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Sind Privatschulen nur etwas für die Elite oder Besserverdiener? Was sind Schulen in freier Trägerschaft? Und wie viele Schülerinnen und Schüler gehen auf eine Privatschule? (Symbolbild) Bildrechte: PantherMedia / Andreas Berheide

Schullandschaft in SachsenStaatliche und freie Schule - Fragen und Antworten

11. Januar 2023, 16:57 Uhr

Immer mehr Schülerinnen und Schüler in Sachsen besuchen eine Schule in sogenannter freier Trägerschaft. Doch sind diese besser als ihr staatliches Pendant? Wo liegen die Unterschiede? Und was sollten Eltern sonst noch wissen?

Wo liegt der Unterschied zwischen öffentlichen und freien Schulen?

Es kommt darauf an, wer der Träger einer Schule ist. Bei den öffentlichen Schulen teilen sich Gemeinden und Landkreise in die Trägerschaft. In einigen Schulen ist auch der Freistaat Träger. Schulen in freier Trägerschaft können zum Beispiel von Privatpersonen, Sozialwerken, Vereinen oder Organisationen betrieben werden.

Die Schulen in freier Trägerschaft sind sogenannte Ersatzschulen, das bedeutet, sie dienen als Ersatz für die öffentlichen Schulen. Deshalb müssen sie auch in ihren wesentlichen Merkmalen den öffentlichen Schulen gleichen. Das heißt, die Aufgaben wie Bildung, Erziehung, etc. müssen hier genau so erfüllt werden. Der Unterschied ist aber: Die Schulen können eigene Lehr- und Erziehungsmethoden einsetzen. Beispiele hierfür sind reformpädagogische Ansätze, wie Montessori- und Waldorfschulen, die in der großen Überzahl an freien Schulen angeboten werden.

Sind freie Schulen und Privatschulen das gleiche?

Ja, in der gesetzlichen Grundlage und der Verwaltung wird in der Regel die Formulierung "Schule eines freien Trägers" verwendet - in Abgrenzung zur Schule eines "öffentlichen Trägers". Eine Privatschule ist eine Schule, für die ein freier Schulträger die Verantwortung trägt.

Wie haben sich Schulen in öffentlicher und in freier Trägerschaft seit 1992 entwickelt?

Die Schullandschaft in Sachsen hat sich in den vergangenen 30 Jahren deutlich verändert. Das zeigt auch der Blick auf die Entwicklung der Schulen in öffentlicher und freier Trägerschaft. Gab es kurz nach der politischen Wende noch 2.448 staatliche Schulen im Freistaat, liegt ihr Zahl heute bei 1.391. Das entspricht einem Minus von rund 43 Prozent.

Schulen in freier Trägerschaft haben im Gegensatz dazu deutlich zugelegt: Von 43 Schulen in Sachsen im Jahr 1993 auf 412 Schulen in 2022.

Insgesamt ist die Anzahl der Schulen in Sachsen deutlich gesunken: Waren es zu Beginn der 1990er-Jahre noch 2.491 Schulen, verringerte sich die Zahl im vergangenen Jahr auf 1.803. Das entspricht einem Rückgang von mehr als 25 Prozent.

Wie viele Schülerinnen und Schüler besuchen inzwischen eine Schule in Sachsen?

Neben der Gesamtzahl der Schulen ist auch die Anzahl der Schülerinnen und Schüler deutlich zurückgegangen, das zeigen Daten des Statistischen Landesamtes. Demnach gibt es heute rund ein Drittel weniger Lernende als noch vor gut 30 Jahren. Während 1992 noch 742.381 Kinder und Jugendliche in den Schulen lernten, waren es zuletzt noch 497.024 Schülerinnen und Schüler.

Wie viele Schülerinnen und Schüler besuchen heute eine Privatschule?

Schulen in freier Trägerschaft erhielten in den vergangenen Jahren regen Zulauf (1993 mit 4.378, 2022 mit 77.886 Schülerinnen und Schülern). Sie versiebzehnfachten die Anzahl ihrer Lernenden (+ 1.679 Prozent). Bei den Schülerzahlen an öffentlichen Schulen (1993 mit 738.003, 2022 mit 418.720) hingegen gibt es ein deutliches Minus von rund 43 Prozent. Laut Zahlen des Statistischen Landesamtes sind rund 84 Prozent der Lernenden in Sachsen an einer staatlichen Schule angemeldet.

