16.09.2019 | 17:30 Uhr Was sind Sondierungsgespräche?
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16. September 2019, 17:30 Uhr
Drei Parteien, 30 Verhandler und ein Tisch. Die Sondierungsgespräche in Sachsen haben begonnen. Seit Montagnachmittag loten CDU, Grüne und SPD in Dresden aus, unter welchen Bedingungen eine Koalition möglich wäre. Doch wofür braucht es eigentlich Sondierungsgespräche? Wo liegen die Unterschiede zu Koalitionsverhandlungen? Hans Vorländer, Professor für Politikwissenschaft und Direktor des Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung an der Technischen Universität Dresden, erklärt das "Wie" und "Warum" der Verhandlungen.
Herr Vorländer, was hat man sich unter Sondierungsgesprächen vorzustellen?
Sondierungsgespräche finden vor Koalitionsgesprächen statt. Sie dienen erstens dazu, Vertrauen zwischen den beteiligten Personen zu schaffen, und zweitens die Gemeinsamkeiten und Konfliktlinien zwischen den verhandelnden Parteien zu definieren.
Das hört sich stark nach Koalitionsverhandlungen an. Wo liegt hier der Unterschied?
Dass Sondierungsgespräche vor den Koalitionsverhandlungen stattfinden, hat einen guten Grund. Es gilt, im Vorhinein die gemeinsame politische Richtung zu finden, Kompromissbereitschaft und Konfliktlinien zu erkunden. Koalitionsverhandlungen sind konkreter. Sie haben ein Ziel: den Koalitionsvertrag. Dieser bildet dann die Grundlage der Regierungsarbeit der Koalitionäre für die kommenden fünf Jahre.
Werden auch in Sondierungsgesprächen vertragsähnliche Dokumente verhandelt?
Sondierungsgespräche unterliegen keinen Verpflichtungen. Sie bringen auch keine Verträge hervor. Meist erklären die Verhandlungspartner am Ende ihre guten Absichten, nunmehr konkret miteinander zu verhandeln, nicht mehr. Außerdem sind selbst Koalitionsverträge im juristischen Sinne nicht bindend. Es sind Absichtserklärungen, die auf wechselseitigen Absprachen beruhen. Sie sind rechtlich nicht einklagbar und sollen die eigene Politik legitimieren. Die Parteien können sich auf Koalitionsverträge berufen, um ihre Politik zu erklären oder ihren Koalitionspartner unter Druck zu setzen.
Welche Politikerinnen und Politiker nehmen denn an den Sondierungsgesprächen teil?
Es sind Politiker, die für die zukünftigen Koalitionsgespräche von großer Bedeutung sind. Sie definieren den politischen Rahmen, die Inhalte eines Koalitionsvertrages. In den Delegationen finden sich aber auch Verhandler, die für die Politikvermittlung in den eigenen Reihen sehr wichtig sind. Ihre Aufgabe ist es, die Sondierungsgespräche, aber auch die eventuell darauf anschließenden Koalitionsverhandlungen der eignen Parteibasis zu vermitteln. So werden eine mögliche Zusammenarbeit und auch eventuelle Streitigkeiten abgesteckt und die Akzeptanz in den eigenen Reihen gestärkt. Alle drei in Sachsen verhandelnden Parteien schicken daher Politiker aus ganz vielen unterschiedlichen Kontexten in die Gespräche. Vom Oberbürgermeister bis zum Spitzenkandidaten.
Woher kommt das große Interesse der Öffentlichkeit an Sondierungsgesprächen, wenn sie doch gar keine konkreten Ergebnisse zutage fördern?
Die Öffentlichkeit, auch die mediale Öffentlichkeit, ist sehr stark davon gesteuert, was neu ist. Wenn jetzt die Gesprächspartner einer potenziellen Keniakoalition zusammenkommen, um das Für und Wider einer gemeinsamen Regierung auszuloten, dann hatten wir das in Sachsen so noch nie. Dementsprechend ist das Interesse groß. Im Vergleich dazu sind Koalitionsgespräche intransparenter. Das sind Arbeitsgespräche, die das Regierungsprogramm teilweise sehr detailliert festlegen. Die Sondierungsgespräche stehen am Anfang von allem, sind für die Atmosphäre entscheidend und genießen daher viel Aufmerksamkeit. Wenn sich die Sondierungsgespräche in die Länge ziehen, wird auch hier die Aufmerksamkeit der Medien und der Öffentlichkeit kleiner werden. Das Interesse steigt erst wieder am Ende, wenn es zu einer Entscheidung kommt: Koalitionsgespräche ja oder nein.
Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSENSPIEGEL | 16.09.2019 | 19:00 Uhr
Dynamo am 16.09.2019
Für mich ist eine Koalition CDU - Grüne - SPD nicht möglich. Die Wählerinnen und Wähler in Sachsen haben den Grünen und der SPD jeweils unter 10 % ihre Stimme gegeben. Welcher Grund sollte da eine Regierungsbeteiligung darstellen ? Ist der Wählerwille überhaupt nicht wichtig ?