Landtagswahl SachsenScholz bei SPD-Wahlkampffinale in Chemnitz
Die SPD strebt in Sachsen den Wiedereinzug in den Landtag und eine erneute Regierungsbeteiligung an. Aktuelle Umfragen sehen die Partei bei rund sieben Prozent. Jede Stimme wird gebraucht. Beim Wahlkampfendspurt auf dem Neumarkt in Chemnitz erhält der Landesverband deshalb Unterstützung von Bundeskanzler Olaf Scholz.
- Co-Vorsitzender der SPD in Sachsen, Henning Homann, betont die Notwendigkeit einer stabilen Regierung.
- SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping macht Zukunftsinvestitionen zur Koalitionsvoraussetzung.
- Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich zu dem Anschlag in Solingen, der Migration und zum Krieg in der Ukraine.
Freitagmittag auf dem Chemnitzer Neumarkt: Direkt vor dem Alten Rathaus hat die SPD eine große Bühne aufgebaut. Wie die anderen Parteien setzen auch die Sozialdemokraten im Wahlkampfendspurt auf Bundesprominenz. Olaf Scholz hat sich angekündigt. Rund 350 Menschen, darunter viele SPD-Anhänger, strömen auf den umzäunten Platz vor der Bühne, um den Kanzler zu sehen. Die Sicherheitsvorkehrungen sind hoch: Beamte des Bundeskriminalamtes durchsuchen jede Tasche, zwei Scharfschützen haben auf der Rathausterrasse Stellung bezogen. Begleitet wird die Veranstaltung von einer lautstarken Gegendemonstration der rechtsextremen Kleinstpartei Freie Sachsen.
Homann: Stabile Regierung nur mit SPD
Für die SPD könnte es am Sonntag knapp werden. Aktuelle Umfragen sehen die Partei bei etwa sieben Prozent. Entsprechend nimmt der Co-Vorsitzende der sächsischen SPD, Henning Homann, die wichtigste Botschaft der SPD in diesem Wahlkampf direkt vorweg: "Das Wichtigste für uns als Sozialdemokratie ist [...], dass es in Sachsen wieder eine stabile Regierung gibt." Das bedeute eine Regierung ohne AfD und ohne das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), so Homann. Das schaffe die CDU allein nicht, dafür brauche es die SPD.
Sachsen sei die Heimat vieler Zukunftsindustrien: Elektroautos in Zwickau, Chipindustrie in Dresden. Das wolle man weiter fördern: "Wir wollen als SPD in die Zukunft investieren und nicht wie die CDU in die Vergangenheit sparen." Ohne soziale Gerechtigkeit könne es keine starke Wirtschaft geben. Um mehr Fachkräfte zu gewinnen, brauche Sachsen mehr Tarifbindung und höhere Mindestlöhne, so Homann. Die SPD habe gezeigt, dass sie bereit sei, höhere Mindestlöhne auch gegen Widerstände durchzusetzen.
Wir wollen als SPD in die Zukunft investieren und nicht wie die CDU in die Vergangenheit sparen.
Henning Homann | Co-Vorsitzender der sächsischen SPD
Michel: "Petra Köpping ist die Richtige für Sachsen"
Kathrin Michel, Co-Vorsitzende der sächsischen SPD, wirbt für SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping als Politikerin mit "Vernunft, Herzblut und mit Sachverstand". Köpping kenne Sachsen, habe erst in ihrer Heimat, dann im Landkreis und seit zehn Jahren im Freistaat Verantwortung übernommen. Bei der Wahl gehe es nicht um die Ampel oder den Krieg in der Ukraine. Es gehe um Sachsen: "Deshalb ist es so wichtig, dass wir die Richtige wählen [...]“.
Köpping spricht Menschen in Solingen Mitgefühl aus
SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping kommt direkt auf die Ereignisse in Solingen zu sprechen. Das schreckliche Ereignis habe den gesamten Wahlkampf überschattet und große Betroffenheit ausgelöst. "Wir sprechen den Menschen in Solingen unser tiefes Mitgefühl aus", so Köpping. Sie betont den Zusammenhalt. Solingen dürfe nicht genutzt werden, um die Gesellschaft zu spalten und das Ereignis politisch zu instrumentalisieren.
Die SPD wolle "das Richtige" für Sachsen, so Köpping: "Wir brauchen mehr Lehrer, Unterstützung der Wirtschaft, gegen die Schließung von Kitas und den Erhalt unserer Krankenhäuser". Das sächsische Gesundheitssystem müsse gestärkt werden.