Wie hat sich die Anzahl der Lehrerinnen und Lehrer in den vergangenen Jahren in Sachsen entwickelt?

In Sachsen arbeiten derzeit insgesamt 38.037 Lehrkräfte. Das sind rund 16 Prozent weniger als im Jahr 1993, als 45.639 Lehrerinnen und Lehrer an Schulen in Sachsen beschäftigt waren. Einen deutlichen Rückgang von Lehrkräften erlebten insbesondere die Schulen in öffentlicher Trägerschaft. Hier arbeiten derzeit knapp 32 Prozent weniger Lehrerinnen und Lehrer als 1993. An Schulen in freier Trägerschaft ist hingegen im Vergleichszeitraum ein deutliches Plus an Lehrkräften (2.573 Prozent) zu verzeichnen - ebenso wie bei der Anzahl der Schulen und Lernenden dort.

Wie finanzieren sich Schulen in freier Trägerschaft?

Grundsätzlich geht man nach Angaben des Kultusministeriums bei der Finanzierung von Schulen in freier Trägerschaft von drei Säulen aus.

Staatliche Förderung

So haben sogenannte Ersatzschulen einen Anspruch auf staatliche Förderung. Wie hoch die finanzielle Förderung ausfällt, ist von verschiedenen Faktoren abhängig - zum Beispiel auch von der Gehaltsentwicklung der Lehrkräfte im Freistaat und dem sächsischen Verbraucherpreisindex. So werden die "Schülerinnen- und Schülerausgabensätze angepasst und als Pro-Kopf-Betrag an die Schulträger ausgezahlt", heißt es auf der Website des Kultusministeriums. Hinzu kämen außerdem ein Personal- und Sachausgabenanteil.

Dass freie Schulen unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf staatliche Mittel haben, ist in der Sächsischen Verfassung geregelt. Dort heißt es: "Unterricht und Lernmittel an den Schulen in öffentlicher Trägerschaft sind unentgeltlich. Soweit Schulen in freier Trägerschaft, welche die Aufgaben von Schulen in öffentlicher Trägerschaft wahrnehmen, eine gleichartige Befreiung gewähren, haben sie Anspruch auf finanziellen Ausgleich."

Schulgeld oder Elternbeiträge

Viele Schulen in freier Trägerschaft erheben ein Schulgeld, das die Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern zahlen müssen. Das ist allerdings nicht vom Freistaat gedeckelt.

Eigenleistungen des Schulträgers

In einem Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs heißt es außerdem: "Weil diejenigen, die eine Ersatzschule gründen und betreiben, damit auch eigene bildungspolitische Zwecke verfolgen, und von ihnen deshalb auch eine Bereitschaft zu finanziellen Opfern erwartet werden kann", darf der Gesetzgeber Eigenleistungen der freien Schulen berücksichtigen.

Erhalten Privatschulen weniger Geld vom Staat als öffentliche Schulen?

Die Höhe der staatlichen Zuschüsse an Schulen in freier Trägerschaft ist nach Angaben des Kultusministeriums in etwa so hoch wie bei staatlichen Schulen. Im Detail gibt es allerdings Unterschiede: So werden bei den Personalausgaben an freien Schulen beispielsweise nur 90 Prozent der ermittelten Personalausgaben gedeckt. Eine Ausnahme bilden Förderschulen, die bei den Personalausgaben den öffentlichen Schulen gleichgestellt sind.

Nach Angaben des Kultusministeriums seien die Unterschiede gering, weshalb kein Schulgeld erhoben werden müsse, wenn der Schulbetrieb vergleichbar ist.

Erhielten im Jahr 2000 Schulen in freier Trägerschaft nach Angaben des Kultusministeriums rund 103 Millionen Euro Zuschüsse, sind es aktuell gut 500 Millionen Euro. Die Zahl der freien Schulen verdoppelte sich im selben Zeitraum nahezu von 218 auf 412.

