEO von VNG, Ulf Heitmüller (im Foto rechts) unterschrieb im Sommer mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (2. v. r.) eine Absichtserklärung zur Lieferung von Flüssiggas als Ersatz für russische Importe. Bildrechte: dpa

VNG ist der größte Energieimporteur und -versorger in Ostdeutschland. Die VNG-Gruppe versorgt nach Angaben auf ihrer Internetseite rund 400 Stadtwerke und Industriebetriebe mit Gas. Im Jahr 2021 machte die VNG, die 1.500 Mitarbeiter beschäftigt, einen Gewinn von 146 Millionen Euro. Dabei profitierte das Unternehmen von den steigenden Energiepreisen. Zuletzt wollte die Firma mit "grünen", regenerativen Energien unabhängiger werden von russischen Gasimporten.

VNG erntet mit Antrag auf Staatshilfen Unverständnis und Kritik

Das Vorgehen der VNG stößt auf Kritik. Wie die Zeitschrift "Wirtschaftswoche" twitterte, dürfte "für diese Rettung "wohl kein Steuerzahler Verständnis haben": Die Konzernmutter der VNG, der "staatlich kontrollierte Energiekonzern EnBW" habe "für dieses Jahr einen Milliardengewinn in Aussicht" gestellt. In einem Post bei Twitter übte auch ein User scharfe Kritik: "Und WIR sollen mal wieder die Verluste ausgleichen! Haben wir in den letzten Jahren eine Gewinnbeteiligung der großen Gasimporteure erhalten? Wenn ihr nicht gerade Aufsichtsratschef oder Topmanager seid, vermutlich nicht."

Energieminister Günther: VNG ist systemrelevant

Sachsens Energieminister Wolfram Günther (Grüne) spricht sich dafür aus, dass die VNG beim Bundeswirtschaftsministerium Geld beantragen sollte: "Die VNG ist systemrelevant. Das Unternehmen ist zudem strukturrelevant nicht nur für Sachsen, sondern für ganz Ostdeutschland." Das Unternehmen sichert laut Günther die Versorgung. Vom Bund hätte sich der Energieminister eine bessere Lösung für die VNG gewünscht.

Ein Mann im Anzug steht in einem Gang eines Bürogebäudes an einem Geländer gelehnt
Für Sachsens Energieminister Wolfram Günther (Grüne) ist der VNG weit über Sachsen hinaus von Bedeutung (Archivfoto). Bildrechte: SMEKUL/Tom Schulze

Das Unternehmen ist strukturrelevant nicht nur für Sachsen, sondern für ganz Ostdeutschland.

Wolfram Günther Energieminister Sachsens

Martin Dulig setzt auf Bundesgregierung

Auch Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) bezeichnet die VNG als drittgrößten Gasimporteur in Deutschland als "absolut systemrelevant." 400 Stadtwerke und Industriebetriebe sind laut Dulig indirekt von der VNG abhängig. Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs hätten ein stabiles Unternehmen ins Wanken gebracht, sagt der Wirtschaftsminister: "Wladimir Putin hat der VNG den Gashahn zugedreht und damit ein kerngesundes und solides Unternehmen in Schwierigkeiten gebracht."

Dulig setzt nun auf die Bundesregierung, dass diese alles tun werde, um VNG zu stabilisieren: "Das ist wichtig, damit keine Kettenrektion ausgelöst wird und durch eine Schieflage der Stadtwerke eine Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleistet ist."

Martin Dulig (SPD), Wirtschaftsminister von Sachsen, hält während der Sitzung des Sächsischen Landtags eine Fachregierungserklärung.
Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) warnt davor, dass Stadtwerke in Schieflage geraten könnten (Archivfoto). Bildrechte: dpa

Es ist wichtig, dass keine Kettenrektion ausgelöst wird und durch eine Schieflage der Stadtwerke eine Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleistet ist.

Martin Dulig Wirtschaftsminister Sachsens

Wegbereiter der Energiewende im Osten

Die Stadt Leipzig als Standort des Unternehmens sieht ebenfalls den Bund in der Pflicht, den Gas-Konzern zu retten. Das Unternehmen sei als eines der größten in den ostdeutschen Bundesländern zu einem Vorzeigebeispiel für die Deutsche Einheit geworden, sagt Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD): "VNG ist damit ein wichtiger Garant dafür, dass die Energiewende mit Wasserstoff im Osten erfolgreich verläuft."

Der VNG würde notwendige Infrastruktur aufbauen, damit grüner Wasserstoff zu den großen Industriezentren aber auch Kommunen im Osten gelangt, betont Jung: "Diese Investitionen dürfen auf keinen Fall gefährdet werden."

MDR (wim/phb)/reuters, dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | Nachrichten | 09. September 2022 | 19:00 Uhr

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