Ein Schild POLIZEI an einer Polizeiwache.
Das Ordnungsamt soll künftig mehr Aufgaben der Polizei übernehmen. Bildrechte: IMAGO / Panama Pictures

Polizeibehörde Neue Kompetenzen für Sachsens Ordnungsämter sorgen für Diskussion

07. Juni 2023, 05:00 Uhr

In Sachsen stoßen die erweiterten Kompetenzen für die Ordnungsämter auf ein geteiltes Echo. Sie sollen seit kurzem als Polizeibehörden verstärkt Überwachungs- und Vollzugsaufgaben übernehmen. Sie können mit Schlagstöcken, Handschellen, Tränengas und Hunden ausgerüstet sein und sollen für Ordnung und Sicherheit sorgen.

Vor allem für die drei großen Städte Leipzig, Dresden und Chemnitz kann neue Arbeit auf die Polizeibehörden zukommen. Mit der neuen Verordnung können sie unter anderem auch den Schutz der Gewässer und den Bereich der Prostitution überwachen.

Chemnitz begrüßt mehr rechtliche Klarheit

Während die Stadt Dresden gegenüber MDR Aktuell ankündigt, die neuen Befugnisse voraussichtlich voll auszuschöpfen, will sich Leipzig zu der neuen Verordnung erst intern abstimmen. Für den Ordnungsbürgermeister Knut Kunze aus Chemnitz sorgt die neue Verordnung vor allem für eine rechtliche Klarheit.

Denn Kompetenzen werden bei der Polizeibehörde gebündelt, die vorher nicht in deren Aufgabenbereich lagen. Kunze sagt: "Wenn man zum Beispiel in der Auslage von Zeitschriftenläden Dinge sieht, die halt den Kinder- und Jugendschutz zu wider sind. Also da geht’s, was weiß ich, um Pornografische Dinge oder so. Da könnte jetzt der Stadtordnungsdienst sofort tätig werden."

Bisher wäre das Aufgabe des Jugendamtes gewesen, jetzt können die Streifen der Polizeibehörde direkt eingreifen. Der stellvertretende Geschäftsführer des SSG, des sächsischen Städte- und Gemeindetags, Ralf Leimkühler, ist froh über die neue Verordnung, die mehrere Jahre in Abstimmung war. "Aus unserer Sicht ist das ein Verordnungserlass nach dem Motto: Was lange währt, wird endlich gut."

Neue Ausrüstung: Fesseln, Diensthunde und Waffen

Auch, wenn sich für die meisten Kommunen nichts an den Aufgabenbereichen ändert und sie vor allem Strafzettel für Falschparker verteilen oder die Ladenschlusszeiten überwachen. Neu in der Verordnung ist, dass konkret aufgezählt wird, welche Ausrüstung zugelassen ist. Und hier stehen mit Fesseln, Diensthunden und Waffen wie dem Schlagstock ein weitreichendes Arsenal zur Verfügung.

Für die Linken-Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz zu viel für einen gemeindlichen Vollzugsbediensteten. "Und man muss sich einfach überlegen, mit welcher Ausbildung gehen Menschen zum Ordnungsamt und sind dort Angestellte und welche Ausbildung haben Polizeibedienstete. Polizeibedienstete mit diesen Möglichkeiten sind in der Regel verbeamtet, stehen damit auch unter einer gewissen Pflicht, aber das andere sind Angestellte."

Man muss sich einfach überlegen, mit welcher Ausbildung gehen Menschen zum Ordnungsamt und sind dort Angestellte und welche Ausbildung haben Polizeibedienstete.

Kerstin Köditz Landtagsabgeordnete Die Linke

Kommunen sehen Aus- und Fortbildungsbedarf bei neuen Behörden

Ein Punkt, den auch der Städte und Gemeindetag kritisch sieht. Vor allem, da es keine einheitliche sächsische Ausbildung für die Vollzugsbediensteten der Kommunen gibt, schildert Ralf Leimkühler vom SSG. "Die Anwendung der Mittel des unmittelbaren Zwangs erfolgt ja in einem grundrechtsensiblen Bereich, so dass hier Aus- und Fortbildungsbedarf bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ortspolizeibehörden besteht. Es ist daher verabredet worden, dass das SMI unterstützt und hierzu befinden wir uns auf einem guten Weg."

Kritik an Übernahme von Polizeiaufgaben

Dennoch ist das kein neues Problem. Wie aus Antworten von sächsischen Kommunen hervor geht, sind Bedienstete seit Jahren mit Schlagstöcken ausgerüstet, zum Beispiel in Zwickau oder Freiberg. Linken-Abgeordnete Köditz stört sich auch daran, dass sich der Freistaat mit der Verordnung Kosten vom Hals halten will, wenn der die Kommunen ermutigt, die Polizeiaufgaben zu übernehmen. Denn mehr Geld bekommen sie dafür nicht.

Köditz kritisiert: "Also der Freistaat versucht jetzt, gewisse Staatsaufgaben einfach auf die Kommunen abzuwälzen. Stellen sie sich doch einfach nur mal die Frage, wie die Sonn- und Feiertagsruhe durch ein örtliches Ordnungsamt gewährleistet und kontrolliert werden soll. Haben sie am Wochenende schon mal ihr Ordnungsamt erreicht?",

Das lässt sich auch aus den Antworten der Städte an MDR Aktuell herauslesen. Viele wollen die neue Verordnung erst einmal intensiv prüfen, bevor sich vor Ort etwas ändern wird.

MDR AKTUELL

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 07. Juni 2023 | 06:00 Uhr

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