Gibt es eine gesetzliche Obergrenze in Sachsen für die Elternbeiträge bzw. für das Schulgeld an Privatschulen? 

Schulen in freier Trägerschaft können Schulgeld erheben. Die Verfassung räumt ihnen dieses Recht ein. Die Höhe des Schulgeldes darf aber nicht gegen das Sonderungsverbot verstoßen. In vielen Fällen sind die Elternbeiträge gestaffelt nach den Einkommensverhältnissen der Eltern, teilweise wird ganz darauf verzichtet. Andere Schulen wählen ein geringes Schulgeld, das für alle Eltern gleich hoch ist. Oft werden Geschwisterrabatte gewährt. Die Beiträge werden von der Schulaufsichtsbehörde geprüft. Nach Angaben des sächsischen Privatschulverbands liegt das Schulgeld im Freistaat im Schnitt bei monatlich 150 bis 300 Euro.

Was ist das Sonderungsverbot?

Das Sonderungsverbot soll sicherstellen, dass die Auswahl der Schülerinnen und Schüler durch die Schule nicht anhand der Besitzverhältnisse (der Eltern) vorgenommen wird. Es darf also kein Schüler bevorzugt oder benachteiligt werden, weil die Familie über viel oder wenig Vermögen verfügt.

Wie wird kontrolliert, dass das Lehrpersonal an Privatschulen (und freien Trägern) den pädagogischen Anforderungen entspricht?

Eine Schule in freier Trägerschaft wird laut Kultusministerium nur dann genehmigt, wenn sie in Bezug auf die wissenschaftliche Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter Schulen in öffentlicher Trägerschaft zurücksteht. Das bedeutet, die Lehrkräfte müssen eine fachliche und pädagogische Ausbildung nachweisen. Diese muss gleichwertig zur Ausbildung der Lehrkräfte an staatlichen Schulen sein.

Gibt es Studien und Erhebungen über den Erfolg und die Wirksamkeit nicht-staatlicher Schulen? Sind Kinder an freien Schulen erfolgreicher?

Der Erfolg oder Misserfolg von Schülerinnen und Schülern wird durch viele Faktoren beeinflusst. Zudem sind Schüler individuell unterschiedlich. Das heißt, nicht jedes pädagogische Konzept ist für alle Kinder der Weg zum Lernerfolg. Die Berliner "Element"-Studie (Erhebung zum Lese- und Mathematikverständnis der Humboldt-Universität Berlin) hat nachgewiesen, dass Kinder, die nach der vierten Klasse auf ein Gymnasium wechseln, später deutlich bessere Leistungen in Lesen und Mathematik erbringen. Die "Hattie"-Studie stellt klar, dass es weniger auf die Schulstrukturen, sondern vor allem auf die Lehrkraft ankommt, wenn es um den Lernerfolg geht.

Kann man an allen Schulen in freier Trägerschaft die gleichen Abschlüsse machen wie an staatlichen Schulen?

Laut Kultusministerium wird zwischen staatlich anerkannten Ersatzschulen und genehmigten Ersatzschulen unterschieden.

Die staatlich anerkannten Ersatzschulen dürfen im Grunde alle Aufgaben erfüllen, die auch eine öffentliche Schule erfüllt: Bildungsempfehlungen ausstellen, Prüfungen selbst durchführen und Schulabschlüsse vergeben.

Bei genehmigten Ersatzschulen ist das etwas anders. Grundschulen dürfen hier beispielsweise keine Bildungsempfehlung ausstellen, weshalb Schülerinnen und Schüler beim Wechsel auf eine weiterführende Schule häufig eine Eignungsprüfung ablegen müssen. Auch die Abschlüsse können nicht direkt an den genehmigten Förderschulen, Oberschulen und Gymnasien gemacht werden, heißt es auf der Seite des Kultusministeriums: "Wollen Schülerinnen und Schüler einer genehmigten Ersatzschule einen Schul- oder Berufsabschluss erwerben, müssen sie mit Erfolg an der Schulfremdenprüfung der jeweiligen Schulart teilnehmen."

MDR (kbe, pri), Kultusministerium Sachsen

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Dienstags direkt | 10. Januar 2023 | 20:00 Uhr