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GrundversorgungAbwasserpreise: So groß sind die Unterschiede in Sachsen

23. März 2023, 09:46 Uhr

Preise für Abwasser und Trinkwasser schwanken in Sachsen zwischen teuer bis relativ günstig. Bereits zwischen zwei Ortschaften können die Gebühren für Schmutzwasser diametral verlaufen. Das ist typisch für die essentielle Infrastruktur, denn viele Faktoren wie Pumphöhen oder Einwohnerzahl bestimmen am Ende, was jeder Haushalt zahlen muss. Kritik gibt es dennoch an intransparenten Preisstrukturen.

Die Gemeinde Oybin und die Stadt Zittau trennen eigentlich nur rund 10 Kilometer, beide gehören zum Landkreis Görlitz. Trotz der lokalen Verbundenheit könnten die Wasserpreise in beiden Orten unterschiedlicher kaum sein. Während in Oybin die Anwohner 4,48 Euro pro Kubikmeter Abwasser zahlen und sachsenweit damit fast die höchsten Gebühren entrichten müssen, können sich die Zittauer mit 1,40 Euro pro Kubikmeter über einen günstigen Deal freuen.

Cavertitz in Nordsachsen mit höchster Abwassergebühr

Das ist bei weitem kein Einzelfall. Zwar zahlen laut dem Statistischen Landesamt sächsische Haushalte im Durchschnitt 4,23 Euro für einen Kubikmeter Wasser, regional können die Preise aber teils extrem schwanken. Cavertitz im Landkreis Nordsachsen steht mit einem Kubikmeterpreis von 5,85 Euro plus einer monatlichen Gebühr von 10 Euro an der traurigen Spitze der sächsischen Schmutzwasserentgelte.

"Das hängt damit zusammen, dass sich die Gemeinde in den 1990er-Jahren eigentlich einem Abwasserverband anschließen wollte. Ein solcher Verband kam aber nicht zustande", erklärt Bürgermeisterin Christiane Gürth. Die Gemeinderäte der 2.240-Einwohner Gemeinde entschieden dann, auf eigene Faust einen Abwasserzweckverband zu gründen. Dieser umfasst heute drei Kläranlagen in Bucha und den Ortsteilen Sörnewitz sowie Schirmenitz.

Geringe Einwohnerzahl mit drei Anlagen treibt Preise in die Höhe

Als kleine Solidargemeinschaft beteiligen sich alle Anwohner und Anwohnerinnen an den Kosten für den Betrieb der Anlagen. Da die Gemeinde aber schrumpft und hier keine großen Unternehmen Zuhause sind, bedeutet ein geringer Verbrauch hohe Ausgaben, sagt Gürth. "Die Kosten fallen natürlich trotzdem an. Der Strom läuft, der Anlagenfahrer muss kommen, technische Kontrollen sind nötig. Der Schlamm muss abgefahren werden. Und je sparsamer man bedauerlicherweise ist, desto teurer wird der Kubikmeterpreis."

Von Vorteil sei das Flüchtlingsheim als großer Verbraucher in der Nähe. Ohne das umfunktionierte Hotel wären die Preise wohl noch höher, meint die Bürgermeisterin. Aktuell schaue man, ob die Gemeinde Teil eines größeren Abwasserzweckverbandes werden könne. Das sei aber aufgrund vieler Ungewissheiten wie nötige Sanierungen "russisch Roulette" für übernahmewillige Kommunen. Dieses Jahr steht eine Gebührenkalkulation an, wo weitere Preissteigerungen die Folge sein könnten.

Großschönau mit Spitzenniedrigpreis

Ganz anders sieht es in Großschönau im Landkreis Görlitz aus. Die 5.000-Einwohner Gemeinde verlangt eine Abwassergebühr von gerade mal 0,90 Euro pro Kubikmeter. Wie Bürgermeister Frank Peuker erläutert, kann sich Großschönau die Billigpreise vor allem aus zwei Gründen leisten:

"Auf der einen Seiten haben wir zwei Textilunternehmen, die sehr hohe Abwassermengen produzieren und fast 50 Prozent des Gesamtverbrauchs ausmachen", sagt Peuker. "Und dann haben wir versucht, im Zuge neuer Investitionen in das Kanalsystem sehr sparsam und sehr wirtschaftlich zu bauen."

Offenbar war das Vorhaben erfolgreich. Die Stadtverwaltung von Zittau erklärt ihre niedrigen Gebühren im Zuge einer Stadtratssitzung wiederum damit, dass die 2010 neu errichtete Kläranlage nur über niedrige Instandhaltungskosten verfüge. Wie genau sich die Wasserpreise am Ende zusammensetzen, ist aber häufig ein multikausaler Prozess.

Viele Faktoren bestimmen Wasserpreis

So nennt die Interessensgemeinschaft Haus und Grund, die regelmäßig ein Ranking der Abwassergebühren der 100 größten deutschen Städte veröffentlicht, einerseits das Alter des Kanalnetzes und damit verbunden mögliche Sanierungspflichten. Auch sei entscheidend, ob die Pumpen bestimmte Höhen überwinden müssen oder Schutzmaßnahmen im Falle eines Hochwassers integriert sind.

Die Bevölkerungsdichte müsse ebenfalls beachtet werden. Städte mit großer Fläche und relativ wenigen Einwohnern brauchen größere Kanalnetze als kompakte Siedlungsgebiete. Zudem können Kommunen ihre Kosten nicht nur über Kubikmeterpreise decken, sondern auch über Grundwassergebühren.

Zwischen Abwasser- und Trinkwassergebühren besteht ebenfalls ein großer Unterschied. Der Aufwand, um Schmutzwasser dem Wasserkreislauf wieder zuzuführen, ist weitaus höher als im Vergleich dazu, Grundwasser für den menschlichen Bedarf zu behandeln. Abwasser muss beispielsweise chemisch bearbeitet und gefiltert werden.   

Interessensgemeinschaft fordert mehr Transparenz

2020 landeten Leipzig und Dresden im Abwasserranking der Interessensgemeinschaft Haus und Grund mit den Plätzen 35 und 39 im oberen Mittelfeld. Eine vierköpfige Familie hat hier auf der Jahresabrechnung einen Betrag von rund 490 Euro zu stehen. Chemnitz und Zwickau sind wiederum mit 654 Euro beziehungsweise 689 Euro auf den hinteren Plätzen gelandet.   

Die Interessensgemeinschaft sah damals noch viel Verbesserungspotential. Viele Gebührenordnungen seien "uneinheitlich, intransparent und häufig auch mit einer Vielzahl von individuellen Ausnahmeregelungen versehen." So forderte man, die Gründe für die Unterschiede besser zu analysieren und transparent zu kommunizieren. Nur so sei es für die Verbraucher möglich, eine informierte Entscheidung zu treffen.

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MDR (mad)

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 22. März 2023 | 19:30 Uhr

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