Köpping macht Investitionen zu Koalitionsvoraussetzung
"Starke Krankenhäuser" zu schaffen, klinge nach einer einfachen Aufgabe. Sei es aber nicht: "Es ist ein Kampf, es ist wirklich ein Kampf." Köpping ist gewillt, ihn zu führen: "Wir wollen kämpfen." Rund 400 Millionen Euro pro Jahr seien an Investitionen für die Krankenhäuser nötig. Es gelte, die Bildung durch mehr Lehrer und Schulsozialarbeiter zu verbessern, alle Kitas zu erhalten und die Wirtschaft durch flächendeckende Tariflöhne zu stärken. Dafür brauche es Investitionen, so Köpping. "Wenn mit einer Koalition kein massives Investitionsprogramm in die Zukunft möglich ist, sehe ich [...] keine Grundlage für eine Koalition", stellt sie klar.
Wenn mit einer Koalition kein massives Investitionsprogramm in die Zukunft möglich ist, sehe ich [...] keine Grundlage für eine Koalition.
Petra Köpping | SPD-Spitzenkandidatin
Köpping: "BSW und CDU wären eine Katastrophe für Sachsen"
„Wir brauchen eine stabile und vor allem handlungsfähige Regierung", betont Köpping. Ohne die AfD, erklärt sie. Es sei nicht entscheidend, ob die AfD oder die CDU stärkste Kraft werde, wichtig sei, eine gemeinsame Mehrheit bilden zu können. Dafür brauche die CDU einen Partner, mit dem sie auch zusammenarbeiten wolle. Das sei die SPD.
Deutliche Worte findet sie für das BSW: Der Partei gehe es nur um Russland und Berlin. "Alle Aussagen zu Sachsen sind widersprüchlich und populistisch", so Köpping. Immer wieder hätten sich die beiden BSW-Vorsitzenden in den vergangenen Wochen widersprochen. Eine Koalition von BSW und CDU wäre "eine Katastrophe für Sachsen", so die Sozialministerin.
Scholz: Arbeitskräftemangel größte wirtschaftliche Herausforderung
Als Bundeskanzler Olaf Scholz die Bühne vor dem Rathaus betritt, werden der Applaus der eigenen Anhänger wie auch die Pfiffe der Gegendemonstranten gleichermaßen lauter. Scholz betont die Erfolge seiner Partei beim Thema Rente: Man habe die Grundrente eingeführt und die Erwerbsminderungsrente erhöht. "Beides sind große Reformen und Verbesserungen dieser Legislaturperiode. Beide kommen von der SPD", so Scholz.
Der Arbeitskräftemangel sei die größte wirtschaftliche Herausforderung für Deutschland. Um dem Mangel zu begegnen, müsse die Teilzeitquote gesenkt und die Arbeitsbedingungen, insbesondere für ältere Arbeitnehmer, verbessert werden. Man brauche aber auch Arbeitskräfte aus dem Ausland, um den Wohlstand zu sichern, so Scholz.
Deutschland müsse offen sein für die Zuwanderung von Arbeitskräften und Schutzbedürftigen, gleichzeitig aber die irreguläre Migration begrenzen. Deshalb habe seine Regierung Entscheidungen getroffen, die bereits Wirkung zeigten, so Scholz. Durch Grenzkontrollen sei die irreguläre Migration zurückgegangen, schwere Straftäter seien am gleichen Tag nach Afghanistan abgeschoben worden.
Scholz: Situation zwischen Russland und NATO darf nicht eskalieren
Der islamistische Anschlag in Solingen habe ihn tief bewegt. Er sei selbst vor Ort gewesen, habe mit den Menschen gesprochen. Ein Mann habe ihm erzählt, dass er einen Pullover auf eine stark blutende Wunde gedrückt habe, bis Rettungskräfte eintrafen. Die Helfer seien die wahren Helden. "Und ich sage ausdrücklich: Diese Frauen und Männer - das ist Deutschland. So sind wir", sagte Scholz. Dieses "Gemeinschaftsgefühl", diese Solidarität dürfe man sich nicht schlechtreden lassen, von "Miesepetern", die die Gesellschaft spalten wollten, so Scholz.
Abschließend geht Scholz auf den Krieg in der Ukraine ein: Der Angriff Russlands sei der Versuch der "Zerstörung der Friedens- und Sicherheitsordnung". Das könne man nicht dulden, so Scholz. Die Entspannungspolitik Willy Brandts und Helmut Schmidts habe immer einen Grundsatz gehabt: "Dass Grenzen nicht mit Gewalt verschoben werden dürfen." Gleichzeitig gehe man bei der Unterstützung der Ukraine besonnen vor. Die Situation dürfe nicht zu einem Krieg zwischen Russland und der NATO eskalieren. "Das ist auch meine Aufgabe und dazu stehe ich."
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 30. August 2024 | 19:00 Uhr