Gespräche mit RusslandKritik an Kretschmers Aussage zum Umgang mit dem Ukraine-Krieg
Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer für seine Aussage zur Politik im Ukraine-Krieg kritisiert. Kretschmer hatte gesagt, Deutschland müsse auf Russland und die Ukraine einwirken und den Konflikt einfrieren. Nicht zum ersten Mal hat der Ministerpräsident damit eine Diskussion zum Umgang mit Russland angestoßen.
- Der Bundestagsabgeordnete Jens Lehmann kritisiert seinen Parteikollegen Kretschmer für seinen Umgang mit dem Ukraine-Krieg.
- Der Fraktionsvorsitzende im Landtag Hartmann sieht Deutschland – wie Kretschmer – als wichtigen Vermittler in dem Krieg.
- Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt hält Kretschmers Vorstellungen über Gespräche mit Russland für utopisch.
Weniger Talkshow-Auftritte und Pressekonferenzen mit polarisierenden Meinungen zum Ukraine-Krieg – so lautet der Wunsch von Jens Lehmann. Der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Leipzig richtet seine Kritik an die regierenden Parteien SPD, Grüne und FDP, aber auch an seinen Parteifreund, den sächsischen Ministerpräsidenten: "Ich würde mich an Herrn Kretschmers Stelle, aber auch an Strack-Zimmermanns Stelle und an wem auch immer mal ein bisschen zurückhalten und hinter den Kulissen an einem Ergebnis arbeiten. Vielleicht kann da auch Kretschmer einbezogen werden."
Schon in der Vergangenheit hatte Lehmann eine andere Sicht auf den Ukraine-Krieg als Sachsens Ministerpräsident. Zusammen mit seinen sächsischen Fraktionskolleginnen und -kollegen hatte Lehmann für Waffenlieferungen an die Ukraine gestimmt. Kretschmer hatte seine Bedenken über die Lieferung von schweren Waffen geäußert.
Gleichzeitig zeigt Lehmann auch Verständnis für Kretschmer. In der Energiefrage biete die Bundesregierung derzeit nicht genügend Lösungen an, wie eine Versorgung ohne russisches Öl und Gas funktionieren soll: "Grundsätzlich haben wir im Herbst, wenn man so mit den Stadtwerken und den Energieversorgern spricht, schon ein großes Problem vor uns. Das sollte man zumindest ansprechen können, ohne gleich in die Russland-Ecke oder Putin-Ecke gestellt zu werden", findet Lehmann.
Unterstützung für Kretschmers Ansatz
Volle Rückendeckung bekommt Kretschmer von seinem Fraktionsvorsitzenden im sächsischen Landtag. Christian Hartmann sieht wie sein Ministerpräsident Deutschland als wichtigen Vermittler. Das sei auch im Interesse der Ukraine. Die Debatte in seiner eigenen Partei zur Haltung im Ukraine-Krieg sieht Hartmann gelassen. Es gebe auch in der CDU Sachsen unterschiedliche Meinungen, die den Diskurs lebendig machen: "Die CDU ist eine Volkspartei und der ist immanent, dass sie das gleiche Thema aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und diskutiert und ich finde das auch gut so", sagt Hartmann.
Auch die AfD unterstützt Kretschmer in seiner Sicht auf den Ukraine-Krieg. Dass über den Sinn von Energieembargos diskutiert wird, sei richtig, sagt der sächsische Fraktionschef Jörg Urban: "Herr Kretschmer hat die Forderungen der AfD übernommen. Wir hatten schon zu Beginn des Krieges gesagt, Deutschland muss neutral sein und vermitteln. Wir hatten sogar Dresden als Verhandlungsort vorgeschlagen. Wenn das jetzt ernst gemeint ist und er bei dieser Position bleibt, würden wir uns freuen."
Kritik an möglichen Gesprächen mit Russland
Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt hält Kretschmers Vorstellungen über mögliche Gespräche mit Russland für unrealistisch. Ein Abkommen, ohne dass die Ukraine Territorien an Russland abtritt, so wie Kretschmer es gesagt hatte, hält er nicht für möglich: "Die Zuverlässigkeit der derzeitigen Regierung in Russland halte ich nicht für besonders belastbar."
Für wenig Freude sorgt Kretschmer mit seinen Äußerungen beim grünen Koalitionspartner. Täglich neues Gepolter sei fehl am Platz, erklärte die sächsische Parteichefin Christin Furtenbacher.
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 21. Juli 2022 | 06:00 Uhr