Energiekrise Kretschmer fordert Schutzschirm für Stadtwerke

19. Juli 2022, 13:51 Uhr

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will in der Energiekrise auf Atomkraft setzen und weiterhin Gas aus Russland einkaufen. Sein Ziel: stabile Energiepreise. Höhere Kosten für Strom und Wärme sind nicht nur ein Problem für Verbraucherinnen und Verbraucher. Auch Energieversorger und Stadtwerke müssen Strom und Wärme einkaufen - zu deutlich saftigeren Preisen. Sachsens Regierungschef fordert deshalb Unterstützung.

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Der sächsische Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) hat angesichts steigender Energiekosten einen Schutzschirm für Stadtwerke und regionale Energieversorger verlangt. Diese Unternehmen seien für die Daseinsfürsorge und damit für den sozialen Frieden wichtig, sagte Kretschmer am Dienstag. Angesichts der Preisentwicklung bei Gas könnten diese Versorger anfangen zu "wackeln", wie er sagte. "Hier kommen ganz schwierige Zeiten auf uns zu."

Die Bundesregierung dürfe nicht nur die großen Gasimporteure stützen. Der Bund müsse klar festlegen, welche Gaskunden im Fall einer Notlage von Einschränkungen betroffen sind. Zudem gehe es um eine Verlängerung der Insolvenzantragspflicht, um Bürgschaften, Überbrückungshilfen bei Liquiditätsengpässen und ein faires System der Kostenverteilung. Es müsse schnell geklärt werden, wie das geschieht.

Kretschmer hofft auf "Umdenken" bei Atomkraft

Darüber hinaus forderte Kretschmer, weiterhin Gas aus Russland zu beziehen. Außerdem hoffe er, dass die Atomkraftwerke weiter betrieben werden: "zumindest die bestehenden Kraftwerke sollten weiterlaufen", um zehn Millionen Haushalte zu versorgen, so der Politiker. In der Zwischenzeit könnten die Erneuerbaren Energien ausgebaut werden.

Nur mit einer vernünftigen Quantität - also der Menge von Gaslieferungen für die kommenden mindestens fünf Jahre aus Russland und das zu vernünftigen Preisen - werden wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die wirtschaftliche Kraft erhalten können.

Michael Kretschmer Ministerpräsident Sachsen

Kretschmer sprach auch über die Belastungen für Menschen mit kleinen Einkommen. Es gebe Vorhersagen, nach denen in bestimmten Gegenden die Abschläge für Nebenkosten höher werden könnten als die Kaltmiete selbst. "Diesen Leuten müssen wir beistehen."

Grünenpolitiker auf Kontra

Bernhard Herrmann
Grünen-Politiker Bernhard Herrmann sieht die Bundesregierung gut im Plan. Bildrechte: imago images/HärtelPRESS

Der sächsische Grünen-Bundestagsabgeordnete Bernhard Herrmann wischte Kretschmers Forderungen nach einem Schutzschirm vom Tisch: Dieser sei bereits gespannt. "Wir haben in den letzten Monaten eine ganze Reihe von Gesetzen auf den Weg gebracht, die diesen Schutzschirm bieten." Dank des Energiesicherungsgesetzes könne der Bund Bürgschaften übernehmen und eine Verteilung von Mehrkosten beim Gas sei möglich. "Kommunale Stadtwerke sollen nicht in Schieflage geraten, dort setzen wir an." Des Weiteren befand Herrman, dass Kretschmer die "Eigenschaften eines neuen Energiesystems" nicht verstanden habe. Niemand brauche eine abgesicherte Grundlast durch Gas. Würden Energie aus Sonne und Wind nicht reichen, gäbe es in Ergänzung flexiblere Energien, die kurzfristig zu- und wieder abgeschaltet werden könnten. Dabei nannte Herrmann Energien aus Steinkohle sowie Pumpspeicherwerken. Auch helfe die europaweite Vernetzung. Der Gasverbrauch solle "massiv reduziert" werden. Kretschmer lenke mit seinen Forderungen von den Versäumnissen der vergangenen Jahre ab. Sachsen habe wie Bayern die Energiewende verschlafen.

Ost-CDU-Politiker mit Brief an Habeck

In Sachen Energiekrise machen derzeit eine Reihe von ostdeutschen CDU-Politikern mobil. Von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) fordern sie in einem Brief auch künftig russisches Öl für die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt zu nutzen. Das sei trotz des Öl-Embargos der EU gegen Moskau erlaubt, schreiben die wirtschaftspolitischen Sprecher der fünf Landtagsfraktionen in dem am Dienstag veröffentlichten Schreiben. Dieser solle auch die Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke verlängern, Gasfracking in Niedersachsen erlauben und die heimische Braunkohle bis 2038 statt nur bis 2030 verwenden lassen.

Das, was in den vergangenen 30 Jahren nach der Wende mühsam aufgebaut und stabilisiert wurde, wird nicht mehr zu retten sein, wenn die Bundesregierung an ihrer bisherigen politischen Linie ideologisch geprägter Energiepolitik festhält.

Wirtschaftspolitische Sprecher der CDU in Ostdeutschland Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck

Die CDU-Politiker schreiben, Ostdeutschland sei von Teuerung und hohen Energiepreisen besonders betroffen. "Das, was in den vergangenen 30 Jahren nach der Wende mühsam aufgebaut und stabilisiert wurde, wird nicht mehr zu retten sein, wenn die Bundesregierung an ihrer bisherigen politischen Linie ideologisch geprägter Energiepolitik festhält", heißt es in dem Brief.

MDR (dpa/st)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 19. Juli 2022 | 19:30 Uhr

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