Sachsen in Teilen unregierbar? Kommunalvertreter widersprechen Köppings Aussage

02. Februar 2022, 06:58 Uhr

In Sachsen gibt es viele Proteste gegen die Corona-Regeln und nicht alle Kommunalpolitiker stellen sich deutlich dagegen. Teilweise solidarisieren sie sich sogar mit Demonstrierenden. Sozialministerin Köpping hatte in einem Podcast der These des Politikwissenschaftlers Vorländer zugestimmt, dass Sachsen in Teilen unregierbar sei. Diese Aussage hat für viel Kritik gesorgt.

Lydia Jakobi, Autorin und Reporterin
Bildrechte: MDR/Karsten Möbius

Bautzen am 24. Januar: Rund 2.000 Gegnerinnen und Gegner der Corona-Politik demonstrieren vorm Landratsamt. Ein Kritikpunkt: die Impfpflicht in Kliniken und Pflegeeinrichtungen. Vize-Landrat Udo Witschas von der CDU tritt vor die Menge: "Wenn Sie mich danach fragen, was das Gesundheitsamt des Landkreises Bautzen machen wird ab dem 16. März, dann werden wir unseren Mitarbeitern im Pflege- und medizinischen Bereich kein Berufs- oder Betretungsverbot erteilen."

Der Rest ging im Jubel unter. Im Nachhinein erklärt Witschas, er habe die Demonstranten beruhigen wollen und nicht die Gesetzeslage infrage gestellt. Trotzdem bereiten solche Aussagen Sozialministerin Petra Köpping Sorgen. Am Dienstag sagte sie vor Medienvertretern: "Es würde uns in Sachsen vieles leichter fallen, wenn wir alle an einem Strang ziehen würden. Da meine ich alle Ebenen, jeden, der Verantwortung trägt."

Schwierigkeiten bei der Regierbarkeit Sachsens

In einem Podcast der "Sächsischen Zeitung" hatte Köpping zunächst die These des Dresdner Politikwissenschaftlers Hans Vorländer bestätigt, Sachsen sei in Teilen unregierbar. Mancher Kommunalpolitiker wolle es jedem recht machen und würde auf extremistische Auswüchse nicht reagieren. Das wollte sie gestern nicht wiederholen: "Natürlich ist Sachsen nicht unregierbar – das ist ganz klar, aber wir haben viele Schwierigkeiten."

Da gibt es zum Beispiel Aussagen wie die eines Freiberger Kommunalpolitikers, die Köpping womöglich meint. Er hatte den Umgang mit Ungeimpften in einen Zusammenhang mit dem Genozid an den Armeniern gebracht und an mehreren nicht genehmigten Corona-Spaziergängen teilgenommen.

Sachsens Innenminister Roland Wöller sagt dazu: "Leider müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass der eine oder andere kommunale Verantwortliche nicht so handelt, wie man sich das vorstellt. Aber ich muss das klar sagen: Gesetze sind einzuhalten. Überall da, wo alle mitziehen, auch die Zivilgesellschaft, funktioniert es wesentlich besser. Aber das könnten mehr sein, keine Frage."

Kritik an Köppings Äußerung

Die Deutsche Polizeigewerkschaft Sachsen stützt die These von der Unregierbarkeit nicht. Man könne nicht beurteilen, was mancher Bürgermeister tue, sagt die Vorsitzende Cathleen Martin. Die Polizei setze die Corona-Maßnahmen aber überall um.

Auch beim Sächsischen Städte- und Gemeindetag reagiert man mit Befremden auf die Äußerungen Köppings. Bert Wendsche, Präsident des Verbands und Oberbürgermeister von Radebeul, sagt: "Die These ist aus meiner Sicht nicht nur falsch, sondern auch eine riesige Enttäuschung, denn damit macht nicht zuletzt ein Mitglied unserer sächsischen Staatsregierung deutlich, dass es den Mut und die Kraft verloren hat, Sachsen gut aus der Pandemie herauszuführen." Die Kommunen würden die Gesetze befolgen und gegen Extremismus eintreten, so Wendsche. Er hätte sich einende Worte statt Schuldzuweisungen gewünscht.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 02. Februar 2022 | 06:00 Uhr

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