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Männer und Jungen, größtenteils katholisch, verkünden traditionell die Osterbotschaft in der Lausitz. Es gibt auch Stimmen, die Osterprozessionen für das weibliche Geschlecht und andere Konfessionen zu öffnen. Bildrechte: MDR/Matej Zieschwauck

Tradition oder Öffnung?Osterreiten in Sachsen: Warum dürfen Frauen keine Osterbotschaft verkünden?

27. April 2025, 11:20 Uhr

In diesem Jahr haben wieder Hunderte Osterreiter die Osterbotschaft durch die Lausitz getragen und viele Schaulustige erfreut. Jesus, um den es zu Ostern geht, ist nach Glauben der Christenheit vor mehr als 2.000 Jahren auferstanden. Aber Frauen, Mädchen und Menschen anderer Konfessionen sind bei den Osterritten nicht zu sehen, die seine Auferstehung verkünden. Dabei gibt es Menschen, die das ändern wollen.

Vor genau einer Woche, am Ostersonntag, haben wieder Tausende Schaulustige den Osterreitern in der Lausitz in Ostsachsen zugeschaut. Seit Jahrhunderten ist es dort Tradition, dass Männer und Jungen bei Prozessionen zu Pferd die Osterbotschaft verkünden. Heutzutage gibt es jedoch auch Stimmen, die fragen, warum das nicht auch Mädchen und Frauen dürfen. In diesem Jahr hat es während der Osterritte etwa ein Protesttransparent zwischen Radibor und Schwarzadler gegeben. Auf dem war zu lesen: "Frauen auf Pferde."

Zwischen Radibor und Schwarzadler hing ein Transparent mit der Aufschrift in sorbischer Sprache: "Frauen auf Pferde". Abgesehen von wenigen Ausnahmen, dürfen nach alter Sitte nur Männer und Jungen ab 14 Jahren an den Osterritten teilnehmen. Bildrechte: MDR/Matej Zieschwauck

Nur Einzelmeinung und wenige Forderungen?

Dieser Forderung scheinen sich bei den verantwortlichen katholischen Kirchgemeinden, die die Osterritte organisieren, wohl nur die Wenigsten zu stellen. Das sagt zumindest Rafael Ledschbor. Er ist Redakteur beim katholischen Wochenblatt "Katólski posol". Sein Austausch mit den Gemeinden habe gezeigt, dass es "Einzelmeinungen" seien, die eine Änderung der Tradition im Sinne einer Gleichberechtigung verlangten. "Es sind nur wenige, die diese Forderung laut schrill kundtun", meint Ledschbor, der selbst viele Jahre als Osterreiter dabei war.

Prozessionsleiter: Traditionen dazu da, nicht um sie zu ändern

In den Kirchgemeinden, die auf Anfrage von MDR SACHSEN geantwortet haben, steht das Thema nicht zur Diskussion. "Aus unserer Sicht sind Traditionen da, um fortgeführt zu werden, nicht um sie zu ändern", teilt der Prozessionsleiter aus Wittichenau, Steffen Kobalz, mit.

Es gibt für uns keinen Anlass, mit unserer Jahrhunderte währenden Tradition zu brechen.

Steffen Kobalz | Prozessionsleiter aus Wittichenau

Auch bei der Frage des Glaubens sei für ihn klar: "Ich kann es mir schwer vorstellen, dass Personen aus anderen Konfessionsgruppen an unserer Prozession teilnehmen sollen." Er stelle sich dabei die Frage, ob es einer Person anderer Konfession einen tiefen Sinn geben würde, wenn diese zusammen mit gläubigen Katholiken die Auferstehung von Jesus Christus verkündet, katholische Lieder singt und Gebete spricht.

