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Schweinemäster verdienen laut Bauernverband nichts mehr an ihren schlachtfertigen Tieren. Im Gegenteil: Sie müssen drauf zahlen. Bildrechte: imago/Marius Schwarz

PreisverfallBauernverband beklagt hohe Verluste für Sachsens Schweinemäster

27. Januar 2022, 18:03 Uhr

Eigentlich sollten Landwirte mit ihren Erzeugnissen Geld verdienen. Viele Schweinebauern machen allerdings in Sachsen mit jedem gemästeten Tier Verlust. Schuld ist unter anderem die Afrikanische Schweinepest. Sächsische Schweine müssen zum Schlachten nach Schleswig-Holstein gekarrt werden, weil nur dort ein ASP-zertifizierter Schlachthof steht. Einige Bauern sehen in dem Dilemma aber auch ein hausgemachtes Problem ihrer Branche.

Der Sächsische Landesbauernverband (SLB) hat sich besorgt über die Lage der Schweinehalter im Freistaat gezeigt. Ihre Verluste seien deutlich höher als im Bundesdurchschnitt, sagte LSB-Präsident Torsten Krawczyk am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Bei einem durchschnittlichen deutschen Schwein liege der Verlust für den Landwirt bei 20 bis 30 Euro, in Sachsen seien es 50 bis 80 Euro. "Da können Sie sich vorstellen, dass die Bauern sagen: Wir hören auf", sagte Krawczyk.

Afrikanische Schweinepest bremst Nachfrage

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) in Ostsachsen erschwere die Vermarktung. Hinzu kämen hohe Transportkosten bei steigenden Dieselpreisen zum einzigen ASP-zertifizierten Schlachthof in Schleswig-Holstein. Der sogenannte Schweinestau in der Mastanlagen führe zudem dazu, dass die Tiere zu schwer würden und dadurch das Fleisch an Wert verliere. Obwohl schon weniger Schweinefleisch produziert werde, breche die Nachfrage europaweit noch mehr ein, sagte Krawczyk. Durch Corona seien auch Absatzmärkte wie Volksfeste und Weihnachtsmärkte weggefallen, wo traditionell viel Schweinefleisch und Schweinewürste auf den Grills landen.

Während die Bauern deshalb weniger verdienten, zahlten Verbraucher im Handel allerdings mehr für Schweinefleischprodukte. Laut Verbraucherpreisindex verteuerten sich diese von Dezember 2020 bis Dezember 2021 je nach Produktgruppe um vier bis sechs Prozent.

Wenig Schlachtkapazitäten in Sachsen

In Sachsen fehlten weiter Schlachtkapazitäten für Schweine, sagte Bauernfunktionär Krawczyk. Der Schlachthof in Belgern sein überlastet. Es gebe zwar eine Machbarkeitsstudie des Landesbauernverbands zur regionalen Schlachtung, diese dauere aber auch wegen bürokratischer Prozesse zu lange, so der SLB-Präsident. Das Problem wird seit zwei Jahren mit der Politik diskutiert.

Der Verband kritisierte, dass das sächsische Landwirtschaftsministerium nicht genügend unternehme, um die Bauern angesichts der ASP und Corona zu unterstützen. "Wir brauchen sächsische Programme, die sächsische Schweinewirtschaft fördern", mahnte Krawczyk an. Im Dezember habe das Ministerium eine "halbgare" ASP-Förderrichtlinie zur Aufgabe der Schweinehaltung mit bis zu 100 Tieren vorgelegt. Eine Begründung für die Begrenzung auf Betriebe dieser Größe habe es nicht gegeben.

Landwirtschaftsministerium verweist auf EU-Recht

Das Landwirtschaftsministerium erklärte auf Nachfrage: "Grund für die Begrenzung auf 100 Tiere ist die fehlende beihilferechtliche Genehmigung durch die EU." Daher dürfe man "nur auf de-minimis-Basis (eine Art "Bagatellregelung") fördern. Über diese Regularien sei der SLB auch informiert worden. Ein Ministeriumssprecher sagte weiter: "Wir stehen sehr eng im Austausch mit der Branche, um zu Lösungen zu kommen, mit denen die Härten der Afrikanischen Schweinepest abgemildert werden."

Afrikanische SchweinepestDie Afrikanische Schweinepest breitet sich in Sachsen weiter aus. Inzwischen ist der gesamte Landkreis Görlitz als gefährdetes Gebiet eingestuft worden. Auch im Landkreis Meißen wurde bei einem Wildschwein ASP nachgewiesen. ASP ist eine ansteckende Erkrankung bei Haus- und Wildschweinen, die für die Tiere fast immer tödlich verläuft und unheilbar ist. Die Erkrankung könne direkt von Tier zu Tier oder indirekt über kontaminierte Gegenstände wie Kleidung und Schuhe sowie Futter durch den Menschen in andere Gebiete übertragen werden. Für Menschen und andere Tierarten ist die ASP nicht ansteckend oder gefährlich.

Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft: Problem hausgemacht

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die traditionelle Familienbetriebe der konventionellen und biologischen Landwirtschaft vertritt, verweist auf Anfrage darauf, dass die Verluste teilweise hausgemacht seien. Der Schweinesektor sei aus Sicht der Familienbetriebe über Jahre hinweg ökologisch und ökonomisch falsch aufgestellt worden, sagte Sebastian Kucka, AbL-Landessprecher Sachsen. Die Mehrzahl der schweinehaltenden Aufzucht- und Mastbetriebe habe auf Masse produziert und über diese Menge an Tieren niedrige Gewinnspannen in Kauf genommen. Fielen Exporte - beispielsweise nach China - durch die Afrikanische Schweinpest weg und setze der Handel zugleich auf mehr Tierwohl, gerate das fragile System aus den Fugen, so der AbL-Vertreter.

Artgerecht: Diese Schweine wachsen im Freiland auf und werden nicht auf Spaltböden in Ställen gemästet. Ihr Fleisch ist teurer als aus der Massentierhaltung Bildrechte: imago images/Rupert Oberhäuser

Das gesamte System müsse endlich überdacht werden: Schweine würden mit importierten Soja in Deutschland günstig gemästet und deren Fleisch ins Ausland verkauft. Das müsse sich ändern. Die AbL plädiert für regionale Vermarktung bei überschaubaren Tierbeständen. Das sei aber nicht Aufgabe von Landwirten und Politik alleine: Auch die Verbraucher müssten für Nachhaltigkeit bereit sein, mehr für qualitativ hochwertiges Schweinefleisch aus der Region zu bezahlen. Letztendlich sorge das auch für mehr Tierwohl, wenn den Schweinen Stress durch lange Transportwege zu Schlachthöfen erspart bleiben.

MDR (lam)/dpa

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 27. Januar 2022 | 15:00 Uhr

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