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Online-BürgerforumKretschmer: Ende der Corona-Beschränkungen bis zum Sommer

20. Januar 2022, 08:04 Uhr

Wegen der auch Sachsen bevorstehenden Omikron-Welle werden sich die Menschen im Freistaat auch im Frühjahr noch an Corona-Regeln halten müssen. Das sagte Ministerpräsident Kretschmer in einem Online- Forum. Er und der Chemnitzer Infektiologe Grünewald warben erneut für Impfungen. Skeptisch äußerten sich beide zum dem verkürzten Genesenenstatus. Grünewald brachte zudem eine Verschiebung der Impfpflicht im Gesundheitswesen auf den Herbst ins Gespräch.

Bei einem Online-Bürgerforum zur Corona-Situation in Sachsen hat Ministerpräsident Michael Kretschmer keine schnelle Aufhebung der Corona-Beschränkungen in Aussicht gestellt. Der CDU-Politiker antwortete am Mittwochabend auf eine Bürgerfrage, vorerst seien 2G im Handel sowie 2G+ in Gastronomie, Kultur und anderen Bereichen weiter nötig. Er begründete das mit der in Sachsen noch bevorstehenden Infektionswelle mit der hochansteckenden Omikron-Virusvariante. Kretschmer geht davon aus, dass erst im Sommer die letzten Beschränkungen wegfallen werden.

Omikron-Welle überrollt verspätet auch Sachsen

Der Chemnitzer Klinikleiter Grünewald ist auch Chef der Sächsischen Impfkommission. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jan Woitas

Der Leiter der Klinik für Infektions- und Tropenmedizin am Klinikum Chemnitz und Vorsitzende der Sächsischen Impfkommission (Siko), Thomas Grünewald, stimmte dieser Einschätzung weitgehend zu. Er erklärte, Sachsen hänge - wie auch bei früheren Infektionswellen - in der Corona-Pandemie der Entwicklung in anderen Bundesländern hinterher. Sachsen sei später, wegen der geringen Impfquote aber umso stärker betroffen gewesen. Das werde auch bei Omikron so sein. Laut Grünewald liegt der Anteil dieser Virusvariante in Sachsen derzeit bei 25 Prozent. In den Bundesländern mit den aktuell höchsten Inzidenzen seien es schon 90 Prozent und mehr. Das komme noch auf den Freistaat zu.

Kein ständiges Impfen zu erwarten

Der Siko-Chef erwartet, dass erst die von Biontech/Pfizer und Moderna für das Frühjahr angekündigten angepassten Impfstoffe für eine nachhaltige Entspannung in der Corona-Pandemie sorgen wird. Danach werde voraussichtlich wie bei der Virusgrippe eine jährliche Impfung ausreichend schützen. Ein "Impf-Abo" im Drei-Monats-Rhythmus werde es nicht geben, betonte Grünewald. Er wies zugleich erneut darauf hin, dass weder eine Impfung noch ein hoher Antikörper-Wert eine Übertragung verhindere. Die Impfung schütze aber sehr gut vor einer schweren Covid-19-Erkrankung, warb der Infektiologe.

Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegeberufe verschieben?

Grünewald sprach sich zudem dafür aus, über eine spätere Einführung der Impfpflicht im Gesundheitswesen nachzudenken. "Ich halte den 15. März nicht für in Stein gemeißelt", sagte er und brachte den September als Termin ins Spiel. Der Mediziner begründete das mit dem drohenden Ausfall zahlreicher Fachkräfte. Ziel müsse sein, die noch ungeimpften Beschäftigten in den medizinischen und Pflegeeinrichtungen durch gute Argumente zu überzeugen. Das können mit den in Aussicht stehenden neuen Impfstoffen gelingen, die nicht auf der mRNA-Technologie basieren, und eher akzeptiert würden. Man dürfe das Personal auf keinen Fall verlieren, warnte Grünewald.

Sachsens Kliniken wollen OPs nachholen

Das derzeit im Bundesvergleich niedrige Infektionsgeschehen bezeichnete Grünewald als Atempause. Dies gelte allerdings nicht für die Krankenhäuser, so der Klinikleiter. Zwar würden derzeit deutlich weniger Covid-19-Erkrankte auf den Normal- und Intensivstationen liegen. Aber die Einrichtungen müssten die Zeit bis zur Omikron-Welle dafür nutzen, sich um viele andere Patienten zu kümmern, die auch ganz dringend behandelt werden müssten, und die zahlreichen aufgeschobenen Operationen nachzuholen. Grünewald schätzt, dass dafür vier bis sechs Wochen Zeit bleiben, bevor die Kliniken durch die Omikron-Welle erneut stark belastet sein werden.

Bei Genesenen mehr differenzieren

Unverständnis äußerte der Chemnitzer Infektiologe über einige Entscheidungen und die Informationspolitik des Robert-Koch-Institutes. Es müsse seine Empfehlungen und Vorgaben öffentlich und für alle verständlich begründen. Grünewald verwies auf den verkürzten Genesenen-Status. Dort müsse beispielsweise klar erklärt werden, dass der Immunschutz nach drei Monaten deutlich sinke. Auf der anderen Seite sei eine sogenannte Hybrid-Immunität durch eine vollständige Impfung und eine überstandene Infektion der beste derzeit bekannte Schutz vor einer schweren Covid-19-Erkrankung. Für diese Gruppe sei eine Verkürzung des Genesenen-Status nicht einsichtig, sagte der Infektiologe.

Ministerpräsident Kretschmer äußerte in diesem Zusammenhang Bedenken, dass Entscheidungen des RKI sofort Gültigkeit erlangten. Nach seiner Ansicht wäre es besser, wenn Mediziner eine Bewertung vornehmen würden, über die dann die Politik diskutiere und entscheide. Damit werde das Thema automatisch in die Öffentlichkeit getragen und den Bürgern in seinen verschiedenen Aspekten gezeigt.

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Quelle: MDR (stt)