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UnternehmensumfrageFachkräftemangel plagt sächsische Wirtschaft weiterhin

26. Januar 2022, 13:13 Uhr

Industrie, Handwerk und die Dienstleistungsbranche beklagen anhaltenden Fachkräftemangel. Das geht zu Lasten der Belegschaft, die Überstunden schrubben muss, und der Kunden, die länger warten müssen. Eine Umfrage von Handwerks- und Industrie- und Handelskammern ergab, dass viele Unternehmer Defizite bei poienziellen Mitarbeitern sehen. Von mangelnder Motivation und abweichenden Gehaltsvorstellungen ist die Rede. Zudem fordern sie vereinfachte Zuwanderungsmöglichkeiten für Fachkräfte.

Die sächsische Wirtschaft beklagt einen zunehmenden Fachkräftemangel. Noch nie habe es im Freistaat so viele unbesetzte Stellen gegeben wie derzeit, hat eine aktuelle gemeinsame Umfrage der sächsischen Industrie- und Handelskammern und der Handwerkskammer ergeben. Am seit 2001 regelmäßig durchgeführten Fachkräftemonitoring hätten sich aktuell 1.161 Unternehmen beteiligt, die zusammen rund 60.000 Menschen beschäftigen, so die Kammern. 60 Prozent der Firmen haben demnach aktuell offene Stellen gemeldet.

Unternehmen mit offenen Stellen nach Branchen

  • Industrie: 72 Prozent der Unternehmen haben offene Stellen
  • Bau: 65 Prozent der Unternehmen haben offene Stellen
  • Handel: 51 Prozent der Unternehmen haben offene Stellen
  • Dienstleistungen: 56 Prozent der Unternehmen haben offene Stellen
  • Handwerk: 57 Prozent der Unternehmen haben offene Stellen

Facharbeiter und Gesellen seien die mit Abstand meist gesuchten Arbeitskräfte. Auffällig dabei, dass gut jede zweite freie Stelle langfristig - das heißt mehr als sechs Monate - unbesetzt bleibt. Betroffen seien alle Betriebsgrößen und alle Branchen, besonders aber kleine Betriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern und das Handwerk.

Fachkräftemangel führt zu Mehrbelastung der Belegschaft

Die Auswirkungen des Fachkräftemangels sind vielfältig. So gaben 72 Prozent der Unternehmen an, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig Überstunden leisten müssten und 35 Prozent verzeichneten einen höheren Krankenstand in der Belegschaft. 58 Prozent mussten schon Aufträge und Projekt ablehnen, 36 Prozent räumten verspätete Fertigstellungstermine ein.

Daran scheitern Neueinstellungen nach Ansicht der Arbeitgeber (Auswahl)
GrundProzentsatz
Keine Bewerbung auf ausgeschriebene Stelle79 Prozent
Unterschiedliche Lohn- und Gehaltsvorstellungen44 Prozent
Mangelnde Motivation/Arbeitsbereitschaft44 Prozent
Fehlende Berufserfahrung29 Prozent
Ungenügende zeitliche Flexibilität der Bewerber27 Prozent

Die Rekrutierung ausländischer Mitarbeiter scheitere zumeist an Sprachbarrieren, bürokratischem Aufwand, Unsicherheit über das tatsächliche Qualifikationsniveau der Bewerber, kulturellen Unterschieden und unklarem Aufenthaltsstatus.

Sprachprobleme verhindern oft die Integration dringend benötigter Fachkräfte in den Arbeitsmarkt. Bildrechte: imago/Olaf Döring

Unternehmen ermöglichen Homeoffice über gesetzliche Vorschriften hinaus

Die Umfrage ergab, dass mehr als jedes zweite Unternehmen - wo dies überhaupt möglich ist - den Mitarbeitenden auch außerhalb gesetzlicher Verpflichtungen in Pandemiezeiten Homeoffice und mobiles Arbeiten anbietet. Die Kammervertreter verwiesen aber darauf, dass dies etwa im Handwerk oder Fabriken grundsätzlich nicht möglich sei.

Keine Lösungsvorschläge gegen Niederlohnregionen

Äußerst schmallippig reagierten die Kammervertreter auf die Frage eines Wirtschaftsjournalisten, wie junge Menschen sich beruflich nach Sachsen orientieren sollen, wenn beispielsweise im Erzgebirge die niedrigsten Löhne im Bundesvergleich gezahlt werden. Die IHK verwies hier auf die Konkurrenz des Arbeitsmarktes im angrenzenden Tschechien. Die Handwerkskammer gehe davon aus, dass "Sozialleistungen um den Lohn herum" Jobs attraktiver machen können.

Lösungsansätze der Wirtschaft eher übersichtlich

Zur Bewältigung des Dilemmas haben die Kammervertreter Forderungen an die Politik, appellieren aber auch an die Unternehmer: Um Stellenbesetzungsproblemen zu begegnen, sei "eine verstärkte Automatisierung und Rationalisierung unerlässlich". Bis aber mehr Roboter Mitarbeiter ersetzen, schlagen die Unternehmervertreter vor, die Berufsausbildung stärker ins öffentliche Interesse zu rücken und Anreize für lebenslanges Lernen - also Qualifikationen der Mitarbeitenden - zu schaffen. Von der Politik erwartet die sächsische Wirtschaft, dass Zuwanderung erleichtert werde.

Und der eigenen Zunft schreiben sie ins Stammbuch, mehr für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu tun. Schlagworte sind hierbei etwa "Flexibiliesierung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes", wo dies möglich ist.

MDR (lam)

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 26. Januar 2022 | 19:00 Uhr

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