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BildungspolitikUnterrichtsausfall bleibt Problem in Sachsen

08. Juni 2018, 09:34 Uhr

Wenn mal Unterricht ausfällt, freuen sich meistens die Schüler. Doch finden einzelne Fächer gar nicht oder nur sporadisch statt, wird es problematisch. Denn die Inhalte müssen die Schüler spätestens bei Klausuren trotzdem intus haben. Wegen des Lehrermangels sind im 1. Schulhalbjahr 2017/2018 von allen geplanten Unterrichtsstunden knapp fünf Prozent ausgefallen. Lehrervertreter rechnen damit, dass das so weitergeht.

Der Unterrichtsausfall an Sachsens Schulen wird nach Einschätzung von Lehrervertretern im nächsten Schuljahr 2018/2019 weiter zunehmen. "Der Personalengpass wird dramatisch bleiben", befürchtet Ursula Kruse von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft Sachsen. Auch Michael Jung vom sächsischen Lehrerverband blickt voller Sorge auf den August 2018. "Ich glaube nicht, dass wir die offenen Stellen mit grundständig ausgebildeten Lehrern vollbekommen", sagte er MDR SACHSEN. Im Februar 2018 hätten 40 bis 50 Lehrerstellen in Sachsen nicht besetzt werden können. Mit dieser Zahl rechnet Jung auch fürs kommende Schuljahr.

Kultus: Ausfallquoten bei weitem nicht zufriedenstellend

Über Zahlen will das Kultusministerium nicht spekulieren. Aber: "Wir erwarten erst in den nächsten zwei bis drei Jahren Entspannung", sagte der Sprecher des Kultusministeriums, Dirk Reelfs, auf Nachfrage von MDR SACHSEN. Im ersten Halbjahr des laufenden Schuljahres sind demnach von allen vorgesehenen Unterrichtsstunden im Schnitt 4,9 Prozent ausgefallen. Neuere Zahlen liegen erst in den Sommerferien vor. "Ja, der Ausfall hat zugenommen", so Reelfs. Diese Entwicklung "ist bei weitem nicht zufriedenstellend". Und weiter: "Wir werden im neuen Schuljahr noch weniger Lehrer haben, die den Unterrichtsausfall kompensieren können."

Zum neuen Schuljahr sucht Sachsen etwa 1.000 grundständig ausgebildete Lehrer. Reelfs schätzt, dass es "sehr, sehr schwierig wird, alle offenen Lehrerstellen zu besetzen". Ab August werden seinen Angaben zufolge etwa 350 Quereinsteiger regulär in den Schulen starten. Ursprünglich hatte Sachsen 400 Stellen dafür ausgeschrieben, aber nicht für alle Stellen hätten sich Seiteneinsteiger gefunden. Unklar sei derzeit auch, wie viele Lehrer tatsächlich in Rente gehen. Diese Zahlen sollen auch bis zum Schulanfang vorliegen.

Unterrichtsausfall im Vergleich
Schulart1. Schulhalbjahr 2017/20181. Schulhalbjahr 2016/2017
Förderschule8,4 %7,6 %
Berufsschulen6,0 %5,8 %
Oberschulen5,3 %4,9 %
Schulen des 2. Bildungsweges4,7 %4,7 %
Gymnasien3,8 %4,0%
Grundschulen3,6 %3,2 %

Lehrerverband: Einzelne Stunden oder ganze Fächer fallen aus

Leidtragende des Unterrichtsausfalls sind die Schüler. So wie im Fall der Annen-Oberschule in Chemnitz. Dort fand für eine 7. Klasse fünf Monate lang gar kein Physikunterricht statt. Eltern hatten ihrem Ärger darüber öffentlich Luft gemacht. "Das ist beileibe kein Einzelfall. So etwas wird häufiger bekannt werden, weil die Eltern nicht mehr alles hinnehmen", erklärte Lehrervertreter Michael Jung. An anderen Schulen würden Unterrichtsstunden verkürzt oder es fallen in Fächern wie Ethik oder Sport einzelne Stunden in der Woche aus.

Lehrer aufs Land locken

Weil vor allem in Schulen in ländlichen Regionen Lehrer fehlen, will das Kultusministerium für Ostsachsen neue Wege gehen und über die Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldete Lehrer in westlichen Bundesländern ansprechen. Im Juni informieren Jobberater Lehrer in Baden-Württemberg über Verdienst- und Arbeitsmöglichkeiten in Sachsen.

Lehrerproteste am 12. JuniDie sächsischen Lehrerorganisationen GEW und Lehrerverband planen für den 12. Juni 2018 ab 17 Uhr eine Kundgebung auf dem Carolaplatz Dresden. Dort wollen sie sich für deutlich bessere Einkommen aller tarifbeschäftigten Lehrer einsetzen und für spürbare Arbeitsentlastungen. Nach Angaben der Interessenvertreter sehen sich erfahrene Lehrer gegenüber künftig verbeamteten jüngeren Kollegen benachteiligt und verlangen Maßnahmen zur Anerkennung ihrer jahrelangen Arbeit.

Quelle: MDR/kk/dpa

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSENMDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 06.06.2018 | ab 21:00 Uhr in den Nachrichten