Koordinierungsstelle Lagebericht: Keine Rechtsextremismus-Netzwerke bei Sachsens Polizei

17. August 2021, 11:23 Uhr

Nachdem vorige Woche schon Zahlen zu extremistischen Verdachtsfällen bei der Polizei in Sachsen bekannt wurden, hat nun die zuständige Koordinierungsstelle ihren Lagebericht vorgelegt. Darin listet sie 47 Verdachtsfälle seit 2017 auf. In fünf Fällen bestätigten sich die Vorwürfe nicht. Bei den anderen gab es Konsequenzen für die Beamten und Bediensteten.

Die Koordinierungsstelle für Extremismusbekämpfung hat bisher keine Hinweise auf rechte Netzwerke bei Sachsens Polizei festgestellt. Das ist das Ergebnis nach einem Jahr Arbeit dieser Stelle. Aber: "Wir haben Fälle mit extremistischem Bezug", sagte Leiter Axel Meyer. Zwischen Anfang 2017 bis Ende Juni 2021 seien insgesamt 47 Verdachtsfälle geprüft worden, acht davon stammten aus diesem Jahr. Die Hälfte der daraus folgenden 52 dienstrechtlichen Verfahren ist laut Meyer abgeschlossen (Mehrfachnennungen von Personen waren möglich).

Wir haben jetzt ein Lagebild. (...) Wir lassen nicht zu, dass Leute mit extremistischen Ansichten in der Polizei oder anderen Behörden ohne Konsequenzen arbeiten.

Axel Meyer Leiter der Koordinierungsstelle

Druck und Bewusstsein erhöhen - auch in Chefetagen

Mit 47 Verdachtsfällen bei rund 17.000 Bediensteten in Sachsens Polizeibehörden dürften "nicht alle unter Generalverdacht" gestellt werden, sagte Meyer. Im Bundesländervergleich bewege sich Sachsen im Mittelfeld. Es gehe aber darum, den Druck und das Bewusstsein für ein solches Verhalten zu erhöhen, auch bei Vorgesetzten.

Was wurde geprüft und bewertet?

  • Nach Angaben des Innenministeriums betrafen die Prüfungen 47 Bedienstete der Polizei sowie einem Mitarbeitenden beim Verfassungsschutz, also 48 Personen.
  • In 44 Fällen ging es um Rechtsextremismus.
  • In zwei Fällen war Islamismus Thema.
  • Bei einem Beamten wurde im Zusammenhang mit der "Reichsbürger"-Szene ermittelt.
  • In einem Fall ging es um "verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates". Der Beamte war mit rassistischen Facebook-Kommentaren, in Chats oder mit Äußerungen in der Dienstzeit oder Freizeit aufgefallen.
  • Elf der überprüften 48 Personen waren Polizeianwärter - knapp ein Viertel der Verdachtsfälle.

Welche Konsequenzen hatten die Ermittlungen bixsher?

  • Sechs Beamte wurden entlassen.
  • Drei Beamte bekamen eine Geldbuße auferlegt.
  • Drei Betreffende erhielten einen Verweis.
  • In einem Fall wurden die Dienstbezüge gekürzt.
  • In acht Fällen wurden Missbilligungen oder Mahnungen ausgesprochen.
  • Ein befristetes Arbeitsverhältnis wurde beendet.
  • In fünf Fällen hat sich laut Koordinierungsstelle der Verdacht nicht bestätigt.

(Anmerk. d. Red. zu den Zahlen: Von 52 dienstrechtlichen Verfahren ist laut Leiter Meyer die Hälfte abgeschlossen, in den anderen Fällen stehen Ergebnisse noch aus.)

Was ist die Koordinierungsstelle Extremismusbekämpfung - Die Koordinierungsstelle wurde im September 2020 eingerichtet, um extremistische Bestrebungen in den Sicherheitsbehörden Sachsens zu erkennen und zu bekämpfen.
- Jedes halbe Jahr soll die Stelle ein Lagebild vorlegen.
- Erkenntnisse daraus sollen auch in Aus- und Weiterbildungen einfließen und Thema in Schulungen sein.

Direktionen, Bereitschaftspolizei und LKA betroffen

Ende voriger Woche war nach einer Kleinen Anfrage der Linken im Sächsischen Landtag bekannt geworden, dass es 2021 sieben Rechtsextremismus-Verdachtsfälle bei der Polizei 2021 gegeben habe. Die beziehen sich auf insgesamt acht Beamte verschiedener Polizeidirektionen, der Bereitschaftspolizei und des Landeskriminalamts (LKA). Die Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz sagte vorige Woche: "Von 'Einzelfällen' kann längst nicht mehr die Rede sein." Die Linken-Politikerin hatte zum Thema schon mehrere Anfragen gestellt.

Quelle: MDR/kk/dpa

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