Sechs Wahlplakate von CDU, AfD und Linkspartei und ein Werbeplakat umhüllen einen Laternenmast am Stadtrand von Döbeln.
Die durchschnittliche Betrachtungsdauer von Wahlplakaten ist zu gering, um Wortspiele tatsächlich verstehen zu können. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Landtagswahlkampf Wortspiele laut Wahlforscher ungeeignet für Wahlplakate

13. August 2024, 07:46 Uhr

Der Wahlforscher Frank Brettschneider sieht wenig Sinn in Wahlplakaten, die nur Kandidatenbilder oder Wortspiele zeigen. Die durchschnittliche Betrachtungsdauer von Wahlplakaten liege nur bei wenigen Sekunden. Das sei nicht genug Zeit, ein Wortspiel zu lesen und zu entschlüsseln. Laut Brettschneider ist ein Wahlplakat deshalb umso wirkungsvoller, je klarer die Botschaft ist.

Jessica Brautzsch
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"Optimistisch" – neben dem unterarmhoch gedruckten Adjektiv blickt Ministerpräsident Michael Kretschmer von Plakaten. Alternativ erscheint der CDU-Kandidat auch neben den Worten  "energisch" oder "kämpferisch". "Weil es um Sachsen geht", erläutert das Kleingedruckte.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gibt Bildung "wieder eine Heimat" – und Sahra Wagenknechts Gesicht viel Fläche, obwohl die Politikerin in Sachsen gar nicht zur Wahl steht.

Und SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping ist "die Richtige für Sachsen".

Wahlplakate LTW 2024 4 min
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Wahlplakate sollen aufdringlich sein

Wirklich aussagekräftig finden diese Leipziger Passanten die meisten Wahlplakate aber nicht. "In der Regel sprechen sie mich nicht besonders an", sagt einer der Befragten und betont: "Für mich ist es auch schwierig, viel Inhalt auf so einem Plakat wiederzugeben." Eine weitere Befragte sagt: "Ich finde, die Wahlplakate sind sehr aussagelos. Vor allem die von den rechten Parteien." Eine dritte Person findet die Wahlplakate "teilweise auffällig, penetrant würde ich sagen. Dort hinten zum Beispiel, da sind drei übereinander an einem relativ kleinem Mast. Das finde ich schon aufdringlich."

Aufdringlich sollen sie ja auch sein, erklärt Evelyn Kästner, Professorin für Medienmanagement an der Hochschule Macromedia in Leipzig. "Das Spannende an Plakatwerbung vor Wahlen ist, dass man sich dieser Werbung überhaupt nicht entziehen kann. Also in dem Moment, wo man das Haus verlässt, wird man mit dieser Werbung konfrontiert. Und zwar wirklich wiederholt, also von Laternenmast zu Laternenmast immer wieder die gleichen Plakate, die gleichen Botschaften, die gleichen Gesichter."

Damit wolle man schließlich einen ganz starken Effekt erzielen und Menschen für sich gewinnen.

Wähler treffen ihre Entscheidung nicht wegen eines Plakats

Das heißt allerdings nicht, dass ein Wahlplakat gleich einer Partei die nötigen Stimmen sichert, erklärt Wahlforscher Professor Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim. "Kein Mensch steht vor einem Wahlplakat, liest sich den Slogan durch und sagt: 'Das ist ja super, jetzt wähle ich die Partei.' Diese Funktionen haben sie nicht."

Stattdessen transportieren die Plakate die Themen, für die die jeweiligen Parteien stehen. Etwa Umweltschutz bei den Grünen oder Wirtschaft bei der FDP.

Doch oft genug zeigen sie derzeit auch nur Bilder der Kandidaten mit Parteilogo. Ein Fehler, findet Kommunikationswissenschaftler Brettschneider – genauso wie Wortspiele. Etwa "Klimawandel für Sachsen – Politik ohne heiße Luft".

Keine Zeit für Wortspiele

So erklärt Brettschneider: "In der Regel toben sich da Kreativagenturen aus, die meinen, ein Wortspiel sei jetzt besonders intelligent." Für Wahlplakate seien die aber weitgehend ungeeignet, denn die durchschnittliche Betrachtungsdauer für so ein Plakat liege gerade mal bei drei bis vier Sekunden. "Da haben sie nicht viel Zeit, zu lesen und schon gar nicht zu entschlüsseln." Das muss schnell gehen. Brettschneider findet deshalb: Je klarer die Botschaft, desto besser das Plakat.

Botschaften, die der ein oder andere Sachse vielleicht vermisst. Und deren Mangel bei einem Touristen aus München für Verwunderung sorgt: "Die Wahlplakate sind schon ziemlich anders, muss ich sagen. Ich fand jetzt auch alle gar nicht so ansprechend. Da ist mir zu wenig Info gegeben. Deswegen war ich auch immer ein bisschen mehr verwirrt von diesen Plakaten."

Die gute Nachricht für alle Parteien ist dabei: Mit Plakaten allein werden keine Wahlsiege gemacht. Lust auf Politik allerdings auch nicht unbedingt.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. August 2024 | 06:12 Uhr

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