Vorschläge aus Expertenkommission Justizminister zieht Konsequenzen aus al-Bakr-Fall

06. Februar 2019, 13:48 Uhr

Dschaber al-Bakr soll einen Anschlag geplant haben und Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat gewesen sein. Das Attentat konnte er nicht verüben, doch es folgte eine Pannenserie von seiner Festnahme bis zum Selbstmord. Welche Konsequenzen in Sachsens Justiz gezogen wurden, erklärte nun der zuständige Minister Sebastian Gemkow.

Eine unabhängige Expertenkommission war ob der Pannen eingesetzt worden. Im Januar 2017 hatte sie Sachsens Sicherheits - und Justizbehörden eine "ganze Reihe Fehler und Regelverletzungen" attestiert. Auf 200 Seiten hatte die Kommission zahlreiche Maßnahmen gefordert, Grundlage waren die Auswertung der Akten und fast 100 Gespräche mit beteiligten Personen. Zwei Jahre später nun erklärt Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow, Konsequenzen gezogen zu haben:

Wir haben uns zwei Jahre sehr intensiv mit all den Fragestellungen beschäftigt, die als Schwachstellen erkannt worden sind und haben sehr vieles umgesetzt. Man wird nie ganz ausschließen können, dass es zu Suiziden im Vollzug kommt, aber ich glaube, wir haben jetzt alles Denkbare getan, um sowas in Zukunft weitestgehend auszuschließen.

Sebastian Gemkow Justizminister

Einstellung von zusätzlichem Personal und Dolmetschern

Ein großer Kritikpunkt der Experten war die Verunsicherung des Personals im Umgang mit islamistischen Gewalttätern, gepaart mit Sprachbarrieren. Nun hat Sachsen bei den JVAs Dolmetscher eingestellt und ein Video-Dolmetscher-System eingerichtet. Binnen zwei Minuten steht nun jemand zur Verfügung, um in insgesamt 56 Sprachen zu übersetzen, am Wochenende und nachts binnen einer Viertel Stunde. Ein spezieller landesweiter Pool von Fachleuten berät bei der Beurteilung des Suizidrisikos oder des Grades der Fremdgefährdung.

Wir haben das Personal ganz massiv aufgestockt im Justizvollzug. Insgesamt sind das etwa 300 zusätzliche Stellen, die wir über zwei Haushalte zur Verfügung gestellt bekommen haben. Wir haben einen besonderen Haftraum entwickelt, der sowohl das Risiko für die Bediensteten abmindert, von einem Gefangenen angegriffen zu werden, aber auch gleichzeitig das Risiko, dass ein Gefangener sich selber etwas antut, reduziert. Diesen speziellen Haftraumtyp gibt es bislang nur in Sachsen, das ist ein absolutes Novum in der Justizvollzugslandschaft in Deutschland.

Sebastian Gemkow Justizminister

Dieser spezielle Haftraum, der besonders überwacht wird, wurde seit Mitte vergangenen Jahres in 22 Fällen an 164 Tagen genutzt. Er soll nun auch an anderen Standorten entstehen. 125.000 Euro pro Raum kostet die besondere Sicherheitsarchitektur. Seit dem Landtagsbeschluss vergangener Woche ist nun auch der Weg frei für videoüberwachte Hafträume - jede der zehn sächsischen Anstalten soll drei davon bekommen - Kosten pro Anstalt 190.000 Euro.

Kritik an Konsequenzen von der Opposition

Vielleicht, so der Minister, sei die Tatsache, dass es im vergangenen Jahr nur einen Selbstmord in Sachsens Gefängnissen gab, auf die Vielzahl solcher Verbesserungen zurückzuführen. Das war zumindest die niedrigste Zahl seit mehr als zehn Jahren. Grundsätzlich begrüßt auch die Opposition, dass die Expertenvorschläge umgesetzt wurden. Klaus Bartl von den Linken, Vorsitzender des Rechtsausschusses im Landtag, fügt an:

Der Teufel liegt wie immer im Detail und über das Detail wird zu reden sein. Das Problem ist, was auch im Ausschuss umstritten ist, ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen kommt beispielsweise die Videoüberwachung von Gefangenen zur Anwendung. Man darf ja nicht vergessen, es ist der letzte Rückzugsraum und keiner wird gern im Schlafzimmer gefilmt. Es ist schon ein immenser Eingriff in Grundrechte.

Klaus Bartl (Die Linke) Vorsitzender des Rechtsausschusses im Landtag

In der kommenden Woche wird sich der Rechtsausschuss im Sächsischen Landtag mit dem Bericht des Justizministers zu den Konsequenzen aus dem al-Bakr-Fall befassen.

Quelle: MDR

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 05.02.2019 | 18:00 Uhr im Radioreport

MDR SACHSENSPIEGEL | 05.02.2019 | 19:00 Uhr

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