Bildergalerie Das sorbische Ostern 2025

Das sorbische Ostersingen in Schwarzkollm. Es soll vor Bösem schützen und für eine gute Ernte sorgen. Bildrechte: Tobias Zschieschick
Die Osterreiter aus Radibor auf ihrem Ritt durch Strohschütz. Bildrechte: Jenny Hauswald/MDR
Die Osterreiter in Bautzen. Bildrechte: Madlenka Scholze/MDR
Hunderte Menschen kamen, um den Osterritt durch Bautzen zu sehen. Rund 60 Reiter nahmen an der Prozession teil. Bildrechte: MDR/Matej Zieschwauck
Storchaer Osterreiter auf dem Weg nach Radibor. Bildrechte: MDR/Matej Zieschwauck
Neben den Osterreitern gibt es auch die Ostersaatreiter. Im Kloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau kamen ebenfalls hunderte Besucher, um sich Prozession der Ostersaatreiter anzuschauen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Die Osterreiter aus Bautzen bei ihrem Ritt durch Radibor. Bildrechte: MDR/Matej Zieschwauck
Zwischen Radibor und Schwarzadler hing ein Transparent mit der Aufschrifft "Frauen auf Pferde". Abgesehen von wenigen Ausnahmen, dürfen nach alter Tradition nur Männer und Jungen ab 14 Jahren an den Osterritten teilnehmen. Bildrechte: MDR/Matej Zieschwauck
Die Ralbitzer Osterreiter starten nach ihrer Pause in Wittichenau. Bildrechte: MDR/Diana Köhler

In Bautzen und Radibor reiten auch evangelische Christen mit

Einige wenige Prozessionen sind dennoch für Christen evangelischen Glaubens offen. So sind in Bautzen und Radibor auch evangelische Christen unter den Osterreitern zu finden, teilt der Pfarrer der katholischen Dompfarrei, Veit Scapan, auf MDR-Anfrage mit. Doch Frauen und Mädchen als Verkünderinnen der Auferstehungsbotschaft? Dazu sagt auch Scapan: "Nur Männer verkünden die Osterbotschaft".

Die Osterprozessionen zu Pferden gibt es seit vielen Jahrhunderten. Bildrechte: xcitepress

Seine Meinung verdeutlicht er mit Verweis auf die Osterprozession im brandenburgischen Zerkwitz, wo Osterreiter unabhängig von Geschlecht und Konfession teilnehmen: "Die brandenburgische Gemeinde Zerkwitz hat ihre Osterreiter-Prozession 1997 eingeführt, bietet einen anderen Rahmen und kann nicht auf eine 500-jährige Tradition zurückblicken."

Dompfarrer: Keine Nachwuchsprobleme

Ohnehin habe man keine Nachwuchsprobleme, meint Scapan. Die Zahl der Teilnehmenden halte sich in den vergangenen Jahre stabil. Das zeigen auch die Teilnehmerzahlen der anderen Gemeinden, die MDR-Reporter des sorbischen Radios unter Rücksprache mit den Pfarreien und Prozessionsleitern jedes Jahr zählen. Demnach bewegt sich die Zahl der Osterreiter aller Prozessionen seit 2022 in jedem Jahr um die 1.380 Personen.

Anzahl der Osterreiter einzelner Prozessionen
Ort2022202320242025
Storcha54545848
Crostwitz235234227230
Bautzen60605662
Nebelschütz104102102101
Wittichenau363352350340
Panschwitz-Kuckau92949092
Radibor110113119118
Ralbitz267259263272
Ostro104110115113
Gesamtanzahl1389137813801376

Nur gemeinsame Entscheidung aller Beteiligten

Dass dennoch der Wunsch aufkommt, auch Osterreiterinnen zuzulassen, kann der Gemeindereferent in Ostritz Stephan Kupka bestätigen.

Nach Frauen auf den Pferden wird auch hier gefragt.

Stephan Kupka | Gemeindereferent in Ostritz

Die Prozessionsleiter der sorbischen Osterreiter um Bautzen und der Ostritzer Saatreiter hätten sich dazu mit dem Dekan in Bautzen in dieser Frage verständigt. Ergebnis: Es könne nur eine gemeinsame Entscheidung aller Beteiligten geben.

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Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 20. April 2025 | 08:00 Uhr

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